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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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übersetzt werden kann; jedenfalls ein Grundsatz, der die Lehre von der legalen »Ketzer«-Hinrichtung vorbereitet, ins kananonische Recht eingeht und dort durch ein Jahrtausend steht.
    Der »tiefreligiöse und weltabgewandte« Papst appellierte jetzt der »Ketzer« wegen an die Bischöfe und Inquisitoren von ganz Frankreich, nicht versäumend mitzuteilen, »wo sie zu finden seien«, und viele wurden daraufhin verbrannt. Nach Neapel schickte »der edle Urban« (Gregorovius), der »milde, rechtschaffene Urban« (Chamberlin), der »Mann von ehrlicher Frömmigkeit« (Tuchman), zusätzlich einen »Spezial-Inquisitor« gegen die Fraticellen. In Viterbo warf man nach seiner Agitation neun »Sektierer« auf die Scheiterhaufen. In Deutschland machte er vier Dominikaner zu seinen Feuerteufeln, Bischöfe und Städte mahnend, »die Inquisitoren tatkräftig zu unterstützen«. Sein besonderer Günstling, der Dominikaner Walter Kerlinger, Hofkaplan, ein Freund des Kaisers, und andere ließen »Hunderte verbrennen« (Grundmann).
    Karl IV., neben Friedrich II. vielleicht eifrigster Förderer der Inquisition, befahl am 9. und 10. Juni 1369 von Lucca aus den deutschen Obrigkeiten bei Strafe der Vermögenskonfiskation, die Begharden und Beguinen als schlimmste Reichsfeinde zu behandeln, als »Ketzer«, Exkommunizierte, Geächtete.
    Unter Zustimmung der Fürsten verlieh er der Inquisition in Deutschland »alle Privilegien, Rechte und Freiheiten, welche sie je durch seine Vorgänger im Reich, dann durch die Könige von Frankreich, Böhmen, England, Sizilien, Spanien, Ungarn, Polen, durch alle Herzöge, Fürsten und Gewalthaber der ganzen Christenheit je erhalten«. Dabei bediente sich der Kaiser der »maßlosesten Ausdrücke, um seine Verehrung für die Inquisition und die Inquisitoren auszusprechen« (Wilmans).
    Mit der Machtsucht florierte die Geldgier ungebrochen fort. Ebenso, selbst gegenüber dem hohen Klerus, die Härte der Eintreibung. Hatte etwa Johann XXII. am 5. Juli 1328 einen Patriarchen, viele Dutzende von Erzbischöfen und Äbten mit dem Bannstrahl getroffen, hatte er sie suspendiert und exkommuniziert, nur weil sie nicht rechtzeitig bezahlt, so erklärten, aus demselben Grund, unter Urban V. allein drei Urkunden der Jahre 1365 bis 1368 nicht weniger als sieben Erzbischöfe, 49 Bischöfe, 123 Äbte und zwei Archimandriten als schwer straffällig, als eidbrüchig und schlossen sie aus der Kirchengemeinschaft aus. 4

Gescheiterte Rückkehr nach Rom und mißglückte Kirchenunion

    Unter dem Wutgeschrei der Kardinäle auf den »bösen Papst«, den »gottlosen Bruder« zog Urban V. als erster der avignonesischen Kirchenhäupter 1367 für drei Jahre nach Italien zurück. Trotz starken Militärschutzes aber konnte er in Rom nicht bleiben. Er floh, wieder von vielem Kriegsvolk eskortiert, nach Viterbo, wo eben seinerzeit der für ihn unersetzliche Kardinal Albornoz starb (S. 53 ff.). Zudem sah sich Urban auch in Viterbo von Unruhen bedroht, ebenso zunächst von den Feindseligkeiten Perugias und der Visconti, welch letztere er zwar durch die ungeheure Summe von 500000 Gulden vorläufig zu befrieden vermochte. Doch bald begann der Krieg mit den Perugia offen gegen ihn beistehenden Visconti von neuem.
    Auch mit Kaiser Karl IV. gerieten die Dinge nicht, wie dies der Papst gewünscht. Schließlich war Karl, »die größte Herrscherfigur des deutschen Spätmittelalters« (Moraw), den Päpsten gewachsen wie keiner seiner Vorgänger seit langem.
    Schon zu Karls Lehrer Clemens VI., dem Promotor seiner Königswahl 1346, hatte sich das Verhältnis abgekühlt. Und wenn dessen Nachfolger Innozenz VI. auch sofort bessere Beziehungen erstrebte und Karl selbst stets als fromm katholisch und Mann der Kurie zu erscheinen wußte, es grundsätzlich auch war, er verlor seinen Vorteil nie aus den Augen.
    So empfing er, das wohl eklatanteste Beispiel aus dem Innozenz-Pontifikat, mit Einverständnis des Papstes 1355 die italienische Königskrone zu Mailand von Erzbischof Roberto Visconti und aus der Hand des Kardinalbischofs Peter von Ostia die Kaiserkrone in Rom, wobei er in vielen Kirchen betete, da das Schweißtuch der Veronika verehrte, dort die Geißelsäule oder das Täuferhaupt, alles so »echt« wie das derart meiste in Rom, wo er auch jeden der Kurie geschworenen Eid noch einmal öffentlich wiederholte, wenn auch vielleicht, wie man einmal meinte, nur zähneknirschend.
    Schon im folgenden Jahr aber setzte der Kaiser nach Beratungen auf den

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