Kristall der Macht
Ergebnis war dasselbe. Es fühlte sich an, als streiche er mit der Hand über poröses Gestein.
»Ich träume.« Kavan sagte das so nachdrücklich, als könne er die aufkommende Panik damit vertreiben. »Ich träume nur. Das … das ist unmöglich.«
Er wandte sich dem Zelt zu – und erstarrte. Auch das Zelt bestand gänzlich aus dunklem porösem Stein!
* * *
General Triffin erwachte von den Geräuschen hektischer Betriebsamkeit, die durch die dünnen Wände von draußen in sein Zelt drangen. Blinzelnd schaute er sich um. Das Feuer in der Öllampe war erloschen. Durch die Nähte der Zeltplanen fielen Sonnenstrahlen auf sein Bett und zeichneten ein Muster aus leuchtenden Punkten auf die gewebte Decke. Es musste fast Mittag sein.
Mittag?
Der Gedanke jagte Triffin einen eisigen Schrecken durch die Glieder. Augenblicklich war er hellwach. Warum habe ich so lange geschlafen? Die Frage kreiste durch seine Gedanken, während er sich aufsetzte und aus dem Bett sprang. Warum habe ich überhaupt geschlafen?
Das Letzte, an das er sich erinnerte, war eine Zusammenkunft am Abend mit Fürst Rivanon, Noelani, Jamak und einigen anderen Hauptleuten im Zelt des Fürsten. Es war die letzte Besprechung, bevor Rivanon und fünf ausgewählte Krieger mit Noelani in einem Boot über den Gonwe fahren sollten. Der Zeitpunkt war günstig gewählt. Die Götter schienen auf ihrer Seite zu sein, denn nachdem sich der Nebel in den vergangenen Nächten rar gemacht hatte, war er am Abend dichter als jemals zuvor aufgezogen und hatte eine perfekte Deckung für das Boot und die Besatzung versprochen. Gegen Mitternacht, so war es beschlossen worden, sollte die Gruppe in das Boot steigen und die Überfahrt beginnen.
Triffin erinnerte sich noch, dass Rivanons Diener allen einen Pokal mit schwerem Wein gereicht hatten, um auf ein gutes Gelingen des Plans anzustoßen. Der Wein hatte einen seltsamen Beigeschmack gehabt, aber Triffin, der nur selten Wein trank, hatte dem keine Bedeutung beigemessen. Er hatte nicht unhöflich sein wollen und den Pokal bis zur Neige geleert. Danach wusste er nichts mehr.
Nur langsam fügte sich alles zusammen, und er begann zu ahnen, was die Lücke in seinen Erinnerungen zu bedeuten hatte. Zwölf Stunden Schlaf waren doppelt so viel, wie er sich für gewöhnlich zugestand. Dass er gerade an diesem wichtigen Tag so lange außer Gefecht war, war ganz gewiss kein Zufall. Jemand musste ihm etwas in den Wein gemischt haben – und er hatte auch schon einen Verdacht, wer das gewesen sein könnte.
Eilig kleidete er sich an, gürtete sein Schwert um, trat aus dem Zelt und wäre fast mit einer Gruppe junger Krieger zusammengestoßen, die mit Schwert, Schild und Bogen bewaffnet im Laufschritt zwischen den Zelten hindurcheilten.
»Könnt ihr nicht aufpassen?«, brüllte er ihnen nach, aber sie waren schon in Richtung des Flusses davongeeilt und hörten ihn nicht mehr. Triffin schnaubte wütend und packte einen Pagen am Arm, der gerade mit einem Eimer voll Wasser vom Fluss heraufkam. »Was geht hier vor?«
»Herr?« Der Junge riss erschrocken die Augen auf und schaute Triffin an.
»Was hier vorgeht, will ich wissen!«, sagte Triffin barsch. »Warum haben es alle so eilig? Was ist hier los?«
»Sie … sie setzen über«, stammelte der Page, offensichtlich verwirrt darüber, dass ein General ihm eine solche Frage stellte.
»Über?«
»J… ja.« Der Page nickte und fügte hinzu: »Auf … auf die andere Seite.«
»Sie überqueren den Fluss? Alle? Womit? Warum?« Triffin konnte nicht glauben, was er da hörte. Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ er den verdutzten Pagen los und machte sich auf den Weg zum Fluss. Was er dort erblickte, war so unglaublich, dass es ihm die Sprache verschlug. Am Ufer lagen fünf der riesigen Flöße, die die Rakschun gebaut hatten. Fünf weitere überquerten mit Dutzenden Kriegern an Bord gerade den Fluss, indem sie an langen Seilen hinübergezogen wurden, die man von einem Ufer des Gonwe zum anderen gespannt hatte. Von den Rakschun selbst war weit und breit nichts zu sehen.
»Bei den Göttern!« Triffin war fassungslos. Mit weit ausgreifenden Schritten rannte er zum Ufer, wo einer der Befehlshaber gerade dabei war, eine Gruppe Krieger für eines der Flöße zusammenzustellen. Als Triffin den Hauptmann erreichte, packte er ihn grob an der Schulter und riss ihn herum. »Was geht hier vor?«, brüllte er ihn über den Lärm hinweg an.
»Wir setzen über.« Der Hauptmann war sichtlich
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