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Kristall der Macht

Kristall der Macht

Titel: Kristall der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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der Stadt so viel gestohlen wurde, hatten die Wachen an der Stadtmauer strikte Anweisung, keine Flüchtlinge mehr ins Innere der Stadtmauern zu lassen. Wenn man diesen allen Anweisungen zum Trotz Einlass gewährt hatte, musste es dafür gute Gründe geben. Gründe, die offenbar nicht überzeugend genug waren, um auch die letzten Wachen zum Einlenken zu bewegen.
    Triffin hatte die Gruppe fast erreicht. Aus der Nähe betrachtet, schienen ihm dies keine normalen Flüchtlinge zu sein. Da schwang ein fremder Ton in ihren Stimmen mit, ihre Hautfarbe schien um einige Töne dunkler zu sein, und auch ihr Auftreten entsprach nicht gerade dem von Menschen, die schon viele Monate ein Dasein in Elend und Armut fristeten.
    Eine junge Frau drehte sich zu ihm um, als er vorüberging, und einen Herzschlag lang glaubte er ein Wiedererkennen in ihren Augen aufblitzen zu sehen. Er hatte die Frau nie zuvor gesehen und wollte seinen Weg fortsetzen, da trat sie auf ihn zu und versperrte ihm den Weg.
     
    *  *  *
    Noelani hatte den General sofort wiedererkannt und ohne lange zu überlegen einen gewagten Entschluss gefasst. Sie war verzweifelt. Ihre Mission stand kurz vor dem Scheitern. Die Wachen an der Stadtmauer hatte sie noch mit einer kleinen Lüge dazu bewegen können, sie einzulassen. Die Wachen an der inneren Mauer hatten so fest geschlafen, dass sie unbemerkt vorbeischlüpfen konnten. Aber am Eingang des Palastes waren sie gezwungen, die Wahrheit zu sagen, und ausgerechnet hier trafen sie auf starrköpfige Wachtposten, die ihnen unerschütterlich den Weg versperrten. Dass General Triffin gerade jetzt auftauchte, erschien ihr wie ein Wink des Schicksals, und sie war entschlossen, die Gelegenheit zu nutzen.
    Als er an ihr vorbeiging, trat sie vor und versperrte ihm den Weg. »General Triffin?«
    Der General blieb stehen und runzelte die Stirn, während ihre Begleiter erstaunte Blicke tauschten. Für endlose Herzschläge hielt die Welt den Atem an. Niemand sagte etwas. Je länger der Augenblick des Schweigens andauerte, desto mehr war Noelani überzeugt, dass der General einfach weitergehen würde. Schließlich fragte er: »Was gibt es?«
    »Ihr seid ein mächtiger Mann, General.« Noelani war bemüht, die ehrwürdige Anrede zu verwenden, so wie es in Baha-Uddin üblich zu sein schien. Sie war sich ihres ärmlichen Äußeren wohl bewusst und fürchtete, er würde sie einfach stehen lassen, ohne sie anzuhören. »Ihr seid ein Freund des Königs. Er schätzt Euren Rat. Bitte, verwendet Euch für uns. Wir müssen den König sprechen. Es ist sehr wichtig.«
    »Ihr wollt den König sprechen? Ihr?« Triffin schmunzelte und schüttelte dabei fast unmerklich den Kopf. »Das wundert mich nicht, denn das würden die vielen hundert Flüchtlinge vor den Toren wohl auch gern. Aber es herrscht Krieg, und der König ist ein viel beschäftigter Mann. Er kann nicht mit …«
    »Bitte. Ich muss zum König. Das Leben vieler Menschen hängt davon ab.« Noelani ließ nicht locker. Sie wusste, dass alles verloren war, wenn der General ihr nicht helfen würde.
    »Das ist unmöglich. Tut mir leid.« Triffin schüttelte den Kopf und wollte weitergehen, aber Noelani war schneller. Vom Mut der Verzweiflung getrieben, packte sie den Ärmel seines Gewandes mit einer überraschend schnellen Bewegung, stellte sich auf die Zehenspitzen und raunte ihm zu: »Dann wird morgen jeder in der Stadt wissen, dass Fürst Rivanon Euch für einen Verräter hält.«
    Triffin starrte Noelani an. »Das ist eine infame Lüge.«
    »Es ist wahr, und Ihr wisst es.« Noelani schlug das Herz bis zum Hals. Sie war nie besonders mutig gewesen, aber sie hatte viel gewagt und musste das Spiel weiterspielen, ganz gleich, was am Ende dabei herauskam. »Rivanon hat Euch gestern oben auf der Mauer Heimlichtuerei vorgeworfen«, fuhr sie fort, um zu bekräftigen, dass sie sehr wohl wusste, wovon sie sprach. »Er hat vermutet, dass Ihr mit den Rakschun …«
    »Still!« Triffin warf einen prüfenden Blick über die Schulter, aber die Wachen schienen dem Wortwechsel keine Beachtung zu schenken. In seinem Gesicht arbeitete es. Offenbar versuchte er fieberhaft zu ergründen, wie es möglich war, dass Noelani den Wortlaut der Unterredung kannte. »Du weißt nicht, was du da sagst.«
    »Und Ihr wisst nicht, was für mich auf dem Spiel steht«, zischte Noelani ihm zu. »Ich muss mit dem König sprechen. Sofort. Das ist alles, was ich verlange.«
    »Wie kann ich sicher sein, dass du die Lügen über

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