Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)
zugestimmt).
Nachdem die nationalen Bestrebungen Polens durch Napoleons Niederlage gescheitert waren, fand sich Czartoryski im Exil in Europa wieder, doch er kehrte rechtzeitig zum Novemberaufstand nach Polen zurück. Er schloss sich dem revolutionären Exekutivausschuss an, wurde zum Vorsitzenden der provisorischen Regierung gewählt und berief das nationale Parlament ein. Nach der Unterdrückung der Rebellion floh er nach London, wo er zusammen mit anderen polnischen Emigranten den Kampf gegen Russland fortsetzte. Czartoryski versuchte, die britische Regierung zur Intervention in Polen und, wenn nötig, zu einem europäischen Krieg gegen Russland zu überreden. Er versicherte Palmerston, dass ein unvermeidlicher Kampf zwischen dem liberalen Westen und dem despotischen Osten bevorstehe. Ihm pflichteten mehrere einflussreiche Liberale und Russlandfeinde bei, darunter George de Lacy Evans, Thomas Attwood, Stratford Canning und Robert Cutlar Fergusson, die alle im Unterhaus nach einem Krieg gegen Russland riefen. Palmerston hatte Verständnis für die polnische Sache und verurteilte die Aktionen des Zaren, doch angesichts der Situation der Österreicher und Preußen, denen ebenfalls Teile von Polen gehörten und die sich deshalb schwerlich gegen Russland wenden würden, hielt er es nicht für »klug, dem von England bezogenen Standpunkt durch Waffengewalt Nachdruck zu verleihen« und »die Einbeziehung Europas in einen allgemeinen Krieg« zu riskieren. Die Berufung des Russlandgegners Stratford Canning zum Botschafter in St. Petersburg (die Ernennung, die der Zar ablehnte) war wohl die extremste Maßnahme, zu der die britische Regierung bereit war, um ihre Missbilligung des russischen Vorgehens in Polen zu demonstrieren. Enttäuscht über die Untätigkeit der Briten, reiste Czartoryski im Herbst 1832 nach Paris ab. »Sie kümmern sich jetzt nicht mehr um uns«, schrieb er. »Sie achten auf ihre eigenen Interessen und werden nichts für uns tun.« 23
Czartoryski ließ sich im Hôtel Lambert nieder, dem Zentrum der polnischen Emigration in Paris und gewissermaßen dem inoffiziellen Sitz der polnischen Exilregierung. Die Gruppe im Hôtel Lambert hielt die konstitutionellen Überzeugungen und die Kultur der Emigranten am Leben, die sich dort versammelt hatten, unter ihnen der Dichter Adam Mickiewicz und der Komponist Frédéric Chopin. Czartoryski pflegte weiterhin enge Beziehungen zu britischen Diplomaten und Politikern, die sich für einen Krieg gegen Russland einsetzten. Er schloss vor allem mit Stratford Canning eine feste Freundschaft und dürfte dessen wachsende Russophobie in den dreißiger und vierziger Jahren beeinflusst haben. Czartoryskis Hauptvertreter in London, Władisław Zamoyski, ein ehemaliger Adjutant des Großfürsten Konstantin und ein wichtiger Akteur während des polnischen Aufstands, hatte gute Verbindungen zu Ponsonby und dem Urquhart-Lager (er half sogar, das Vixen -Abenteuer zu finanzieren). Ohne Zweifel wirkte Czartoryski durch Stratford Canning und Zamoyski stark auf Palmerstons Vorstellungen während der dreißiger und vierziger Jahre ein, in denen der künftige britische Anführer des Krimkriegs allmählich den Gedanken eines europäischen Bündnisses gegen Russland akzeptierte. Außerdem dürfte Czartoryski enge Beziehungen zu den liberalen Köpfen der Juli-Monarchie in Frankreich gepflegt haben, vor allem zu Adolphe Thiers, dem Ministerpräsidenten von 1836 bis 1839, und zu François Guizot, dem Außenminister der frühen vierziger Jahre und – von 1847 bis 1848 – letzten Ministerpräsidenten der Juli-Monarchie. Die beiden französischen Staatsmänner wussten den polnischen Emigranten als freundschaftliche Kontaktperson zur britischen Regierung und zur öffentlichen Meinung in England zu schätzen, die Frankreich damals kühl gegenüberstanden. Durch seine Bemühungen in London und Paris sollte Czartoryski erheblich zum Zustandekommen der anglofranzösischen Allianz beitragen, die 1854 gegen Russland in den Krieg zog.
Czartoryski und die polnischen Exilanten der Hôtel-Lambert-Gruppe spielten außerdem eine bedeutende Rolle für den Aufstieg der französischen Russlandgegner, die in den beiden Jahrzehnten vor dem Krimkrieg an Stärke gewannen. Bis 1830 waren die französischen Ansichten über Russland relativ gemäßigt. Viele Franzosen waren unter Napoleon nach Russland gezogen und mit positiven Eindrücken von dessen Volkscharakter zurückgekehrt, weshalb die Schriften von
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