Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
sie von beiden Flanken her attackieren. Sollte sie sich lieber ein Stück weit zurückziehen?
»Hier Späher eins.«
»Ja«, flüsterte Kris. Späher eins war direkt vor ihr und der feindlichen Stellung am nächsten.
»Zwei eng befreundete böse Buben nähern sich mir. Genauer gesagt, ein böser Bube und ein böses Mädchen.«
»Auf den Boden mit Ihnen«, sagte Kris, vermutlich unnötigerweise.
»Genau das hat er gerade mit ihr gemacht.«
Kris gab allen das Signal, sich zu ducken, und ging dann selbst hinter einem viel zu dünnen Baumstamm in Deckung. Sie prüfte das Spionauge, entdeckte erst ihren Späher, dann zwei weitere schnell schlagende Herzen und richtete ihre Zielerfassung in diese Richtung aus. Japp, da war das Paar. Das war das Problem mit Obstbäumen. Wenig Unterholz. Auf dieser Höhe kamen dem Blick nur ein paar Baumstämme in die Quere. Und Regen. Viel Regen.
Kris kauerte sich an Ort und Stelle zusammen und versuchte, unsichtbar zu werden. Hinter ihr folgte die Truppe diesem Beispiel, so gut es Kids konnten, die in der Stadt aufgewachsen waren. Kris konzentrierte sich auf das Paar voraus. Sie hatte in einer Frauenzeitschrift über den Anteil von Männern gelesen, die in solchen Augenblicken die Augen offenhielten, verglichen mit denen, die sie schlossen. Sie hatte vergessen, welche Sorte angeblich die besseren Liebhaber waren. Sie hoffte einfach, dass dieser Typ zur Augen-zu-Fraktion gehörte.
Dann legte sich der Wind, und hinter Kris nieste jemand.
Bei all dem Regen und der Kälte waren Erkältungen auf Olympia eine epidemische Erscheinung. Wann immer ein Impfstoff für eine bestimmte Virenvariante fertig war, erzeugte der Planet prompt die nächste. Die Sanis drehten schier durch indem Versuch, immer neue Impfstoffe zu entwickeln. Jeder hier musste ein paar Tage pro Monat mit einer Erkältung leben. Kris hoffte, der Junge vor ihr würde davon ausgehen, dass einer der eigenen Leute geniest hatte.
Der böse Bube verlor tatsächlich das Interesse an seinem Tun, aber sein erster Blick ging in Richtung des Hinterhalts. Das Mädchen sagte etwas. Er verlangte von ihr, den Mund zu halten. Nach wie vor im Sattel, griff er nach seinem Gewehr. Kris entsicherte mit dem Daumen die eigene Waffe, wagte aber nicht, sie zu bewegen. Sie wartete.
Der Mann rief etwas, wälzte sich von dem Mädchen und gab zwei Schüsse in eine Richtung ab, in der Kris keine Truppen hatte. »Ruhig bleiben, Leute«, flüsterte sie ins Netz. »Er schießt auf Gespenster. Bieten wir ihm lieber kein echtes Ziel.«
Das Mädchen stand nicht auf und schien ihn zu ermuntern, dass er zu Ende brachte, was er begonnen hatte. Der Mann war jetzt jedoch auf den Beinen. Die Hose auf den Füßen und das Gewehr erhoben, tat er ein paar kurze Schritte auf Kris zu, während sein Blick durch den Wald schweifte. Als er den Kopf schließlich nicht mehr drehte, blickten er und Kris sich starr gegenseitig an. Sein Gewehr war halb angehoben; jetzt nahm er den Kolben an die Schulter und zielte auf Kris.
Eine Sekunde lang starrten sie sich an, während Kris die eigene Waffe hob. Sie wusste, dass er sie geschlagen hatte, aber sie musste es versuchen.
Dann verschwand sein Kopf, als einer der Späher einen Feuerstoß Pfeile hineinjagte.
Das Mädchen rappelte sich auf die Knie auf, griff mit einer Hand nach der Hose und stopfte sich die andere in den Mund, um nicht laut zu schreien. Sie wirbelte im Kreis und traf dann Anstalten, halb laufend und halb kriechend zur eigenen Stellung zurückzukehren.
Kris schaltete das eigene Gewehr auf Schlafpfeile um und jagteeinen Geschosshagel auf das Mädchen zu. Der Wind pustete die meisten zur Hölle, aber drei prasselten in den nackten Hintern des Mädchens. Sie plumpste in den Schlamm und rutschte an einen Baum heran.
»Flankengruppe, Sie rücken in Wellen mit mir vor. Schützenteam B, bereiten Sie Deckungsfeuer auf mein Kommando aus dieser Baumreihe vor. Schützenteam A, mit mir vorrücken! Jetzt!« Kris lief schon los, als sie das letzte Wort aussprach. Ihr Team war ein bisschen langsamer, aber es war zumindest zu dem Zeitpunkt auf den Beinen, an dem sie sich schon wieder zu Boden warf.
»Feuer einstellen, ihr verdammten Idioten!«, brüllte jemand gegen den Wind an. »Die Lkw sind doch noch gar nicht da. Wer schießt denn?«
»Ich denke, es ist Kars. Er hat sich vor einer Minute mit einer Tussi aus der Linie zurückgezogen!«, rief jemand anderes.
»Na, sag ihm, er soll seinen Hintern wieder
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