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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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hatten, war noch kein Wort zwischen ihnen gefallen, und Simon wußte nicht, was nun geschehen würde.
    Er schloß die Kirchentüre ab, und Erling Vidkunssohn ging durch den Friedhof voraus. Unter dem kleinen Dach der Kirchhofspforte hielt er inne. Simon kam nach; sie standen eine Weile, ehe sie in den triefenden Regen hinausgehen mochten.
    Erling Vidkunssohn sprach ruhig und gleichmäßig, aber Simon fühlte die dumpfe, grenzenlose Wut, die tief drinnen in dem anderen raste - er wagte nicht, aufzublicken.
    „In drei Teufels Namen, Simon Andressohn, was meint Ihr eigentlich mit alldem hier?“
    Simon vermochte kein Wort zu erwidern.
    „Meint Ihr, mich zwingen zu können, daß ich mich Euerem Willen füge - weil Ihr vielleicht einige Lügengerüchte vernommen habt über Begebenheiten, die sich einmal zugetragen haben, in einer Zeit, da Ihr wohl kaum von der Mutterbrust entwöhnt wart?“ Der Groll knurrte jetzt aus größerer Nähe.
    Simon schüttelte den Kopf.
    „Ich dachte, Herr, wenn Ihr Euch ihrer erinnert, die besser war als das schierste Gold - da würdet Ihr Euch vielleicht der Gattin Erlends und ihrer Kinder erbarmen.“
    Herr Erling sah ihn an - er gab keine Antwort, sondern begann Moos und Flechte von den Steinen der Kirchhofsmauer abzureißen. Simon schluckte und feuchtete die Lippen mit der Zunge an.
    „Ich weiß kaum, was ich dachte, Erling Vidkunssohn - nur so viel, daß, wenn Ihr Euch ihrer erinnertet, die alle jene bösen Jahre ertragen hat, ohne anderen Trost und Hilfe als Gott allein, daß Ihr da so vielen Menschen helfen wolltet - wie Ihr nur gekonnt hättet. Da Ihr nicht ihr helfen konntet. Wenn Ihr jemals bereut habt, daß Ihr an jenem Tag von Mandvik weggeritten seid und Halfrid allein in Herrn Finns Gewalt zurückgelassen habt...“
    „Aber ich habe es nicht!“ Erlings Stimme war jetzt schneidend. „Denn ich weiß, daß sie nie ... Aber ich glaube, das verstehst du nicht! Denn hättest du einen einzigen Augenblick völlig verstanden, wie stolz sie war, die Frau, die du zur Gemahlin bekamst“, er lachte vor Zorn, „dann hättest du dies nicht getan. Ich weiß nicht, was du weißt - aber du kannst es gern erfahren. Sie sandten mich, Haakon war in jener Zeit krank, um sie zu ihren Verwandten heimzuholen. Elin und sie waren wie Schwestern aufgewachsen, sie standen beinahe im gleichen Alter, obwohl Elin ihre Muhme war - wäre sie von Mandvik heimgekehrt, hätten wir einander täglich und stündlich begegnen müssen. Wir sprachen darüber, eine ganze Nacht lang saßen wir auf dem Altan des Drachenhauses - jedes Wort, das gesprochen wurde, können wir beide, sie und ich, am Jüngsten Tag vor Gott verantworten. Dann mag er uns sagen, warum es so sein mußte ...
    Obgleich Gott ja ihren frommen Sinn zum Schluß belohnte. Ihr einen guten Gemahl gab zum Trost für den vorherigen, solch einen jungen Burschen, wie du warst, der in ihrem eigenen Hof bei ihren Dienstmägden lag - und Halfrid seine Buhlenkinder aufziehen ließ“, er schleuderte das Knäuel zusammengeballten Mooses weg.
    Simon stand unbeweglich und stumm da. Erling riß wieder ein Stück Moos ab und warf es weg.
    „Ich tat so, wie sie mich hieß. Hast du genug gehört? Es gab keinen anderen Ausweg. Wo in der Welt wir einander auch begegnet wären, hätten wir - hätten wir... Ehebruch ist kein schönes Wort. Blutschande - ist noch häßlicher...“
    Simon bewegte den Kopf mit einem steifen kleinen Nicken.
    Er verstand selbst - es wäre lächerlich gewesen, das zu sagen, was er dachte. Erling Vidkunssohn war erst Anfang der Zwanziger gewesen, fein und höfisch, Halfrid hatte ihn so geliebt, daß sie an jenem Frühlingsmorgen gern seine Fußspur in dem betauten Gras des Hofplatzes hätte küssen mögen... Er, Simon selbst, war ein ältlicher, dickbäuchiger, häßlicher Bauer -und Kristin? Nie würde sie wohl auf den Gedanken verfallen, daß für irgendeine Seele Gefahr bestände, und wenn sie zwanzig Jahre zusammen in demselben Hofe lebten. Das hatte er nun doch gründlich verstehen gelernt...
    So sagte er leise, beinahe demütig:
    „Sie wollte es nicht verantworten, daß es dem unschuldigen Kinde, das ihre Magd von ihrem Manne bekommen hatte, einmal schlecht in der Welt ergehen sollte. Sie war es, die mich bat, so gut zu dem Kind zu sein, wie ich vermöchte. Oh, Erling Vidkunssohn - um Erlends armen und unschuldigen Weibes willen ... Sie grämt sich zu Tode ... Mich dünkt, ich dürfe keinen Stein ungewendet auf der Erde liegenlassen,

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