Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
relativ kleinen Kämpfen etwa des Weltklerus von Empoli, der dort im Spätmittelalter nachts eine Siedlung der Augustiner überfällt, plündert, demoliert oder sich 1325 mit Waffengewalt einer von Pistoieser Benediktinern abhängigen Kirche bemächtigt, bis zu langen, langen Auseinandersetzungen um viele Klosterliegenschaften. So wurde das landreiche San Niccolò am Tordino über Jahrhunderte Objekt heftiger Waffen- und Rechtsstreitereien (Fälschung wieder inklusive) zwischen der Abtei Monte Cassino und den Bischöfen von Teramo. So plünderte Erzbischof Guido von Mailand den Besitz des Turiner Klosters S. Constantius, so griff Bischof Helibert von Como S. Ambrogio zu Mailand an.
In der Emilia Romagna sah sich Nonantola, zeitweise eine der größten Abteien Europas, den verschiedensten Attacken ausgesetzt, nicht nur solchen größerer Kommunen, auch den Gewaltstreichen des Bischofs Alberich von Como, der zudem gegen das hochbegüterte Leno in der Lombardei vorging, jahrhundertelang eine der bedeutendsten Abteien des Landes. Noch schlimmer fiel man über Bobbio (Provinz Piacenza) her, eines der traditionsreichsten und reichsten Ordenshäuser überhaupt, dessen Anfänge freilich auch durch zahlreiche Fälschungen verdunkelt sind. Gegen Ende des Frühmittelalters aber verlockte sein über das ganze Land verstreuter Güterstand die Nachbardiözesen zur Bereicherung, und die Bischöfe von Piacenza, Pavia, Tortona zerstörten das Kloster völlig.
Natürlich beteiligten sich auch päpstliche Legaten an der Ausbeutung der Mönche, und dies von Italien, wo etwa Kardinal Giovanni degli Orsini als Legat Johanns XXII. drei Viertel der Einkünfte der Badia, des ältesten, fürstlich reichen, doch jetzt zum zweiten Mal schon ruinierten Klosters von Florenz, für sich behielt, bis hinauf in den Norden, wo in Dänemark Kardinal Fidentius als Gesandter Cölestins III. (VII 16 ff. 39 f.) barbarisch brandschatzte, besonders Klöster plünderte und Äbte suspendierte, die auf ihren Schätzen saßen. 55
Wehe aber, vergriffen sich Laien am Kirchengut!
Es hatte, wie es hieß, eiserne Zähne. Sogar was die Knechte der Kirche besaßen, fiel unter die Steuerfreiheit. Galt doch im 4. Jahrhundert der Klerikerstand schon als »Steueroase« (Vgl. I 235 ff.). Ende des 7. Jahrhunderts verbot auch der englische Staat jeden Eingriff in Kirchenbesitz und befreite den angelsächsischen Klerus von Staatssteuern. Und unter den Merowingern drohten diverse Volksrechte jedem, der Schenkungen an die Kirche anfocht, die Exkommunikation an.
Um dieselbe Zeit befahlen manche Bußbücher (Libri paenitentiales), also die damals aufkommenden Sündenkataloge des westlichen Klerus, daß jeder, der Laien Geld wegnahm, es doppelt, jeder, der es aus Kirchen stahl oder raubte, vierfach zurückgeben müsse. Außerdem wurde der Dieb mit einer siebenjährigen Buße belegt, drei Jahre davon bei Wasser und Brot. Und unter Karl »dem Großen« stand auf Einbruch in eine Kirche nebst Diebstahl unbedingt Todesstrafe. 56
Das kanonische Recht untersagte jede Alienation des Kircheneigentums, nicht nur Entäußerung, Entfremdung, Verschenkung, Tausch, sondern schon jede wesensmäßige Veränderung, »jedes Rechtsgeschäft, das eine dauernde Belastung des Kirchenvermögens zur Folge hatte« (Nylander). Entsprechende Verfehlungen, zumal von Laien, ahndete man mit Kirchenstrafen, auch mit schwersten, wie dem Kirchenbann, der Exkommunikation. Und dies nicht bloß bei Gebietsentfremdungen, bei Zehnt- oder Pachtverweigerungen, sondern schon bei Zinsversäumnissen innerhalb von vierzehn Tagen, wie Urbare, Liegenschaftsverzeichnisse von St. Pantaleon zu Köln, des Stifts Xanten, Befehle der Bischöfe von Münster belegen. Überall wird da mit Exkommunikation gedroht oder sie verhängt, damit, wie es urkundlich heißt, »der Gerechtigkeit gewillfahrt« werde, damit »die Gefährdung ihres Seelenheils kein Ende nähme«.
Exkommunikation kann aber bereits bei Aufsässigkeit erfolgen, bei contumacia (rechtsversmehunge, widerspanigkeit, vorsmechnisse), also bei Trotz, Aufbegehren, Eigensinn – ein weites Feld, das man auch nutzte. Und natürlich wirkte auf einfache Bauerngemüter ein Kirchenausschluß anders als auf Fürsten. Ja, die abgestraften Unfreien mußten davon desto tiefer getroffen und betroffen sein, als der Ausschluß aus der »communio fidelium« (Gemeinschaft der Gläubigen) teilweise sogar das Verkehrsverbot nach sich zog, wodurch der Verfluchte noch zum Ausgestoßenen
Weitere Kostenlose Bücher