Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
Vom Netzwerk:
Eindruck zu vermitteln. Er wird auf jedem Punkt beharren, den er glaubt durchsetzen zu können, und er verfügt über all die Verschlagenheit eines halb zivilisierten Wilden. 3
    Die Franzosen und Italiener waren angewidert von Palmerstons Verhalten (Viktor Emanuel II ., der piemontesische König, beschrieb ihn als »tollwütiges Tier « ). Da die Franzosen nach Frieden strebten, waren sie nicht wie die Briten geneigt, Russland zu bestrafen. Vielmehr benötigten sie ein Rapprochement mit den Russen, um Napoleons Pläne in Italien verwirklichen zu können. Der französische Kaiser, der Sympathien für die Sache der italienischen Vereinigung hegte, glaubte, Savoyen samt Nizza zurückgewinnen zu können – die Franzosen hatten es 1792 erobert, doch es war Piemont 1815 durch den Wiener Kongress zurückgegeben worden – , wenn er den Piemontesern half, den Österreichern Lombardo-Venetien abzuringen und die Habsburger aus dem übrigen Italien zu vertreiben. Da die Franzosen auf die Unterstützung oder die bewaffnete Neutralität Russlands angewiesen waren, um Österreich zu besiegen, widerstrebte es ihnen, Palmerstons Strafmaßnahmen gegen Russland zuzustimmen. Ihre Hauptdifferenz mit den Briten betraf die Grenze Bessarabiens, das Russland der osmanischen Moldau zurückgeben sollte. Palmerston schlug mit Unterstützung Österreichs einen harten Kurs ein und erklärte, Russland dürfe keinen Zugang zur Donau haben (dies war die vorrangige Sorge der Österreicher). Die Russen wollten Kars gegen Bessarabien austauschen, was den Franzosen genehm war. Doch bedrängt durch die Briten und Österreicher, überredete Napoleon den Grafen Orlow in Paris, einen Kompromiss zu akzeptieren. Insgesamt verloren die Russen ungefähr ein Drittel des bessarabischen Gebiets, darunter das Donaudelta, das sie den Türken 1812 abgenommen hatten, aber sie behielten die bulgarischen Gemeinden Bessarabiens und den strategisch wichtigen Gebirgskamm, der von Chotin nach Südosten verlief. Die Briten behaupteten, einen Sieg errungen zu haben, Österreich feierte die Befreiung der Donau, und die Russen empfanden den Verlust des südlichen Bessarabien als nationale Demütigung. Es war das erste Territorium, das die Russen den Türken seit dem 17. Jahrhundert abgetreten hatten. 4
    Hinsichtlich der anderen wichtigen Themen einigten sich die Großmächte weitgehend vor dem Pariser Kongress, wobei sie sich an den Vier Punkten, auf die sich die Alliierten 1854 geeinigt hatten, orientierten. Die Briten hatten versucht, einen fünften Punkt hinzuzufügen, durch den Russland all seine Gebiete im südlichen Kaukasus (Tscherkessien, Georgien, Jerewan und Nachitschewan) verlieren sollte, aber die Russen wandten ein, dass diese Territorien infolge des Vertrags von Adrianopel in ihrem Besitz seien, und die Türken stimmten ihnen zu. Allerdings mussten die Russen Kars aufgeben. Ebenfalls fruchtlos waren ihre Bemühungen, die vollständige Umsetzung des Dritten Punktes – die Entmilitarisierung des Schwarzen Meeres – abzuwenden, indem sie versuchten, Ausnahmen für Nikolajew (am Fluss Bug, zwanzig Kilometer landeinwärts von der Küste) und für das Asowsche Meer zu erwirken.
    Was die beiden Donaufürstentümer betraf – den Hauptgegenstand des Ersten Punktes – , so kam es zu einem lebhaften Austausch von Ideen. Die Briten waren im Großen und Ganzen dafür, die osmanische Kontrolle wiederherzustellen. Die Franzosen stellten sich auf die Seite der rumänischen Liberalen und Nationalisten, welche die Fürstentümer zu einem unabhängigen Staat vereinigen wollten. Die Österreicher lehnten die Gründung eines Nationalstaats an ihrer südöstlichen Grenze rundweg ab, da sie ihrerseits über bedeutende slawische Minderheiten mit eigenen nationalen Ambitionen verfügten. Sie argwöhnten zu Recht, dass die Franzosen für die Rumänen eintraten, um Druck auf die Österreicher auszuüben und diese zur Aufgabe ihrer Interessen in Norditalien zu veranlassen. Die drei Mächte stimmten alle darin überein, das russische Protektorat über die Donaufürstentümer zu beenden und die freie Handelsschifffahrt auf der Donau (den Zweiten Punkt) zu garantieren. Allerdings konnten sie sich nicht darauf einigen, was an die Stelle des Protektorats treten sollte – abgesehen von der kollektiven Garantie der Großmächte, dass die Donaufürstentümer unter der nominellen Oberhoheit des Osmanischen Reiches bleiben sollten, und von vagen Plänen, irgendwann in der Zukunft Wahlen

Weitere Kostenlose Bücher