Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
bürokratischen Problems nicht helfen«, sagte Kris. Und Lieutenant Pearson kann sich mit ihren Verteilungskriterien zum Teufel scheren.
Sie aktivierte das Mikro mit dem Kinn. »Tommy, bring sie herein.«
Trotzdem war der Verlust der Identacards keine Kleinigkeit. Im zurückliegenden Monat hatten die Konten dieser Menschen damit der Plünderung offengestanden, und dem Missbrauch ihrer Identitäten im interplanetaren Netz waren Tür und Tor geöffnet. Alles Mögliche war vielleicht geschehen, während sievom Netz getrennt waren und kein Wort zu ihrer Verteidigung hatten vorbringen können. Das klang nicht nach der Arbeit einheimischer Rowdys. »Ohne IDs brauche ich Fotos von allen«, sagte Kris und wies Tom an, eine Kamera zu bringen.
»Bruder, wenn sie einen Kommlink haben, könnte ich unser Bankkonto überprüfen«, sagte einer der Männer in Jasons Begleitung.
»Mach das, Jerry.«
»Tom, sorge dafür, dass dieser Mann eine Netzverbindung erhält.« Tom nahm die Flut von Befehlen mit einem Grinsen und einem »Ja, Ma’am« entgegen.
»Können Sie alle ins Freie rufen?«, fragte Kris.
»Meine Mutter ist bettlägerig«, sagte Jason. »Ich denke, wir könnten sie herbringen, aber …«
»Ich gehe zu ihr. Ich versuche nur zu verhindern, dass die verdammten Buchprüfer mir das Fell komplett über die Ohren ziehen, wenn dies hier vorüber ist.«
»Ich verstehe. Wir führen selbst ein Geschäft …« Jason unterbrach sich, blickte sich um und starrte schließlich auf den schlammigen Hof. »Wir haben eines geführt.«
»Das werden wir wieder«, sagte seine Frau und hielt ihm eine Hand hin, vor der er zurückzuckte. Als Offizier hätte Kris tunlichst die Finger davon lassen sollen, aber Judith hätte Kris in der Therapie nie durchgehen lassen, dem auszuweichen, wovor diese beiden auf der Flucht waren, und Kris hatte Judith das Leben zu verdanken. Im Hauseingang befreite sich Kris von ihrem Regenumhang, ehe sie bedächtig die Treppe ins zweite Obergeschoss hinaufstieg. Das Haus war aus Holz errichtet, abgeschliffen durch Bearbeitung und Nutzung. In einem Schlafzimmer, in dem die Näharbeiten von Jahren hingen, lag eine Frau allein in einem überdimensionierten Bett. Sie stöhnte vor Schmerzen. Nach drei raschen Schritten kniete sich Kris neben das Bett und hob die Bettdecke von der alten Frau. Die verwitterte Haut warvon mehrere Wochen zurückliegenden Schlägen blau und gelb verfärbt.
»Ich habe eine Sanitäterin dabei. Kann ich ihr den Auftrag erteilen, sich Ihre Mutter einmal anzusehen?«
»Wir haben für Mutter getan, was wir konnten«, entgegnete der Mann und wandte den Blick von ihr ab.
»Haben Sie Schmerzmittel dabei? Die Banditen haben unsere mitgenommen«, sagte seine Frau.
»Tom, schick die Sanitäterin herauf. Sie soll dem Signal meines Kommlinks folgen.«
»Ja, Ma’am.«
Kris drehte sich an Ort und Stelle um und blickte zu dem Ehepaar hinauf. »Erzählen Sie mir jetzt, was hier passiert ist? Als ich die Versetzung nach Olympia erhielt, sagten mir alle, ich solle scharf aufpassen. Jeder hier wäre bewaffnet. Und unser Colonel möchte nicht, dass wir nachts den Stützpunkt verlassen. Zu viele Waffen im Umlauf. Nun, auf dem Besitz hier habe ich noch keine Waffe gesehen.« Kris deutete auf einen Gewehrständer neben einem Fenster – er war leer. »Wo sind Ihre Waffen?«
»Fort«, antwortete der Mann. »Sie sind einfach fort. Lassen Sie es dabei bewenden, Navy.«
»Mein Mann ist auf die Felder hinausgegangen«, hob die Frau leise zu erzählen an.
Der Mann drehte sich zu ihr um, bat sie mit dem Blick darum, den Mund zu halten. Sie erwiderte seinen Blick gelassen und ohne zurückzuweichen. Als deutlich wurde, dass sie sich nicht abschrecken ließ, flüchtete er in den hintersten Winkel des Zimmers.
»Eine Farm ist nichts, worum man sich nur dann kümmert, wenn man gerade Lust hat – jedenfalls nicht, wenn man so ist wie Jason und seine Familie. Sein Pa baute diese Station mit Hilfe von Zuschüssen auf. Die Landschaft war noch ein Sumpf, als sie vor fünfzig Jahren hierherkamen. Sie haben sie trockengelegt. Die Pumpen müssen jedoch gewartet werden. Besonders jetzt. Und die Pumpen liegen dicht an den Sümpfen.«
»Wir waren zu fünft«, erklärte Jason dem Fußboden. »Alle bewaffnet. Wir wussten, dass …« Er fand nicht das richtige Wort. »… sich diese Leute da draußen herumtrieben. Wir dachten uns, wir sähen sie beizeiten kommen.« Jason sah Kris an. »Wir sind gute
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