Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
hatten; dann wies sie sie an, sich zu setzen. Sie wollte, dass sie es bequem hatten. Außerdem fiel es schwerer auszureißen, wenn man saß.
»Zwischen uns und dem Hafen lauern etwa zweihundert Banditen«, erklärte Kris unverblümt. Auf diese Bekanntgabe wurde leise gepfiffen und bitter geflucht.
»Die gute Nachricht ist, dass nicht alle bewaffnet sind, und die meisten von denen, die es sind, haben kein richtiges Interesse daran, gegen uns anzutreten. Dreißig, vielleicht vierzig von ihnen sind auf einen Kampf erpicht. Die anderen sind nur Teil der hungrigen Menge, die essen möchte. Heute Morgen haben Sie ja schon erlebt, wie hart unsere Gefangenen gekämpft haben, sobald ihre Anführer erst mal gefallen waren.« Damit erreichte Kris, dass mehrere Soldaten nachdenklich nickten. Kris gab ihnen einen kurzen Abriss von der Zusammensetzung der gegnerischen Truppe.
»Die meisten sind also nur hungrige Farmarbeiter, die von den Farmeignern hinausgeworfen wurden, als die Lage schwierig wurde«, fasste Courtney zusammen.
»Die meisten. Nicht alle. Die Typen, die die IDents an außerplanetare Käufer verhökert haben, die Schläger, die für sie die Drecksarbeit machen, diese Leute können nicht zulassen, dass wir uns hier frei bewegen. Wenn wir ihnen zeigen, was wir können, haben sie verloren, und die Zivilisation trägt auf Olympia wieder den Sieg davon.« Kris unterbrach sich, damit ihre Zuhörer das verarbeiten konnten. Dann holte sie tief Luft.
»Ich habe heute Morgen einen Fehler gemacht. Ich habe Sie in ein Feuergefecht geführt, ohne Sie darauf vorzubereiten. Einige von Ihnen haben vielleicht von der Geiselbefreiung vor einigen Wochen gehört, die ich befehligt habe.« Es wurde genickt. »Ich und mein Team hatten vier Tage Zeit, um uns darauf vorzubereiten.« Und die Mehrheit ihrer Marines waren Veteranen mitvier bis sechs Jahren Erfahrung gewesen. Nicht nötig, das zu erwähnen. »Ich hätte Ihnen mehr Zeit geben müssen, sich vorzubereiten, sich mit Ihrer Waffe vertraut zu machen. Es ist eine Sache, ein Gewehr übergeben zu bekommen, und eine ganz andere, sich mit der Vorstellung anzufreunden, dass man es auch benutzt. Deshalb haben wir hier angehalten. Ich teile jeder Lkw-Besatzung von Navy-Rekruten einen Marine zu. Ich möchte, dass dieser Marine und Ihr Petty Officer Ihnen sämtliche Schalter und Schikanen Ihrer Waffe zeigen. Ja klar, das hatten Sie schon in der Grundausbildung, aber wie viele von Ihnen sind je auf die Idee gekommen, Sie müssten mal ein solches Stück veralteter Technik wie das hier benutzen?«, fragte sie und hob lächelnd ihr Gewehr. »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich habe mir selbst einen Schnellkurs verpasst, als ich den kurzen Strohhalm zog und mich für einen Nachtabsprung und eine Geiselbefreiung eingeteilt fand.« Damit rief sie nervöses Lachen hervor.
»Schließlich möchte ich, dass jeder von Ihnen einen vollen Ladestreifen Pfeile abfeuert. Nichts geht darüber zu spüren, wie das Gewehr tatsächlich zurück an Ihre Schulter prallt, und zu sehen, wie die Pfeile dort einschlagen, worauf Sie gezielt hatten. Dann wissen Sie, dass Sie es wirklich können.« Kris legte zwei Schritte zurück und zwang sie so, die Köpfe zu drehen.
»Noch etwas. Ich erteile den Marines und Petty Officers den Auftrag, die Anführer und deren Schläger auszuschalten. Die Übrigen von Ihnen haben den Auftrag, Geschosse durch die Luft zu jagen, in den Erdboden, in die Bäume, dass es splittert – um auf diese Weise all denen, die bereit zur Flucht sind, zu zeigen, dass jetzt ein guter Zeitpunkt dafür wäre. Machen Sie ihnen Angst vor der Navy. Schlagen Sie die Hungernden in die Flucht, und die Marines und Ihre Petty Officers schalten die aus, die es dringend nötig haben.«
»Wenn wir jemanden sehen, der nicht wegläuft, können wir den auch erschießen?«
»Nur zu. Wenn Ihnen allerdings jemand den Rücken zukehrt: Lassen Sie ihn laufen.«
»Wohin können die sich denn wenden, Ma’am?«
»Ich denke, die letzte Farm würde sie gern aufnehmen.«
Die Soldaten sahen sich gegenseitig an. Manche überwanden sich gar zu einem nervösen Lächeln. Stille. Dann: »Das schaffen wir.« »Ja klar, das ist nicht allzu schwer.« »Wenn sie weglaufen, sollen sie. Das ist okay.«
Kris gab ihnen kurz Zeit, sich mit der Vorstellung vertraut zu machen, und schickte dann jedes Lkw-Team zu einem anderen Winkel des Wäldchens. Tom schien tatsächlich froh über die Gelegenheit, die Führung von Lkw
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