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Kristall der Träume

Kristall der Träume

Titel: Kristall der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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und sicher verwahrt wurde, auf dass man ihn ehrte, verehrte und bestaunte. Der blaue Stein erlangte mit der Zeit einen besonderen Status, der über den eines gewöhnlichen Glücksbringers hinausging. Für die Steinerne Mutter mit dem Kristall in ihrem Schoß wurde ein besonderes Behältnis geschaffen, eine winzige Hütte aus Holz und Lehm, und einem besonderen Hüter anvertraut. Neben den Hütern des Gazellengeweihs und der Pilze gab es nunmehr auch einen Hüter des Wundersteins.
    Zehntausend Jahre nachdem Laliari und Zant sich in den Armen gelegen hatten, traf ein besonders harter Winter das Tal, und Galiläa versank unter einer Schneedecke. Während das Volk der Gazelle in den Höhlen überwinterte, erschien der blaue Kristall dem Hüter des Steins in einem Traum und erklärte, er sei sein enges Behältnis leid.
    Die Clanältesten berieten sich und beschlossen, dass der Stein eine größere, schönere und seiner Macht entsprechende Hülle bekommen sollte. Holzschnitzer wurden beauftragt, eine neue Figur zu schaffen, die möglichst naturgetreu sein sollte, mit menschlichen Zügen und dem langen Haar einer Frau. In ihre Mitte wurde der blaue Kristall platziert, denn er war schließlich die Seele der Statue. Die kleine Lade wurde ebenfalls vergrößert und aus dauerhaftem Material angefertigt, worauf sie wesentlich schwerer wog und von zwei Männern auf einem Tragegestell zwischen zwei Stangen getragen werden musste. Wo immer der Gazellenclan hinzog, die Statue war in ihrem eigenen Schrein dabei, und die Männer rissen sich um die Ehre, sie tragen zu dürfen.
    Mit der Größe der Statue und ihres Schreins wuchs auch ihr Ansehen. Zwanzigtausend Jahre nachdem Laliari ihren Sohn in galiläischer Erde begraben hatte, wusste der Gazellenclan, dass eine Göttin in seiner Mitte lebte.
    Der Clan wuchs in Größe und Zahl, bis die heimischen Nahrungsquellen knapp wurden, und so kam es, dass er sich in kleinere Gruppen aufsplitterte, die neue Gebiete für sich erschlossen.
    Dennoch blieben sie Angehörige desselben Stammes, verehrten dieselben Vorfahren und dieselbe Göttin und hielten ihre jährlichen Zusammenkünfte am Ort einer nie versiegenden Quelle zwischen dem Toten Meer und dem Jordanfluss ab.
    Es gab nunmehr zwei Hauptclans, den westlichen und den nördlichen Clan, die wiederum in Familien unterteilt waren. Talithas Familie stammte vom Gazellenclan im Norden, Serophia gehörte zum Rabenclan im Westen. Bei den jährlichen Zusammenkünften war es mittlerweile Brauch geworden, die Göttin für das kommende Jahr jeweils einer anderen Familie anzuvertrauen. Spätere Generationen würden erklären, dass Talitha den magischen Traubensaft nicht ohne Grund ausgerechnet in jenem Sommer entdeckt hatte, da die Göttin sich bei ihr in Verwahrung befand.
    Damals hatte der ganze Ärger angefangen.
    Aber eigentlich, warfen die Geschichtenerzähler dann ein, eigentlich reichte der Ärger viel weiter zurück in eine Zeit, als Talitha und Serophia noch jung waren und die Clans nördlich des Toten Meeres in der Sommerhitze lagerten. Hin und wieder kam es vor, dass Fremde auftauchten, Jäger ohne Familie oder Clanzugehörigkeit, die allein herumzogen. Diese Männer pflegten mit frischer Jagdbeute aus den Bergen zu kommen und sich im Lager nach einer Feuerstelle umzusehen, um ihre Beute mit denen zu teilen, die das Häuten und Kochen übernahmen. Talitha, eine kräftige Frau und Mutter von fünf Kindern, besaß besondere Gaben: Ihr Herdfeuer erlosch niemals, ihre Kochsteine waren immer heiß, und sie kannte das Geheimnis des Würzens. So kam es, dass der Fremde, der in jenem Sommer auftauchte, ein breitschultriger Jäger namens Bazel mit einem prächtigen Mutterschaf über der Schulter, seinen Weg zu Talithas Zelt fand und eine Woche lang ihre Kochkünste und ihre Zuwendung genoss. Als er unruhig wurde, denn das Umherziehen lag in seiner Natur, beschloss Talitha, ihn an sich zu binden und verführte ihn mit köstlichen gebratenen Tauben und Traubensaft. Diese Künste hatte sie perfektioniert und gab sie niemals preis.
    Er blieb eine weitere Woche in Talithas Zelt, bis er eines Morgens in die Berge zog, um Gazellen zu jagen. Er kehrte jedoch nicht mehr bei Talitha ein, sondern in einer Grashütte jenseits der Quelle, wo ein anderer Clan kampierte. Diese Hütte gehörte einer Frau namens Serophia, jünger und wesentlich schlanker als Talitha und mit weniger Kindern. Hier verbrachte Bazel zwei Wochen des Vergnügens, bis sein Blick wieder

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