Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
… und zum Lohn für diese dramatische Nummer tropfte Regen hinein. Blinzelnd wandte sie sich wieder dem Kommlink zu.
»Morgen früh, Tom, übergibst du die Unterkünfte jemandem, der sich damit auskennt, bewegst deinen Hintern hier herüber und sorgst dafür, dass sich deine Kobolde an meiner kaputten Technik zu schaffen machen.«
»Ich bringe auch die Geister meiner Ahnen mit.«
»Glaub mir, wir können alles an Wundern gebrauchen, was du übrig hast.«
Der einsame Laster wurde beladen. Kris stellte drei bewaffnete Matrosen der Raumflotte dazu ab, die Ladung zu bewachen, während die Lebensmittel bei den Küchen, die Ester aufgelistet hatte, abgeliefert wurden. Ester versprach, die Bewachung unverletzt und vor Einbruch der Dunkelheit zurückzuschicken. Die Flottenleute waren vielleicht diejenigen, die die M-6 trugen, aber sie wirkten dennoch über die Sicherheitszusage der Frau sehr erleichtert. Nachdem Kris nun keinerlei Kleingeld mehr in der Tasche hatte, wies sie Nelly an, die Lieferung jeweils einer Kiste Wardhavendollar mit jedem Schiff, das Hilfsgüter brachte, zu arrangieren, und das möglichst unauffällig. Nach diesem Tag fühlte sie sich ziemlich gut.
Der nächste Morgen fing schlecht an und wurde dann schlimmer. Zunächst wurde es erforderlich, dass Kris mit dem Colonel und mit Lieutenant Pearson zusammentraf, damit Millie uZigoto das Management des Hotels übernehmen konnte. Der Colonel machte unverzüglich seine Ansicht aktenkundig, ihm wäre ganz egal, wer den Job erledigte, solange nur die Unterkünfte gereinigt würden. Pearson beharrte auf einem unterschriebenen Vertrag und zog ihre lange Liste von Einwänden erst zurück, als deutlich wurde, dass diese Dienstleistung unter dem Ausbildungsfreiwilligenprogramm der Society of Humanity lief und keine Mittel der Raumflotte angezapft würden. Nellys jüngste Rechtssuche brachte diese Besonderheit an Rechtsfiktion ans Licht, während Kris auf Zeit spielte. Der Colonel schien ungeheuren Spaß zu haben, während Kris einen Stepptanz rings um Pearsons Widerstand ausführte.
Sobald es ihr gelungen war, wieder vom Amtsschimmel des HQ zu steigen, beauftragte sie Tommy mit einer Bestandsaufnahme, was sie an mechanischen Hilfsmitteln zur Verfügung hatten und was nötig war, um das Vorhandene von nassem und rostendem Schrott wieder in etwas Nützliches umzuwandeln. Kris teilte sich selbst die öde Arbeit zu, eine vollständige und ehrliche Inventur der verfügbaren Vorräte durchzuführen unddabei Material der Raumflotte von Hilfsgütern zu trennen. Sie hatte am Nachmittag kaum die Oberfläche angekratzt, als ein atemloser Kurier schlitternd neben ihr zum Stehen kam: Bewaffnete Gangster hatten eine Suppenküche überfallen und ausgeplündert – und aus Gründen, die Kris unerfindlich blieben, Ester Saddik mit der Pistole ein paar übergezogen.
Kris verkniff sich mit knapper Not, sofort zu Esters Küche zu rennen. Das hätte nichts genützt. In diesem Regen hinterließ niemand Spuren, und üblicherweise hatte ja sowieso niemand etwas gesehen. Während Kris sich den Kopf zerbrach, welche von mehreren miesen Möglichkeiten sie wählen sollte, übernahm Jeb die Inventur. Frei von dieser Last, trat Kris ins Freie, damit der Regen sie abkühlte.
Es hatte keinen Sinn, quer durch die Stadt zu stürmen; der Junge hatte gemeldet, dass Ester bereits vom besten greifbaren Arzt verbunden wurde. Es fühlte sich verlockend an, ein Dutzend bewaffnete Flottenangehörige zu nehmen und Jagd auf die Schuldigen zu machen. Das wäre ja auch eine gigantische Erfolgschance gewesen!
Somit blieb das weniger erfreuliche Problem, sich darüber schlüssig zu werden, wie sie solche Zwischenfälle in Zukunft verhinderte. Eine gute Stunde lang schritt sie im Regen auf und ab. Das Problem unterschied sich gar nicht so sehr davon, in einem schwierigen Wahlkampfbüro aufzuräumen. Natürlich war es, wenn wirklich der Teufel los war, oft klüger gewesen, die nächste greifbare, sogenannte erwachsene Führungsperson ins Spiel zu bringen, ehe Kris zu viel auf die eigene Kappe nahm. Und oft musste sie ein bisschen schummeln, damit die erwachsene Führung auch dem zustimmte, was Kris für richtig hielt.
Beim Abendessen stellte sie ihr Tablett an den Platz gegenüber Colonel Hancock, befreite sich vom Regenumhang und setzte sich. »Ich benötige Ihren Rat, Colonel.«
»Allmählich bekomme ich es mit der Angst zu tun, wann immer Sie dieses Wort missbrauchen, Ensign. Was versuchen Sie
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