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Kristin Lavranstochter 1

Titel: Kristin Lavranstochter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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zerreißen willst, Kristin?“
    „Du willst mich ja auch nicht haben“, sagte Kristin.
    „Doch“, antwortete Simon kurz. „Wenn du es anders meinst, mußt du dich besser bedenken.“
    „Erlend Nikulaussohn und ich haben einander bei unserem christlichen Glauben gelobt“, sagte sie bebend, „daß - können wir einander nicht heiraten - keines von uns je einen Mann oder eine Frau zu eigen nennen soll.“
    Simon schwieg eine gute Weile. Dann sagte er mühsam:
    „Dann verstehe ich nicht, Kristin, was du meintest, als du sagtest, er habe dich weder verlockt noch dir etwas versprochen - er hat dich aus der Gemeinschaft aller deiner Verwandten gelockt. - Hast du daran gedacht, welche Art Gemahl du bekommen wirst, wenn du dich mit einem Mann verheiratest, der eines anderen Hausfrau zu seiner Buhlerin nahm - und nun will er eines anderen Mannes Braut zur Hausfrau nehmen.“ Kristin unterdrückte das Weinen, sie flüsterte stockend:
    „Das sagst du, um mir wehe zu tun.“
    „Glaubst du, ich wollte dir wehe tun?“ fragte Simon leise.
    „Es ist nicht so, wie es gewesen wäre, wenn du ...",sagte Kristin zaudernd. „Du wurdest auch nicht gefragt, auch du nicht, Simon - es waren dein Vater und mein Vater, die diesen Beschluß faßten. Es wäre anders gewesen, wenn du selbst mich gewählt hättest.“
    Simon hieb den Dolch in die Bank, so daß er darin fest stand.
    Bald darauf zog er ihn wieder heraus, versuchte ihn in die Scheide zurückzustecken, dies gelang ihm jedoch nicht, die Spitze war verbogen. So saß er da und ließ ihn wieder von der einen Hand in die andere wandern.
    „Du weißt selbst“, sagte er leise, mit einem Beben in der Stimme, „du weißt selbst, daß du jetzt lügst, wenn du es nun so drehen willst, daß ich nicht... Du weißt sehr gut, worüber ich gerne mit dir gesprochen hätte - jedesmal -, wenn du mir so begegnet bist, daß ich kein Mann gewesen wäre, hätte ich es sagen können - danach -, und wenn man es mit glühenden Zangen aus mir herausgerissen hätte...
    Zuerst glaubte ich, es sei dieser tote Junge. Ich dachte, ich müsse dir Frieden gönnen - du kanntest mich nicht -, mich dünkte, es wäre eine Sünde gegen dich, so bald danach. Nun sehe ich, du hast nicht lange Zeit gebraucht, um zu vergessen, nun - nun - nun ...“
    „Nein“, sagte Kristin still. „Ich verstehe dich, Simon. Nun kann ich nicht erwarten, daß du noch länger mein Freund sein willst.“
    „Freund!“ Simon lachte kurz und seltsam. „Hast du denn jetzt meine Freundschaft nötig?“
    Kristin wurde rot.
    „Du bist ein Mann, du“, sagte sie leise. „Und alt genug jetzt -du kannst wegen deiner Heirat selbst für dich handeln.“
    Simon sah sie scharf an. Dann lachte er wie vorher.
    „Ich begreife. Du willst, ich soll sagen, daß ich es bin, der... Ich soll die Schuld für diesen Wortbruch auf mich nehmen?
    Verhält es sich so, daß dein Wille unverrückbar ist - wagst du und willst du deine Sache durchführen -, dann werde ich tun, wie du willst“, sagte er leise. „Daheim bei meinen Leuten und vor allen deinen Verwandten - außer vor einem. Deinem Vater mußt du die Wahrheit sagen, wie sie ist. Wenn du willst, so werde ich ihm dein Anliegen Vorbringen und es so glimpflich für dich machen, wie ich kann - aber Lavrans Björgulvssohn soll wissen, daß ich niemals von einem Wort abgegangen wäre, das ich ihm gegeben habe.“
    Kristin umklammerte mit beiden Händen die Kante der Bank: dies traf sie härter als alles andere, was Simon Darre bis jetzt gesagt hatte. Bleich und angstvoll blickte sie zu ihm auf.
    Simon erhob sich.
    „Wir müssen nun hineingehen“, sagte er. „Ich denke, wir sind  alle beide ein wenig durchgefroren, und die Schwester sitzt dort und wartet mit dem Schlüssel. - Ich will dir eine Woche Zeit geben, um die Sache zu überdenken - ich habe einiges hier in der Handelsstadt zu tun. Ich werde hierherkommen und mit dir sprechen, ehe ich abreise, es wird dir wohl kaum darum zu tun sein, mich vorher zu sehen.“

8
    Kristin sagte sich, dies sei nun getan. Aber sie fühlte sich todmüde und aufgeschreckt und krank vor Sehnsucht nach Erlends Armen.
    Sie lag den größten Teil der Nacht wach da, und sie beschloß, etwas zu tun, woran sie früher nie zu denken gewagt hatte - Erlend eine Nachricht zu senden. Es war nicht leicht, jemand zu finden, der diesen Gang für sie unternehmen konnte. Die Laienschwestern gingen niemals allein aus, und sie kannte niemand, von dem sie sich denken konnte, daß

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