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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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verbreitete Unzufriedenheit zum Ausdruck brachte, nicht nur Tolstoi zuschreiben. Es entstand in einer Gruppe von Artillerieoffizieren, darunter Tolstoi, die sich fast täglich in der Wohnung ihres Kommandeurs am Klavier versammelten, um zu trinken und sich Lieder auszudenken. Da Tolstoi zweifellos eine führende Rolle beim Verfassen der Zeilen spielte, wurde ihm die Hauptschuld angelastet.
    **** Nach den Bedingungen der Befreiung mussten die Bauern Auslösegebühren für die ihnen übertragenen Grundstücke zahlen. Diese Gelder, berechnet von den adelseigenen Landausschüssen, sollten über einen Zeitraum von 49 Jahren an den Staat erstattet werden, der den Landadel 1861 entschädigte. Im Grunde erkauften die Leibeigenen also ihre Freiheit, indem sie die Schulden ihrer Besitzer abzahlten. Allerdings wurde es immer schwieriger, die Auslösegelder einzuziehen, nicht zuletzt weil die Bauern sie von Anfang an als ungerecht betrachteten. Sie wurden im Jahr 1905 endgültig abgeschafft.
    ***** Insgesamt wurde vielleicht die Hälfte des Ackerlandes im europäischen Russland vom Landadel an die Bauerngemeinden übertragen, wobei der genaue Anteil weitgehend vom Willen des Gutsbesitzers abhing.
    ****** Schamil wurde zu einem Gespräch mit dem Zaren nach St. Petersburg geschickt. Dort behandelten die Russen ihn als Berühmtheit, denn sie waren jahrelang durch Geschichten über seinen Mut und seine Kühnheit unterhalten worden. Schamil wurde nach Kaluga verbannt, wo er unter der Kälte litt. 1868 verlegte man ihn in das wärmere Klima von Kiew, wo er ein Herrenhaus und eine Pension erhielt und von den Behörden nur locker beaufsichtigt wurde. 1869 durfte er eine Pilgerreise nach Mekka unter der Bedingung antreten, dass er seine ältesten Söhne als Geiseln in Russland zurückließ. Nach der Pilgerfahrt nach Mekka starb er 1871 in Medina. Zwei seiner Söhne wurden Offiziere in der russischen Armee, doch zwei weitere kämpften 1877/78 auf türkischer Seite gegen die Russen.
    ******* Eine Anspielung auf Jermak Timofejewitsch, den Kosakenführer und Volkshelden des 16. Jahrhunderts, der die Erforschung und militärische Eroberung Sibiriens einleitete.
    ******** Darunter auch die Gestalt des Wronski am Ende von Tolstois Roman Anna Karenina .

Epilog:
    Der Krimkrieg in Mythos und Überlieferung
    Das Ende des Krimkriegs wurde in Großbritannien mit eher bescheidenen Festlichkeiten begangen. Es herrschte allgemeine Enttäuschung darüber, dass der Frieden gekommen war, bevor die Soldaten einen bedeutenden Sieg, vergleichbar mit dem der Franzosen bei Sewastopol, errungen hatten, und auch darüber, dass man keinen umfassenderen Krieg gegen Russland hatte führen können. Mit diesem Gefühl des Scheiterns mischten sich Empörung und nationale Beschämung über die groben Fehler der Regierung und der Militärbehörden. »Ich gebe zu, dass der Frieden mein Blut in Wallung bringt « , schrieb Königin Viktoria am 11. März in ihrem Tagebuch, »und das Gleiche gilt für die ganze Nation .« Man hielt keine große Siegesparade in London ab, keine offizielle Begrüßungszeremonie für die Soldaten, die laut der Königin »sehr sonnenverbrannt « wirkten. Sie schaute zu, als mehrere Schiffsladungen Heimkehrer am 13. März von Bord gingen, und dachte, sie seien »das Inbild wirklicher Kämpfer, gute, große, starke Männer, manche von auffällig gutem Aussehen – alle mit solch einer stolzen, edlen soldatischen Haltung … Sie hatten ausnahmslos lange Bärte, waren schwer mit großen Rucksäcken, ihre Mäntel und Decken oben darauf, mit Kochgeschirr und vollen Kampftaschen und ihren Musketen beladen .« 1
    Wenngleich die fröhlichen Feiern ausblieben, so gab es doch bald genug Denkmäler – buchstäblich Hunderte von Gedenkplaketten und Monumenten, die hauptsächlich durch Gruppen von Privatpersonen finanziert und überall im Land für vermisste und gefallene Soldaten auf Kirchenfriedhöfen, in Regimentskasernen, in Krankenhäusern und Schulen, in Rathäusern und Museen, auf Stadtplätzen und Dorfangern errichtet wurden. Von den 98 000 britischen Soldaten und Matrosen, die zur Krim geschickt wurden, kehrte mehr als einer von fünf nicht zurück: 20 813 Mann starben während des Feldzugs, 80 Prozent davon an einer Krankheit oder Seuche. 2
    Im Einklang mit diesem öffentlichen Gefühl des Verlustes und der Bewunderung für die leidenden Soldaten gab die Regierung ein Gardedenkmal (Guard’s Memorial) für die Helden des Krimkriegs in Auftrag. John

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