Kris Longknife: Unter Quarantäne: Roman (German Edition)
Spezialfähigkeiten.«
»Männer sind verrückt.« Kris schüttelte den Kopf.
»Manche Männer sind verrückt. Das Gleiche gilt für manche Frauen. Der Kniff besteht darin, die passenden Paare zu bilden.« Die Anlegestelle verzweigte sich zu zwei Etagen. Abby nahm die Rampe nach oben. Die Fenster gaben hier den Blick auf größere, eindrucksvollere Schiffe mit weniger extravagantem Anstrich frei. Eindeutig: Je größer der Wert, desto geringer das Bedürfnis nach Übertreibung. Am Ende der Anlegestelle trieben sich zwei Männer in schwarzen Anzügen und Krawatten am Eingang zu einem Gangway-Fahrstuhl herum. Kris brachte ihre Hüften und das Kleid in Schwung und legte überhaupt alles, was sie hatte, in ihren Auftritt.
»Übertreibe es nicht!«, mahnte Abby sie flüsternd zwischen lächelnden Lippen hindurch. »Diese Typen sind nicht die Kunden.«
»Ja schon, aber was für tolle Bodys! Ich könnte auf sie abfahren.«
»Man gibt nichts umsonst her, junge Frau. Wie soll deine liebe Mutter ihren Lebensunterhalt mit deiner Hilfe bestreiten, wenn du den Wert dessen minderst, was du verkaufst?«
Die Worte warfen Kris beinahe aus der Bahn. Hatte Abby hier gerade etwas durchblicken lassen? Ja, Mama, formte Kris lautlos mit den Lippen.
»Können wir euch … Ladys helfen?«, fragte der Wachmann mit rasiertem Schädel, während der jüngere, süßere Typ einenSchritt zurückwich und die Hand auf etwas legte, was seine Waffe sein musste.
»Bei unserer Agentur wurde fernmündlich ein schneller Eskortservice für Pier elf d eins bestellt«, sagte Abby, während Kris eine Hand an den Kopf legte, die Hüften kippte und das Kaugummi deutlich hervorhob. »Es wurde nicht ganz deutlich, was gewünscht wird, also hat man uns beide geschickt.«
»Es ist der richtige Pier«, sagte der Wachmann und bemühte sich, nicht Kris anzustarren. »Was wurde gewünscht?«
»Candy, sieh zu, dass du dieses Kaugummi loswirst!«, flüsterte Abby aus dem Mundwinkel und warf dann den Wachmännern ein Lächeln zu. »Jemand mit einem gewissen medialen Profil soll eine Belohnung erhalten, obwohl vielleicht auch eine Bestrafung nötig werden könnte.«
Der Wachmann sah in seinem Handmodul nach. »Ich habe hier nichts.«
»Ja«, warf der Jüngere ein, »aber der Junge hatte eine schlimme Woche. Vielleicht probiert der Boss mal etwas Neues. Du hast ja von heute Abend gehört.«
Die beiden Wachmänner wandten sich einander zu und grinsten sich verständnisvoll an. Abby rümpfte die Nase – und streckte den Adonis nieder, überließ den näher stehenden Typen Kris. Dreimal knackte es leise, und die Wachmänner hatten genug Schlafpfeile in der Brust stecken, um für die Nacht außer Gefecht zu bleiben.
»Was hatte das alles zu bedeuten?«, fragte Kris, während sie über den Wachmann hinwegstieg.
»Ich habe keine Ahnung, aber wir sollten uns an der Innentür lieber bereithalten.« So bestiegen sie den Fahrstuhl, drückten den einen Schalter und fuhren langsam und lässig nach unten.
Der Fahrstuhl hielt an einer Stelle, die Kris als Achterdeck einschätzte. Zwei Männer in dunklen Anzügen, anscheinend die Uniform der Sicherheitsleute an Bord, musterten die beidenFrauen vorsichtig. »Was führt euch her, ah, Ladys?«, fragte einer mit Stiernacken. Neben ihm saß an einer Konsole mit ausgeschalteten Monitoren eine kleinere, aber ebenso gut mit Muskeln bepackte Version seiner selbst.
»Unsere Dienste wurden bei der Agentur bestellt.«
»Wir haben nicht angerufen«, sagte der Kleinere, wandte sich der Konsole zu und suchte auf dem einen eingeschalteten Bildschirm.
»Ja, schon, Marko, aber heute Abend geschieht eine Menge, was du nicht überwachst«, sagte der andere und deutete auf die toten Bildschirme. »Die Stationsleitungen waren schon höchst unzuverlässig, ehe der Boss ganz abgeschaltet hat.« Eine dicke Kommleitung lag auf der Gangway. Normalerweise gehörte diese zu den letzten Verbindungen, die gekappt wurden, ehe ein Schiff ablegte. Heute Abend hatte jemand die Leitung aber abgeschaltet und das Schiff damit von allen Festnetzanschlüssen und allen Kameras getrennt, die den oberen Teil der Gangway überwachten. Ein Glücksfall für Kris und ihr Team, dachte sie, während sie und Abby die kurzfristige Ablenkung des Stiernackigen durch seinen Wortwechsel mit Marko nutzten, um die beiden mit Schlafpfeilen zu spicken.
Die Waffe in der Hand, hielt Kris Wache, während Abby die beiden Schläfer in den Fahrstuhl schleppte und mit ihnen
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