Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
spricht deine Enkelin. Du weißt, dass ich es bin, und solltest du dir nicht sicher gewesen sein, so hat dieser Typ am vorherigen Empfangstisch längst eine volle Genomanalyse durchgeführt. Wie lange möchtest du mich noch hier draußen warten lassen?«
»Und warum haben Sie auf einmal das Bedürfnis, mit Ihrem Großvater zu reden, junge Frau?«, fragte die Sekretärin.
»Opa, ich denke nicht, dass es in deinem Sinn wäre, wenn ich allen in die Ohren brülle, warum eine Zweiundzwanzigjährige auf einmal das Bedürfnis hat, ein paar Dinge über ihre Familiezu erfahren. Möchtest du nicht, dass ein paar Leichen in unserem Keller unentdeckt bleiben?«
Eine Tür zur Linken der Sekretärin ging auf. Ein grauhaariger Mann in grauem Anzug kam daraus zum Vorschein. Er war fast zwei Meter groß, was erklärte, woher Kris ihre Größe hatte. »Gentlemen, ich denke, Sie können Ihre Waffen wegstecken.« Die Wachleute taten schnell wie geheißen. Der Mann drehte sich zu dem Zimmer um, aus dem er hervorgekommen war. »Wir können das später beenden«, sagte er zu einem Mann und einer Frau, die rasch um ihn herumgingen und sich durch eine Tür links von Kris entfernten. »In Ordnung, junge Frau, du hast meinen Tagesplan unterbrochen. Komm herein und sag deinen Text auf.«
»Sir«, sagte Jack höflich, »ich muss jedes Zimmer untersuchen, in dem sie mit einer anderen Person allein sein wird.«
»Für die Ihr System nicht bürgt, junger Mann. Denken Sie ernsthaft, mein Büro wäre nicht der sicherste Platz auf dem Planeten?«
»Für Sie schon, Sir, aber für sie …« Jack sprach den Satz nicht zu Ende.
»Staatsbeamte!«, fauchte Opa Al. »Tun Sie, was Sie tun müssen.«
Jack trabte zur Tür, und Gerätschaften tauchten in seinen Händen auf, von denen Kris nie vermutet hätte, dass man sie unter einer Sporthose und einem kugelsicheren Sweatshirt verstecken konnte. Der ranghöhere Pinkerton-Agent zeigte eine gute Imitation von siamesischem Zwilling, als Jack an ihm vorbeiging. Eine Minute später tauchten beide wieder auf. »Da haben Sie Ihre persönliche Workstation im Schreibtisch eingebaut und ein persönliches Aufnahmegerät in allen vier Ecken des Zimmers«, sagte Jack zu Opa Al, aber die Worte waren für Kris bestimmt.
»Soll ich meinen Personal Computer anweisen, unser Gespräch vollständig festzuhalten?«, fragte Kris.
Opa blickte finster. »Alle Sicherheitssysteme und Aufzeichnungen aus, Alpha, Alpha, Zett, vierzig elf. Zufrieden, junge Frau?«
»Weißt du, es erfordert schon mehr, Longknifes glücklich zu machen, Opa.« Kris lächelte, als sie allein sein Büro betrat. Es war riesig. Zwei Glaswände boten eine herrliche Aussicht auf Wardhaven, besser als die aus Trus Penthouse. Die Innenausstattung war hingegen in Grau gehalten: grauer Läufer, graue Wände, grauer Marmorschreibtisch. Sogar das Sofa und die Sessel rings um einen Couchtisch aus grauem Schiefer wiesen unterschiedliche Grautönungen auf. Der Raum roch so grau, wie er aussah. Falls man sich Luft ohne Farbe hätte vorstellen können, so galt es für die in diesem Zimmer. Opa Al nahm Kurs auf den Schreibtisch und schien erst glücklich, als er diesen zwischen sich und Kris sah. Nette Art, ein Familienmitglied zu begrüßen.
»Also, was möchtest du?«
»Opa, es liegt, wie viel, zehn oder zwölf Jahre zurück, seit wir uns zuletzt gesehen haben? Möchtest du mich nicht wenigstens fragen, wie es mir geht?«
»Computer, wie geht es Kris Longknife?«, knurrte er.
»Kristine Longknife ist nicht mehr in der Therapie. Bei ihrem jüngsten Arztbesuch ging es um eine umfassende körperliche Untersuchung, um sich anschließend um ein Offizierspatent der Navy zu bewerben, das ihr erteilt wurde. Der letzte medizinische Vorfall betraf eine infizierte Hautblase in ihrer Zeit auf der OKS .«
»Ich weiß jetzt, wie es dir geht, wodurch wir die Belanglosigkeiten hinter uns gelassen haben dürften. Was möchtest du? Und vergeude nicht meine Zeit, junge Frau!«
Du weißt kaum etwas über mich , hätte Kris am liebsten gesagt. Stattdessen lautete ihre Eröffnung: »Wer versucht, mich umzubringen?«
Darauf blinzelte Opa Al doch glatt zweimal. »Computer, hat es Anschläge auf Kris Longknifes Leben gegeben?«
»Nein, Sir.«
»Drei, Sir«, korrigierte Kris den Computer. »Einen davon habe ich ganz gut durchschaut. Die beiden anderen stellen mich vor Rätsel. Warum würde sich jemand meinen Tod wünschen?«
Opa drehte seinen Stuhl und blickte über Wardhaven
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