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Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)

Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)

Titel: Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Shepherd
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anstrengen, um zu erkennen, wo die Wachleute abtauchten. Sie setzten sich an getrennte Tische auf gegenüberliegenden Seiten des Raums, und ihre grauen Anzüge verschmolzen irgendwie mit dem Leitmotiv des Restaurants aus Holz, Kristalllampen und dickem rotem Teppich. Drei weitere Besuchergruppen hielten sich hier auf, aber geschmackvoll aufgestellte Pflanzen machten es unmöglich, die Gesichter zu erkennen. Der Colonel hatte also Recht gehabt: Auf Olympia hungerten nicht alle. Wo Geld war, dort traf man auch nach wie vor schicke Speisen an. Wieder mal ein Bildungsgewinn für einen frischgebackenen Ensign, die Tochter eines Premierministers und die Erbin von Ernie Nuus zahlreichen Billionen.
    Die Speisekarte verhieß mehrere köstliche Steakvarianten und sogar Meeresfrüchte. Bedrohlicherweise enthielt sie keine Preise.
    »Ich weiß nicht, was ich nehmen soll«, sagte Kris nach einem kurzen Blick hinein.
    »Gestatte mir, für dich zu bestellen«, bat Hank.
    Kris schätzte es gar nicht, wenn Männer davon ausgingen, dass das Verständnis komplexer Speisekarten die bescheidene Auffassungsgabe einer Frau überstieg. »Ich weiß, was auf der Karte steht, Hank. Der Colonel hat übrigens unsere Kreditkarten konfisziert«, log sie nicht ganz. »Weiß nicht recht, ob ich die Zeche begleichen kann.«
    »Ich habe gehört, dass die hiesigen Kreditkarten auf dem Schwarzmarkt auftauchten. Euer Colonel ist ein kluger Mann«, pflichtete ihr Hank bei. »Ich übernehme die Zeche.« Da sich ihrer beider Nettowert um weniger als eine Dezimalstelle unterschied, entschied Kris, dass es nett sein würde, sich zur Abwechslung mal von einem jungen Mann ihres Alters verwöhnenzu lassen. Nach all den Entscheidungen, die sie gestern getroffen hatte   – warum sollte sich da nicht dieser Bursche den Kopf über die Auswahl an Salaten zerbrechen?
    »Also«, leitete Kris das Tischgespräch ein, »du hast zugelassen, dass dich dein Dad direkt vom College ins Familiengeschäft holte?«
    »Wohl kaum. Dad hält gar nichts davon, Zeit auf nutzloses Lernen aus Büchern zu vergeuden. Ich habe mit vierzehn im Geschäft angefangen. Wenn du das glauben kannst: Ich musste einen Sommer im Postversand zubringen. Im Vergleich damit bin ich ordentlich weitergekommen, denkst du nicht?«, fragte er und wedelte mit der Hand in Richtung einer unsichtbaren Karriereleiter.
    »Kein College?«
    »Na ja, im Grunde hat Dad Lehrer von der Erde oder sonstwo kommen lassen, die mich berufsbegleitend schulten. Mein Highschool-Abschlussprojekt war die Gründung einer bedeutenden pharmazeutischen Fabrik: Ich beschattete einen von Dads besten Leuten, lernte alles, was er wusste, und schrieb es für Dad und Professor Maxwell auf. Ich denke, so hieß der Typ. Maxwell gab mir eine Eins. Dad ging die Arbeit Punkt für Punkt mit mir durch und erklärte mir, warum sie nicht mehr als eine Zwei verdient hatte. Ich habe diesen Professor nie wiedergesehen.«
    Der Weinkellner tauchte mit einem Sauvignon auf, dessen Etikett verriet, dass er auf Wardhaven schon ein Vermögen gekostet hätte. Hank führte das Ritual des Kostens sachkundig aus. »Sehr gut«, verkündete er nach einem kleinen Schluck. »Du wirst ihn genießen«, versicherte er Kris.
    Kris wartete, bis ihr Glas gefüllt war, führte das Pflichtritual des Kostens aus, lobte den Jahrgang überschwänglich und stellte den Wein dann neben dem Wasserglas ab. Sie versprach sich, ihn nicht wieder anzurühren. Dem Weg des vergangenen Abends wollte sie nicht noch einmal folgen.
    »Hört sich nicht so an, als hättest du viele feste Bezugspunkte in deinem Leben gehabt«, sagte Kris, um das Gespräch vom Wein wegzuführen.
    Hank dachte darüber nach. »Nein«, sagte er schließlich grinsend. »Hast du es noch nicht gehört? Das einzig Feste im Leben ist der Wandel.«
    »Habe ich auch irgendwo gelesen«, stimmte ihm Kris ironisch zu. »Ich konnte mich allerdings in der Regel auf ein paar Dinge verlassen. Harvey war stets da, um mich zum Fußballspielen zu fahren und mich anzufeuern. Seine Frau war immer mit einem Leckerbissen aus der Küche zur Stelle. Und es trieben sich immer Tanten und Onkel herum, einige echte Blutsverwandte. Hattest du sonst keine Familie?«
    »Onkel Steven starb bei einem Rennunfall, als ich noch klein war. Eine der vielen Liebesaffären von Tante Eve ging dramatisch in die Brüche. Hätte sie nicht darauf beharrt, an den entlegensten Orten herumzulatschen, wäre sie immer noch bei uns. Nebenbei: Im Kofferraum des

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