Kristin Lavranstochter 1
Licht und ging zum Wohnhaus. Sie blickte noch einmal um sich.
Da kamen auf halber Höhe des Hanges vier schwarze Punkte aus dem Walde heran. Vier Männer zu Pferd - eine Speerspitze blitzte im Mondschein. Die Pferde schritten nur mühsam bergauf - niemand hatte seit dem Schneefall hier Bahn gebrochen. Ob sie wohl hierher wollten?
Vier bewaffnete Männer. - Niemand, der ein rechtschaffenes Anliegen an sie hatte, würde auf solche Art zu ihr kommen. Sie dachte an die Truhe, in der ihre und Björns Kleinodien lagen. Sollte sie sich in einem Nebengebäude verstecken?
Sie blickte in den Winter und die Öde rings um sich hinaus. Dann trat sie ins Haus. Die beiden alten Hunde, die vor dem Ofen gelegen hatten, schlugen mit den Schweifen gegen den Boden. Die jungen Hunde hatte Björn mit in die Berge genommen.
Sie blies die Glut im Ofen an und legte Holz darauf, füllte den eisernen Kessel mit Schnee und setzte ihn auf das Feuer. Dann seihte sie die Milch in ein Holzgefäß ab und trug es in die Milchkammer hinter dem Vorraum.
Aashild legte das schmutzige ungefärbte Frieskleid, das nach Stall und Schweiß roch, ab, zog ein dunkelblaues Gewand an und vertauschte das blaue Kopftuch mit einem weißen Linnentuch, das sie sich um Kopf und Hals in Falten ordnete. Sie zog die zottigen Pelzstiefel aus und schlüpfte in Schuhe mit Silberspangen. Dann machte sie sich daran, ihre Stube in Ordnung zu bringen: glättete die Kissen und das Fell im Bett, auf dem Björn tagsüber gelegen hatte, wischte den Langtisch ab und rückte die Bankpolster zurecht.
Frau Aashild stand vor dem Herd und rührte die Abendgrütze, als die Hunde anschlugen. Sie hörte die Pferde auf dem Hofplatz, Männer kamen in den Vorraum, und einer stieß mit dem Speer gegen die Türe. Aashild nahm die Grütze vom Feuer, strich an ihrem Kleid hinab, und, die Hunde an ihrer Seite, ging sie zur Türe und schloß auf.
Draußen auf dem mondhellen Hof hielten drei junge Männer vier bereifte Pferde. Der Mann, der im Vorraum stand, rief erfreut:
„Muhme Aashild, kommst du selbst und schließest uns auf! Da muß ich sagen: Bien trouve!*"
„Schwestersohn! Nein, bist du es! Da sage ich das gleiche! Geh in die Stube hinein, indes ich deinen Männern den Stall zeige.“
„Bist du allein auf dem Hof?“ fragte Erlend. Er ging mit, als sie den Männern den Weg wies.
„Ja, Herr Björn und unser Knecht zogen mit dem Schlitten in die Berge - sie wollten versuchen, einiges Futter heimzuführen, das wir da droben geborgen haben“, sagte Aashild. „Und eine Magd habe ich nicht“, fügte sie lachend hinzu.
Bald darauf saßen die vier jungen Männer auf der äußeren Bank, den Rücken gegen den Tisch, und sahen der alten Frau zu, die still und eifrig damit beschäftigt war, ihnen etwas zu
* (franz.) Das trifft sich gut.
essen vorzusetzen. Sie legte ein Tuch auf den Tisch und stellte ein brennendes Licht darauf, brachte Butter, Käse, einen Bärenschinken und einen hohen Stapel dünnen feinen Brotes. Sie holte Bier und Met aus dem Keller unter der Stube, schüttete die Grütze in ein feines Holzgefäß und bat die Leute, sich zurechtzusetzen und anzufangen.
„Das ist wenig für euch junge Burschen“, meinte sie lachend. „Ich muß wohl noch einen Topf Grütze kochen. Morgen soll es euch besser gehen - aber im Winter schließe ich das Küchenhaus ab, außer wenn ich backe oder braue. Wir sind wenig Leute hier auf dem Hof, und ich fange an, alt zu werden, Schwestersohn.“ Erlend lachte und schüttelte den Kopf. Er beobachtete, daß seine Leute sich so höfisch und ehrerbietig gegen die alte Frau betrugen, wie er es nie zuvor an ihnen gesehen hatte.
„Du bist eine seltsame Frau, Muhme. Meine Mutter war zehn Jahre jünger als du, und sie sah, als wir zum letztenmal bei dir waren, älter aus, als du heute abend aussiehst.“
„Ja, die Jugend verließ Magnhild rasch genug“, meinte Frau Aashild leise. „Woher kommst nun du?“ fragte sie kurz danach.
„Ich war eine Zeitlang auf einem Hof nördlich in Lesja“, sagte Erlend. „Ich hatte mir dort ein Unterkommen verschafft. Ich weiß nicht, ob du erraten kannst, was ich hier in dieser Gegend zu tun habe?“
„Du meinst, ob ich weiß, daß du um Lavrans Björgulvssohns Tochter hier auf Jörundhof hast freien lassen?“ sagte Frau Aashild.
„Ja“, erwiderte Erlend. „Ich ließ auf schickliche und ehrenhafte Art um sie fragen, und Lavrans Björgulvssohn sagte schroff nein. Nun weiß ich mir, da Kristin und ich
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