Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
Seite mehr kam, und gab dann sanft Gas … und er schaltete das Radio auf einen anderen Sender, der Kris tatsächlich gefiel, sobald er die Lautstärke heruntergedreht hatte.
Mehrere Fahrzeuge schossen vorbei und versuchten Zeit gutzumachen, die sie an der Straßensperre verloren hatten. Der Taxifahrer fädelte sich in den Verkehr ein und warf dann einen Blick auf Kris. »Also, wohin möchten Sie?«
»Zum Orbitalfahrstuhl«, sagte sie und spuckte das Garnknäuel aus.
»Ein Kurztrip zum Orbitalfahrstuhl, wird gemacht«, sagte er und blinkte, um die Spur zu wechseln. »Ich vermute, Sie wissen, worum es bei all dem ging.«
»Wahrscheinlich schon«, bestätigte Kris.
»Onkel Abu sagte jedoch, Sie würden mir vermutlich nichts erzählen.«
»An Ihrer Stelle würde ich auf meinen Onkel hören«, sagte Kris, befreite sich vom Wams und zog die Arme aus dem Kittel, damit sie den Regenmantel und die Dienstmädchenuniform loswickeln konnte.
»Ja, schon, aber alte Fürze fürchten sich immer. Wenn man jung ist, muss man ein wenig leben.« Er lächelte, während er das sagte.
»Hier erhalten Sie den Ratschlag eines jungen Furzes: Hören Sie auf das, was alte Fürze sagen, und Sie erhalten vielleicht sogar eine Chance, eine Zeit lang zu leben«, sagte Kris, während sie die braune Uniform ausbreitete und anfing, sich aus dem Kittel zu winden.
»So schlimm ist es also«, sagte der Bursche, aber die Ernsthaftigkeit hatte nicht lange Bestand. »He, Sie sind das erste Mädchen, das sich in meinem Wagen auszieht! Abu hat mir erzählt, er hätte das auch erlebt, aber ich dachte, er würde mir einen Bären aufbinden. Halt, Sie ruinieren mir die Aussicht!«, beschwerte er sich, als sie vom Sitz rutschte und sich im Fußraum versteckte.
»Tut mir leid«, sagte sie und zog sich das Kleid über den Kopf.
»Das ist nicht fair! Da riskiere ich meinen gut aussehendenHals, um diesem hübschen ungläubigen Mädel zu helfen, und darf dann nicht mal einen heimlichen Blick auf sie werfen.«
Kris zog das Kleid herab und machte sich daran, es zuzuknöpfen. »Wer hat behauptet, das Leben wäre fair?«
Er musterte sie im Rückspiegel. »Wenigstens haben Sie gute Titten.« Es gelang Kris nicht, sich ein Lachen zu verkneifen. Falls jedoch alle Frauen, die er kannte, diese Sackklamotten trugen, waren Kris’ Brüste wohl die besten, auf die er je einen Blick hatte werfen können. Sie wurde damit fertig, die Uniform zuzuknöpfen.
»Die sieht aber ziemlich zerknittert aus.« Ein Blick nach unten, und Kris musste ihm zustimmen. Wenn sie den Regenmantel irgendwo auf dem Rückweg loswurde, konnte ihr passieren, dass sie aufgrund der schlampigen Uniform von der Hotelversion eines Unteroffiziers geschnappt und nach Hause geschickt wurde. Das Problem war: Sie würde diese Tugendwachtel nie davon überzeugen können, dass sie, Kris, in der Präsidentensuite zu Hause war.
Zeit, sich alles noch mal zu überlegen.
Die Ankunft am Orbitalfahrstuhl zögerte dieses Vorhaben hinaus. Kris sah sich mit einer dreistelligen Taxirechnung konfrontiert, während sie nur ein paar Münzen in der Tasche hatte. Der junge Mann schob die angebotene Kreditkarte lachend weg. »Onkel Abu hat mich schon davor gewarnt, dass Sie vermutlich kein Geld fürs Taxi haben würden. Die Rechnung geht auf ihn«, sagte er und holte selbst Geld aus der Tasche. »Das hier ist fürs Fahrstuhlticket.«
»Ich kann das nicht annehmen«, stammelte Kris.
»Und ich werde diese Karte nicht durch den Kartenleser im Wagen ziehen. Keiner von uns kann diese Art Aufmerksamkeit gebrauchen, und Sie müssen wieder hinauf in den Himmel. Wir sind Araber, Prinzessin, nicht dumm. Sie selbst wecken in mir jedoch Zweifel, was Ihre Leute angeht.«
»Wir sind nicht dumm«, sagte Kris und nahm das Geld an. »Wir sind nur stolz und stur.«
»Und vielleicht das Leben auf unseren Straßen nicht gewöhnt«, sagte der Fahrer mit einer Ernsthaftigkeit, die gar nicht zu seiner Jugend passte. »Ich werde Onkel berichten, dass ich Sie sicher und heil am Orbitalfahrstuhl abgesetzt habe. Denken Sie, dass Sie von hier aus allein klarkommen?«
Kris blickte am Fahrstuhl hinauf gen Himmel. »Ich bin schon oft genug in diesen Dingern gefahren. Ich müsste in der Lage sein, auf mich selbst achtzugeben.«
17
L achend verschwand der junge Mann im Verkehr.
Kris legte das Kopftuch an und verbarg das halbe Gesicht. Sie senkte den Kopf wie jemand, der zu einer verabscheuten Arbeit ging, und wartete geduldig in der Schlange,
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