Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
dabei eine Gangart zu finden, die nicht so wehtat. Sorir tauchte mit einer Perücke auf. »Setzen Sie die auf und stecken Sie sich diese Kissen in den Mund.«
Die Perücke passte über den Knoten, zu dem sie ihr eigenes Haar gebunden trug, und schenkte ihr das schulterlange strubbelige Haar, wie es manche jungen Leute mochten. Die Kissen schmeckten nach Plastik und blähten ihr die Wangen auf. »Kann ich damit reden?«, murmelte sie und bewies damit, dass es ging … so gerade eben.
»Am besten reden Sie gar nicht. Sie sind ein guter Muslimjunge. Sie hören und gehorchen. Sie reden nicht. Und halten Sie den Blick gesenkt. Sie arbeiten vielleicht für meinen Bruder, aber das entspricht nicht Ihren Wünschen. Schmollen Sie. Sie wissen doch bestimmt, wie das geht.«
Schmollen wurde im Haus ihres Vaters niemals geduldet, aber so viel brauchte Sorir nicht über das Leben einer Longknife zu erfahren. Kris murmelte: »Da gehöre ich zu den besten.«
Sorir reichte ihr außerdem eine Fanmütze eines einheimischen turantischen Teams. Es verliert immer, erklärte Nelly. Kris zog den Bommel vom Barett ab; er löste sich problemlos und zog dabei seine Leitungen nach. Kris drückte ihn auf den eigenen Schädel, und er blieb dort haften. Sobald sie die Drähte neu mit Nellys Anschluss verbunden hatte, setzte sie sich langsam die Baseballkappe auf. Wie funktioniert das?
Ich weiß nicht. Hier drin ist nicht viel Aktivität zu überwachen, aber ich kann sagen, dass sie hier eine neue Mikrowelle brauchen. Die jetzige vergeudet den halben Strom, den sie zieht.
Ich gebe das weiter, wenn ich eine Gelegenheit finde, sagte Kris und ließ sich von Sorir zurück in die Küche führen. Ein kleiner rundlicher Mann in dunkler Hose und dunklem Hemd unterhielt sich gerade mit Abdul, während zwei dünne junge Männer gefrorene Kadaver von Ziege und Schaf hereintrugen.
»Nabil, mein Bruder, ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
Der Mann fixierte mit den dunklen Augen seine Schwester, und Abdul hakte die beiden gefrorenen Kadaver auf einemNotepad in seiner Hand ab und schickte die jungen Männer zum Lastwagen zurück.
»Habt ihr die Lieferung an den Khan schon ausgeführt?«
»Das kommt als Nächstes, Schwester.«
»Ich bitte euch, diesen zusätzlichen Helfer, meinen Neffen, dorthin mitzunehmen.«
»Warum?«
»Es wäre für Vater besser, wenn du es nicht weißt. Ich nehme alles, was sich daraus vielleicht ergibt, lieber auf meine Kappe.«
Der Mann fasste Kris forschend ins Auge, musterte seine Schwester und dann erneut Kris. Er schüttelte den Kopf. »Es sind schlechte Zeiten, wenn eine jüngere Schwester dem älteren Bruder nicht mehr erklärt, warum sie etwas von ihm möchte.«
»Und wann hatten wir je bessere Zeiten?«, rügte ihn seine Schwester.
»Nicht seit deiner Geburt. Ich schwöre, dass ein Dschinn meine kleine Schwester gleich nach der Geburt entführt und Mutter einen Haufen Kameldung gegeben hat, um ihn aufzuziehen.«
Sorir versetzte dem Bruder einen Klaps. »Und wer träumt selbst heute noch davon, das sagenumwobene Versteck vieler Diebe zu finden?«
»Das muss ich vielleicht auch, nachdem du mich hier in was auch immer hineingezogen hast«, sagte er und gab Kris einen Wink. »Komm, Schwesterneffe, auf uns wartet Arbeit, die ein zusätzlicher Rücken leichter machen wird.« Kris folgte ihm; der Himmel drohte noch immer mit Regen, hielt ihn aber zurück, als balancierte das Wetter wie alles andere an der scharfen Klippe der Ungewissheit.
»Du brauchst den Jungen nicht wieder hierher mitzubringen. Setze ihn einfach ab, und wir finden ihn dann schon!«, rief ihnen Sorir nach.
Nabil knurrte missbilligend, als seine Jungs im Laderaum des Lastwagens mit den Türen knallten. Sie hasteten nach vorn undriefen dabei: »Ich kriege den Außensitz!« Ein Blick verriet Kris, dass das Platzangebot gering war. Kein Wunder, dass keiner in der Mitte zerdrückt werden wollte.
»Er bekommt den Platz an der Seite«, erklärte Nabil schroff und deutete auf Kris. »Und keine Widerrede! Wir haben noch mehr Lieferungen auszuführen, und der Verkehr geht in einer Stunde zum Teufel, also sehen wir zu, dass wir es schnell machen.«
Die Jungen drängten sich in der Mitte und hielten so weit wie möglich Distanz zum Vater, während dieser den Gang einlegte. Kris schloss die Tür auf ihrer Seite und versuchte, sich ganz klein zu machen, diesmal froh über ihre schmalen Hüften und nicht vorhandenen Brüste. Sie kauerte sich zusammen, um
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