Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
als akzeptabel eingestuft wurde. Trotzdem schickte die Verwaltungschefin Kris’ Papiere fünf Mal zurück, damit kleine Korrekturen vorgenommen wurden. Fünf Mal legte Kris sie erneut vor.
»Warum lässt du dir das gefallen?«, fragte Tommy.
»Normalerweise würde ich das nicht, wenn wir Lastwagen hätten, mit denen wir arbeiten könnten. Aber die für gestern erwarteten sind noch nicht mal im Orbit eingetroffen«, seufzte Kris und spielte das Spiel des Lieutenants mit. Als das Dutzend Lastwagen schließlich eintraf, war Kris froh über die vorab geleistete Arbeit. Die Fahrzeuge waren Sachspenden, und der neueste von ihnen hatte über hundertfünfzigtausend Kilometer auf dem Tacho. Die Mechaniker warfen einen Blick auf die Vehikel, schüttelten die Köpfe und bauten sie komplett neu, wobei sie alles an Maschinen und Werkzeugen benutzten, was Kris in die Finger bekommen hatte.
Kris ließ sich jedoch von Pearson und ihrer Hinhaltetaktiknicht die ganze Zeit stehlen. Morgens absolvierte sie rasch ihre Navy-Pflichten. Nachmittags widmete sie ihre meiste Zeit dem Ruth-Edris-Fond. Wenn sie keine Mitfahrgelegenheit auf einem Liefer-Lkw ergatterte, latschte sie los, machte die Runde durch die Suppenküchen und sah nach, wie alles lief. Es kam zu keinen weiteren Raubüberfällen oder Prügeln. Doch es regnete nach wie vor in Strömen, während Kris den überfluteten Straßen von Port Athens folgte. Die Leute hielten nach wie vor die Köpfe eingezogen, während sie von einer Pfütze zum nächsten Schlagloch platschten, aber sie wirkten weniger niedergeschlagen.
Ob Kris nun mit einem Laster fuhr oder zu Fuß ging, bei Sonnenuntergang war sie jeweils von der Mütze bis zu den durchweichten Schuhsohlen klatschnass. Das Einzige, was sie vor dem totalen Elend bewahrte, war die Feuchtigkeitssteuerung in den Unterkünften, und als Millie meldete, dass diese Anlage kurz davor stand, den Geist aufzugeben, legte Kris noch etwas Geld drauf und stellte den einzigen Mann auf dem Planeten ein, der fähig war, die versagende Technik in Gang zu halten. Ein trockenes warmes Zimmer an jedem Abend war billig, egal wie viel es kostete.
Pearson war immer noch dabei, ihre Richtlinien auszuarbeiten, als sich die Mechaniker das Schmierfett von den Händen wischten und sechs der Lastwagen für so einsatzbereit erklärten, wie sie es für die Straßen im Landinneren jemals sein würden. Kris hatte nicht vor, noch länger auf Pearsons Regeln zu warten; auf den Farmen wurde gehungert. Sie sammelte die Leute ein, die sie von ihren Runden kannte, und legte ihnen die Frage vor: »Wo fangen wir an?«
»Im Süden ist die Lage heikler«, lautete der Ratschlag eines Verkaufsleiters für landwirtschaftliches Gerät. »Im Norden besteht die Landschaft mehr aus Bergen und Rinnen, und die Rinnen nehmen viel von dem Wasser auf. Im Süden ist es eher flach. Das Wasser kann nirgendwo abfließen. Der Boden versumpft.«
Auf der anderen Seite des Tisches nickten ein Priester und ein Minister. »Das entspricht dem, was wir hören«, sagte der Priester. »Aber, junge Frau, die Banden sind unten im Süden auch schlimmer. Eine Menge bewaffnete Räuber treiben sich dort herum. Und im Sumpf kann niemand ihren Spuren folgen.«
»Dafür haben wir eine ganz schön pfiffige Technik, Padre«, gab Kris zu bedenken.
»Das weiß ich, aber ich habe davon hier bislang nichts im Einsatz gesehen«, entgegnete der Priester mit rotem Kopf. »Bilde ich mir das nur ein, oder wird dieser ganze Einsatz auf die billige Tour durchgeführt?«
»Vater!« Ester Saddik gab ihm einen Klaps aufs Handgelenk. »Meine Mutter hat mir beigebracht, danke zu sagen, wenn mir jemand die Hand reicht, und nicht die Finger an ihr zu zählen.«
»Verzeihung.«
»Das ist etwas, was mir auch schon aufgefallen ist, Vater«, räumte Kris ein. »Morgen fahre ich mit einem halben Dutzend Lastwagen nach Süden. Müsste innerhalb eines Tages zurück sein. Danke für Ihre Hilfe.«
»Möchten Sie ein paar unserer Bewaffneten mitnehmen?«, fragte Ester.
Kris hatte darüber intensiv nachgedacht. Dass bewaffnete Zivilisten den Geleitschutz für die Navy bildeten, das erschien ihr nicht richtig. Ein paar Zeugen? Nein. »Das ist die Show der Navy, Ma’am, und wir führen sie nach Navy-Art auf.«
Die Lkw waren Vierachser. Jedes einzelne Rad sollte sowohl Traktion bieten als auch lenkbar sein; Kris war schon glücklich, wenn sie sich einfach drehten. Jede Kabine wies einen Vorder- und einen Rücksitz auf. Die
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