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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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und den ganzen starren Trotz, die dahinter verborgen waren.
    „Ihr habt wohl vernommen“, sagte Kristin und trat zu ihr hin, „was im Herbst hier geschehen ist?“
    „Ja, daß mein Schwestersohn um dich gefreit hat?“
    „Erinnert Ihr Euch“, fragte Kristin, „daß Ihr einmal sagtet, er und ich könnten gut zusammenpassen. Nur daß er zu reich sei und sein Geschlecht zu vornehm für mich?“
    „Ich höre, daß Lavrans anderer Meinung ist“, sagte Aashild.
    In Kristins Augen glomm es auf, und sie lächelte ein wenig. Sie ist gut genug für Erlend, dachte Frau Aashild. So ungerne sie es auch tat, sie mußte sich doch wohl Erlend fügen und ihm den Dienst erweisen, um den er sie gebeten hatte.
    Kristin bereitete dem Gast das Lager im elterlichen Bett, und
    Frau Aashild bat, das junge Mädchen möge mit ihr schlafen. Nachdem sie sich niedergelegt hatten und es in der Stube still geworden war, brachte Frau Aashild ihr Anliegen vor.
    Es wurde ihr seltsam schwer ums Herz, als sie sah, wie dieses Kind gar nicht an den Kummer zu denken schien, den es seinen Eltern bereiten würde. Ich habe doch mehr als zwanzig Jahre in Sorgen und Qualen bei Baard verbracht, dachte Frau Aashild. Aber so ist es wohl für uns alle. Kristin schien nicht einmal bemerkt zu haben, wie sehr Ulvhild in diesem Herbst abgefallen war; Frau Aashild dachte, es sei wenig wahrscheinlich, daß das Mädchen diese kleine Schwester jemals noch am Leben sehen werde. Aber sie sagte nichts darüber - je länger Kristin diese wilde Freude und den Übermut aufrechterhalten konnte, desto besser war es wohl.
    Kristin stand auf, und im Dunkeln sammelte sie ihre Schmucksachen in ein kleines Kästchen, das sie mit zu sich ins Bett nahm. Da sagte Frau Aashild nun doch:
    „Dennoch dünkt es mich ein besserer Rat zu sein, Kristin, daß Erlend hierherreitet, wenn dein Vater heimkehrt, daß er offen aussagt, ein wie großes Unrecht er gegen dich begangen hat, und seine Sache in Lavrans’ Hände legt.“
    „Da, glaube ich, würde mein Vater Erlend töten“, entgegnete Kristin.
    „Das tut Lavrans nicht, wenn Erlend sich weigert, das Schwert wider seinen Schwiegervater zu ziehen“, antwortete Aashild.
    „Ich will nicht, daß Erlend so gedemütigt werde“, sagte Kristin. „Und mein Vater soll nicht erfahren, daß Erlend mich berührt hat, ehe er in Ehren um mich gefreit hatte.“
    „Glaubst du, Lavrans wird weniger erzürnt sein“, fragte Aashild, „wenn er erfährt, daß du mit Erlend von daheim entflohen bist, und glaubst du, dieses wird leichter für ihn zu tragen sein? Du wirst nach dem Gesetz nichts anderes als Erlends Buhle sein, solange du mit ihm zusammen lebst, ohne daß dich dein Vater ihm gegeben hat.“

„Es ist etwas anderes“, sagte Kristin, „wenn ich darum Erlends Buhle werde, weil er mich nicht zur Ehefrau bekommen konnte.“ Frau Aashild schwieg. Sie dachte daran, daß sie Lavrans Björgulvssohn gegenübertreten mußte, wenn er heimkam und erfuhr, daß seine Tochter geraubt worden war.
    Da sagte Kristin:
    „Ich verstehe, Frau Aashild, Euch dünkt, ich sei ein schlechtes
    Kind. Aber hier auf dem Hofe war jeder Tag, seit der Vater vom Thing heimgekommen ist, eine Qual für ihn wie für mich. Es ist für alle am besten, wenn die Sache nun ein Ende nimmt.“
    Sie ritten am nächsten Tag frühzeitig vom Jörundhof weg und kamen kurz nach der Vesperzeit nach Haugen. Erlend empfing sie auf dem Hofplatz, und Kristin warf sich ihm in die Arme, ohne Rücksicht auf den Knecht, der Frau Aashild und sie begleitet hatte.
    Drinnen in der Stube begrüßte sie Björn Gunnarssohn und danach die beiden Leute Erlends, als kenne sie diese gut von früher. Frau Aashild konnte ihr nicht anmerken, daß sie schüchtern oder furchtsam war. Und später, als sie bei Tisch saßen und Erlend seinen Plan darlegte, redete auch Kristin mit und meinte wegen des Weges, sie sollten am nächsten Abend so spät von Haugen wegreiten, daß sie, wenn der Mond unterginge, bis Rosten kämen und im Dunkel weiter durch Sil und am Loptshof vorbei und von da längs dem Ott-Flusse bis zur Brücke und dann auf der westlichen Seite des Tales auf einsamen Wegen weiter, solange die Pferde aushielten. Tagsüber könnten sie auf einer der Niederalmen rasten, die dort an den Hängen lägen, „denn so weit der Thinggau Holledis reicht, können wir auf Leute treffen, die mich kennen“.
    „Hast du an das Futter für die Pferde gedacht?“ fragte Frau Aashild. „Ihr könnt in einem Jahr wie

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