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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Simon, ob du in deinem Grabe weißt, daß du jetzt doch gerächt bist. . .
    Nein, jetzt hielt sie es nicht mehr aus, sie mußte sich eine Arbeit vornehmen. Sie machte das Bett fertig, suchte einen Lumpen und einen Besen, aber solche Dinge schien es in der Stube nicht zu geben. Sie warf einen Blick in die Kammer nebenan -jetzt begriff sie, warum es so sehr nach Stall roch. Erlend hatte den Raum dort für sein Pferd hergerichtet. Aber dort war es sauber. Sattel und Zaumzeug, die an der Wand hingen, waren in Ordnung und geschmiert, Risse im Leder waren geflickt.
    Wiederum spülte das Mitleid alle anderen Gedanken weg.
    Hatte er Ruß, sein Pferd, hier, weil er es nicht ertrug, so ganz allein im Hause zu sein?
    Kristin hörte, daß jemand in den Rundgang trat, sie ging ans Fenster. Es war undurchsichtig vor Staub und Spinnweben, aber sie glaubte eine Frau zu unterscheiden. Da zog sie die Lumpen heraus und sah hinaus. Eine Frau stellte einen Milcheimer hin und einen kleinen Käse daneben. Sie war ziemlich alt, hinkte, sah häßlich und ärmlich gekleidet aus. Kristin war sich selbst kaum bewußt, wie erleichtert sie aufatmete.
    Sie räumte die Stube auf, so gut sie konnte. An dem einen Balken an der Langwand fand sie die Inschrift, die Björn Gunnarssohn dort angebracht hatte - es war Lateinisch, so daß sie nicht alles lesen konnte, aber er nannte sich sowohl Dominus als auch Miles, und sie las den Namen seines Erbhofes im Elvegau, den er um Aashild Gautestochter willen verloren hatte. Zwischen den feinen Schnitzereien am Hochsitz war sein Wappenzeichen mit dem Einhorn und den Seerosenblättern angebracht.
    Eine Weile nachher glaubte Kristin draußen ein Pferd zu hören. Sie trat in die Vorstube und schaute hinaus.
    Aus dem Laubwald oberhalb des Hofes kam ein großer schwarzer Hengst, vor eine Holzlast gespannt. Erlend ging nebenher und hielt die Zügel. Oben auf dem Holz saß ein Hund, ein paar andere sprangen rings um die Last herum.
    Ruß, der Kastilier, legte sich in die Riemen und zog den Holzschlitten über das Gras des Hofplatzes. Einer der Hunde kam bellend über die Wiese herabgesprungen. Erlend, der angefangen hatte auszuspannen, merkte jetzt an den Hunden, daß es irgend etwas Ungewöhnliches geben mußte. Er nahm die Holzaxt und ging zum Wohnhaus.
    Kristin floh wieder in die Stube zurück und ließ die Tür hinter sich zufallen. Sie drückte sich an die Ofenwand, stand zitternd da und wartete.
    Erlend trat ein, die Axt in der Hand, und vor ihm und hinter ihm sprangen die Hunde über die Türschwelle. Sie fanden den Gast sofort und bellten laut.
    Das erste, was Kristin sah, war die Blutwelle, die sein Gesicht überzog, jung und rot. Das lebendige Beben um seinen feinen und weichen Mund, die großen Augen tief im Schatten der Brauen . ..
    Sein Anblick raubte ihr den Atem. Wohl sah sie die alten Bartstoppeln in seinem Gesicht, sah, daß sein ungepflegtes Haar eisengrau war, aber die Farbe kam und ging hastig auf seinen Wangen, wie damals, als sie jung waren - er war so jung und so schön, als habe nichts ihn zu beugen vermocht.
    Er war schlecht gekleidet: das blaue Hemd war schmutzig und zerfetzt; darüber trug er ein Lederwams, verschrammt und aufgerauht und mit ausgerissenen Schnürlöchern, aber es schmiegte sich den anmutigen und kräftigen Bewegungen des Körpers eng und weich an. Die straffe Lederhose war über dem einen Knie geplatzt und am anderen Bein in der Naht zerrissen. Und dennoch hatte er nie mehr wie ein Nachkomme von Fürsten und Würdenträgern ausgesehen als jetzt. Wie ruhig und schön bewegte er seine hohe schlanke Gestalt mit den breiten, ein wenig vorgebeugten Schultern, die langen feinen Glieder -er stand da, das Gewicht auf dem einen Fuß, eine Hand in den Gürtel gesteckt, der seine schlanke Mitte umschloß, die andere mit der Axt herabhängend.
    Er hatte die Hunde zu sich gerufen, stand da und sah Kristin an, wurde rot und bleich und sagte nichts. Eine gute Weile schwiegen sie beide. Endlich sagte der Mann mit ein wenig unsicherer Stimme:
    „Bist du hierhergekommen, Kristin?“
    „Ich wollte doch gerne sehen, wie es dir hier geht“, antwortete sie.
    „Ja, das hast du nun gesehen.“ Er ließ den Blick durch die Stube wandern. „Du siehst, es geht mir erträglich hier - es trifft sich gut, daß du heute kommst, wo es aufgeräumt und schön bei mir ist...“, er wurde den Schatten eines Lächelns auf ihrem Gesicht gewahr. „Oder hast vielleicht du hier aufgeräumt?“ fragte er und

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