Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
Ich sage auch meiner Schwester immer wieder: Du brauchst etwas echtes Fleisch auf deinen dünnen Knochen.«
»Die Jungs mögen mich dünn«, entgegnete Kris und wusste nicht recht, worum es hier ging, hielt jedoch das Wortgeplänkel aufrecht.
Als sie wieder unterwegs waren, stellte Kris Nelly eine Frage, die schon vorher gestellt zu haben sie sich wünschte. »Werden alle Überwachungskameras an einer zentralen Stelle überwacht,oder sind sie mit jeweils örtlichen Sicherheitskräften verbunden?«
»Gute Frage, Kris. Ich bin dem nicht nachgegangen und denke auch nicht, dass du möchtest, ich würde es jetzt tun.«
»In dem Punkt hast du Recht«, pflichtete ihr Kris bei. »Aber du musst für unseren Besuch in Katyville Einblick in die Sicherheitsmaßnahmen genommen haben.«
»Ja. Dort hatten alle interessanten Örtlichkeiten jeweils eigene Sicherheitssysteme. Hotels in den billigen Ecken der Stadt sind jedoch eine Sache und Fabriken für militärische Ausrüstung eine andere, obwohl ich bezweifle, dass ich das einer Aktionärin von Nuu Enterprises erklären muss.«
»Da haben Sie aber eine Mordsgattin«, meinte Abu glucksend.
»Nelly, es gibt so etwas wie Taktgefühl«, mahnte Kris.
»Und wie viel von meiner begrenzten Verarbeitungs-«
»Vergiss es. Abu, wo wird dieses Essen angeboten, das Sie mir versprochen haben?«
Fatimas Küche lag nur fünfzehn Fahrtminuten von dem Nobelrestaurant entfernt, aber es hätte auch auf einem anderen Planeten sein können. Die Straßen der Umgebung waren schmal und gewunden, und die Häuser standen eng zusammen. Parkplätze waren knapp, und die Menschen folgten den schmalen Bürgersteigen dicht nebeneinander gehend, hatten dabei aber keine Schwierigkeiten, mit Personen auf der anderen Straßenseite Gespräche zu führen. Eine Vielzahl der Gespräche verliefen parallel; es ging zu wie in einem Tollhaus.
»Willkommen in dem, was wir Kleinarabien nennen«, sagte Abu und lächelte stolz. »Sie mussten kein bewachtes Tor passieren, um hierhin zu gelangen, aber hier sind ohnehin kaum irgendwelche Türen verschlossen. Wir leben, wie Allah es möchte.«
Abu fand eine Stelle, um das Taxi zu parken, auch wenn gerade zehn Zentimeter Platz übrig blieben. Kris arrangierte sorgfältigdas Kopftuch, während sie ausstieg, und lockerte dann den Gürtel des Regenmantels. Viele Frauen, die an Kris vorbeikamen, trugen eine Mode, die man auch auf Wardhaven hätte antreffen können, aber der Schnitt war stets weit und ohne Taille. Mehrere trugen exotischere Kluft, die sie von Kopf bis zu den Zehen bedeckte. Eine junge Frau – nach der Form des Arms zu urteilen, der der Umhüllung entwich und einen Korb hielt – kaufte gerade ein. Mit der anderen Hand hob sie Obst oder Gemüse an, um es sorgsam zu betrachten. Dieser Kompromiss fand kein Gegenstück bei der älteren Frau – nach ihrer Stimme zu urteilen – neben ihr. Nicht ein einziger Finger war von ihr zu sehen.
Abu ging um das Fahrzeug zum Bürgersteig und führte Kris zu einem weiß getünchten Etablissement, das köstliche Düfte verströmte. Eine rundliche Frau in Kopftuch und weitem Kleid empfing ihn an der Tür, drückte ihn und gab ihm einen flüchtigen Wangenkuss. »Hast du Hunger, Abu, und wer ist die Frau in deiner Begleitung? Soll ich Miriam anrufen und ihr erklären, dass du eine zweite Gattin nach Hause bringst? Zweifellos jemanden, der ihr mit den Kindern hilft, denn eine Frau, die so dünn ist wie diese, kann gewiss keine Köchin sein.«
»Was sie ist oder nicht ist, das geht dich nichts an, Sorir, also zeige uns einfach einen Tisch in einer ruhigen Ecke und ermögliche mir, mit dem Boss zu reden.«
Sorir versetzte ihm einen Klaps. »Du redest gerade mit dem Boss, aber ich vermute, du meinst den Mann, der denkt, er würde mein Restaurant leiten.« Sie führte sie an Tischen vorbei, an denen schweigsame Männer Kaffee tranken, und durch einen Alkoven, wo Frauen zum Tee oder Kaffee plauderten; schließlich erreichten die drei einen schattigen Winkel an der Rückseite des Restaurants, in dem schweigende Paare saßen oder Familien lautstark ihren Mahlzeiten zusprachen. Sorir wies Abu zu einem Tisch hinter einer Bambustrennwand. »Ist das ruhig genug für dich?«
Abu brachte Kris am Tisch unter und machte sich auf die Suche nach dem Mann, den er sprechen wollte. Sorir schenkte Kris ein kurzes Lächeln und folgte Abu. Die beiden unterhielten sich wenig später mit einem dünnen Burschen, der in einer Tür stand,
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