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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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für die Modernisierung der russischen Flotte notwendige technische Hilfe zu erhalten (er überließ französischen Firmen sämtliche Aufträge, die von russischen Schiffbauern nicht wahrgenommen werden konnten). Unterwegs machte er Station in der Bucht von Villafranca bei Nizza, wo er eine Vereinbarung mit Cavour aushandelte, wonach die Schifffahrtsgesellschaft von Odessa eine Bekohlungsanlage von der Turiner Regierung mietete. Dadurch konnte Russland im Mittelmeer Fuß fassen. ** Napoleon hielt in Paris einen prächtigen Empfang für den Großfürsten ab und führte mit ihm Privatgespräche über die Zukunft Europas. Der französische Kaiser wusste, dass der Großfürst seinen Einfluss in der russischen Außenpolitik geltend machen wollte und panslawistische Ansichten vertrat, die nicht mit denen Gortschakows übereinstimmten. Deshalb ging der Kaiser auf Konstantins politische Ambitionen ein: Er verwies insbesondere auf die Möglichkeit eines italienischen Aufstands gegen die Österreicher und die spätere Vereinigung Italiens unter piemontesischer Führung; außerdem sprach er über die Wahrscheinlichkeit christlicher Erhebungen im Osmanischen Reich – ein Thema, das von großem Interesse für Konstantin war. In beiden Fällen, so Napoleon, komme es Frankreich und Russland entgegen, die Entstehung kleinerer Nationalstaaten zu fördern. 30
    Vom Großfürsten ermutigt, nahm Napoleon direkten Kontakt zum Zaren auf, um sich dessen Unterstützung für einen franko-piemontesischen Krieg gegen die Österreicher in Italien zu sichern. Nachdem Napoleon im September 1857 in Stuttgart mit dem Zaren zusammengekommen war, hatte er nicht mehr den geringsten Zweifel an dessen Beistand und versicherte Cavour im folgenden Juli in Plombières, wo sie Kriegspläne schmiedeten, dass Alexander ihm feierlich versprochen habe, ihr Vorhaben in Italien zu unterstützen: Nach der Niederlage der Österreicher in Lombardo-Venetien werde ein vergrößertes Piemont ein Königreich Norditalien bilden (wie es 1848/49 kurzzeitig bestanden hatte) und sich mit der Toskana, einem reduzierten Papststaat und dem Königreich der beiden Sizilien zu einer italienischen Konföderation zusammenschließen; und Napoleon werde für seinen Einsatz für die italienische Sache mit der Rückgabe von Nizza und Savoyen an Frankreich belohnt werden. Cavour hatte seine Hoffnungen für Italien auf die frankobritische Allianz gesetzt. Ebendeshalb hatte er seine sardinischen Soldaten in den Krimkrieg geschickt. Auf dem Pariser Kongress hatte er sich durch seinen Einfluss hinter den Kulissen bei den Briten und Franzosen beliebt gemacht, und wenngleich er nichts Greifbares, keine feste Zusage für die Unterstützung seines italienischen Projekts, erhalten hatte, meinte er weiterhin, dass die westlichen Staaten seine einzige Hoffnung seien. Da Cavour kaum glauben konnte, dass ein russischer Zar einer nationalen Revolution seinen Segen geben würde, eilte er zu dem nahegelegenen Kurort Baden-Baden, wo sich die »heruntergekommenen Könige und Prinzen « von Europa versammelten, um sich mit der Großfürstin Jelena Pawlowna (Alexanders einflussreicher liberaler Tante) zu beratschlagen. Diese bestätigte, dass Cavour sich auf Russland verlassen könne. »Die Großfürstin teilte mir mit « , schrieb er an General Marmora, »dass, wenn Frankreich sich mit uns vereinigt, die öffentliche Meinung die russische Regierung zwingen wird mitzuwirken .« 31
    In Wirklichkeit jedoch legte der Zar keinen Wert darauf, in einen Krieg verwickelt zu werden. Als Gegenleistung für die Zusage der Franzosen, ihre Stimme für die Schwarzmeerklausel des Pariser Vertrags zurückzuziehen, versprach Alexander nur bewaffnete Neutralität, das heißt die Mobilisierung einer großen russischen Streitmacht an der Grenze mit Galizien, um die Österreicher an der Entsendung von Soldaten nach Italien zu hindern. Wien hatte während des Krimkriegs seine bewaffnete Neutralität zugunsten der Alliierten erklärt, und Alexanders Entscheidung, die gleiche Taktik anzuwenden, ließ ihn Rache für den österreichischen Verrat nehmen. Napoleon zögerte seinerseits, sich im Hinblick auf die Schwarzmeerklauseln festzulegen, da er befürchtete, seine Beziehungen zu Großbritannien zu gefährden. Folglich konnte kein offizieller Vertrag mit den Russen geschlossen werden. Immerhin gab es ein im März 1859 unterzeichnetes Gentlemen’s Agreement zwischen den beiden Kaisern, wonach die Russen im Falle eines

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