Kristall der Träume
meinen Kreisen ist es jedoch Sitte, jedem Besucher ohne Ansehen der Person oder ihres Anliegens ein freundliches Willkommen zu bieten.« Sein Lachen war kurz und trocken. »Ihr glaubt wohl, mit ein paar Leckerbissen könnt Ihr Euer Gold retten?«
Brigitte reckte das Kinn. »Ihr missversteht meine Absichten, Monsieur. Ihr mögt unser Gold haben, denn es gibt offenbar keinen Weg, Euch aufzuhalten. Aber ich war der Annahme, dass Ihr als Gentleman die Regeln des Anstands zu befolgen wisst.« An dem Blitzen seiner dunklen Augen merkte Brigitte, dass sie seinen wunden Punkt getroffen hatte. Pirat hin oder her, tief in seinem Herzen glaubte Christopher Kent, dass er ein Gentleman sei. Warum würde er sich sonst so sorgfältig kleiden, während seine M^änner wie Schweine herumliefen? »Ich habe sechs Spanferkel, die nur darauf warten, in den Ofen geschoben zu werden.« Kent stemmte die Hände in die Hüften und lachte lauthals. »Bei Gott, ist das ein neuer Trick?«
Während einige seiner Leute in sein Gelächter einstimmten, trat ein älterer Mann mit langen grauen, zu Zöpfen geflochtenen Haaren und einem Geschwür an der Nase vor und fragte: »Um Vergebung, Madame, aber wie würdet Ihr die Ferkelchen wohl zubereiten?«
Ohne den Alten eines Blickes zu würdigen, richtete Brigitte das Wort direkt an Kent: »Ich bereite sie mit Knoblauch und Nelken, Kapern und Oregano zu, dazu gibt es Gewürzbrot in Knoblauchtunke, Ziegenkäse mit Kräutern und kalte Ingwersuppe.
Zum Nachtisch Mangotorte mit Schokoladenguss.«
»Was gibt’s zu trinken?«, blökte der Alte.
»Französischen Wein und Cognac«, antwortete sie, an Kent gerichtet.
Der alte Mann rieb sich die Nase, dann wandte er sich an seinen Captain: »Wäre keine schlechte Idee, Chris. Wir haben seit, weiß Gott wann, keine anständige Mahlzeit mehr gehabt.«
»Damit die Soldaten uns beim Essen überfallen? Sehen Sie nicht, dass das ein Trick ist, Mr. Phipps?«
»Ich glaube nicht, dass die Soldaten von uns Wind bekommen haben. Ich kann aber nachsehen.« Dann fügte er noch hinzu: »Ich glaube auch nicht, dass das ein Trick ist. Die Lady will verhandeln, hofft, dass wir Gnade walten lassen.«
Während Kent überlegte, holte Brigitte verstohlen Luft, wobei der blaue Kristall an ihrem Dekollete blaues Feuer sprühte. Wie erwartet, wurde Kent aufmerksam. Nach einem langen Blick auf ihren tiefen Ausschnitt gab er Phipps ein Zeichen, der sofort zwei Männer in den Bäumen Posten beziehen ließ. Auf ein weiteres Zeichen von Kent hin stürmte eine Hand voll Männer auf die Veranda, an Brigitte vorbei, und verschwand im Haus.
Sie straffte sich, als sie das Poltern und Lärmen in ihrem Haus hörte. Ihr Haus, ihre kostbaren Möbel und Teppiche, ihr Porzellan und ihre Juwelen bedeuteten ihr in diesem Moment gar nichts mehr, die Piraten konnten alles haben.
Mr. Phipps kam zurück, um zu melden, dass die Lage absolut ruhig sei. »Was ist jetzt mit dem Gelage, Chris?«
Kent nahm die paar Stufen zur Veranda und baute sich vor Brigitte auf. »Woher soll ich wissen, das Ihr uns nicht vergiften wollt?«, fragte er. »Ich bin schon einmal von einer schönen Frau hereingelegt worden.«
Brigitte hielt den Atem an. Er fand sie also schön! »Ich verstehe Eure Bedenken. Darum schlage ich vor, dass Eure Männer die Ferkel selber schlachten und auf die Bratspieße stecken. Sie sollen das Zubereiten der Speisen überwachen, und meine Bediensteten werden alles vorkosten.«
Sie bemerkte das Glitzern in seinen Augen, als er den unerwarteten Vorschlag überdachte. »Ich hoffe, Ihr haltet mich nicht zum Narren«, sagte er schließlich leise. Ihre Blicke trafen sich.
Der Augenblick zog sich hin, Brigitte wagte kaum zu atmen. Es war ein kritischer Moment. Aber dann verzog Kent die Lippen zu einem Lächeln: »Wohlan, wir essen!«
Während seine Männer begeistert grölten, neigte Kent sich Brigitte zu. »Kommen wir zum Geschäftlichen. Wo ist das Gold versteckt, Madame, oder sollen wir ein wenig Druck auf Euren Gatten ausüben?«
Brigitte musste unwillkürlich an die Geschichten denken, die man sich über Kent zu erzählen wusste: dass seine Männer Plantagenbesitzer an den Handgelenken in der heißen Mittagssonne aufgehängt hatten, bis sie ihnen das Versteck ihres Goldschatzes verrieten. »Bitte, tut meinem Gatten nichts«, flehte sie. »Wenn Ihr das versprecht, werde ich Euch zu dem Versteck führen.«
Nachdem Brigitte sich davon überzeugt hatte, dass in der Küche alles reibungslos
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