Kristin Lavranstochter 2
Ehre und seine Gewalttat sechzehn Mark in Gold angeboten - das war die gleiche Buße, die Helges Bruder für das Leben seines Sohnes erhalten hatte. Und er erklärte sich bereit, um Jofrid bei ihrem Vater anzuhalten und ihr eine geziemende Zugabe und Morgengabe zu schenken, Helge aber sollte dafür sich mit ihm und der Tochter völlig aussöhnen, so daß sie die gleiche Mitgift bekäme wie ihre Schwestern und auch mit ihnen erbberechtigt wäre. Herr Sigurd bot im Namen der Verwandten Gautes Bürgschaft dafür, daß Gaute den Vergleich einhalten würde. Helge Duk schien sofort bereit, auf dieses Angebot einzugehen, aber seine Schwiegersöhne Olav Piper und Nerid Kaaressohn, Aasas Verlobter, erhoben Einspruch und sagten, Gaute sei der frechste aller Männer, wenn er sich erdreiste, selbst die Bedingungen zu stellen für seine Heirat mit einem Mädchen, das er in Schande gebracht habe, während es auf dem Hof ihres Schwagers lebte, und das er nachher vergewaltigt habe - und noch zu verlangen, daß sie ebenso wie ihre Schwestern erbberechtigt sein solle.
Es war leicht zu sehen, sagte Jammaelt, Gaute selbst behagte es wenig, daß er nun um den Preis handeln sollte, um ein junges Mädchen aus vornehmer Sippe heiraten zu können, das er entführt und das ihm jetzt einen Sohn geboren hatte. Aber er hatte die Lektion wohl auswendig gelernt, so daß er sie nicht aus einem Buch vorzulesen brauchte, das war auch leicht zu merken.
Mitten in diese Unterredung - während die Freunde von beiden Seiten zu vermitteln versuchten - trat Jofrid mit dem Kind auf dem Arm unter die Männer. Da brach ihr Vater zusammen und konnte die Tränen nicht zurückhalten. So wurde denn alles so abgemacht, wie sie es wollte.
Gaute hätte die Buße niemals bezahlen können, das war klar, aber Jofrids Mitgift wurde so angesetzt, daß es sich ausglich. Eigentlich also fiel nun der Handel so aus, daß Gaute Jofrid nahm und nicht viel mehr mit ihr erhielt als das, was sie in ihren Säcken gebracht hatte, als sie auf den Hof kam, er aber ihr den größten Teil seines Besitzes als Zugabe und Morgengabe verbriefte und seine Brüder ihre Zustimmung dazu gaben. Später einmal aber würde er großen Reichtum durch sie gewinnen, wenn die Ehe nicht etwa kinderlos bliebe, lachte Ivar Gjesling, und die Männer lachten mit; aber Kristin wurde feuerrot, denn Jammaelt saß da und hörte alle die groben Späße, die jetzt fielen.
Am Tag darauf warb Gaute Erlendssohn um Jofrid Helgestochter, und danach feierte sie ihren Kirchgang mit den gleichen Ehren, als wäre sie die Hausfrau - Sira Dag sagte, dazu sei sie jetzt berechtigt. Dann zog sie mit dem Kind nach Sundbu und lebte bis zur Hochzeit unter Herrn Sigurds Schutz.
Die Hochzeit fand einen Monat darauf statt, gleich nach der Jonsmesse; sie war schön und prächtig. Am Morgen darauf übergab Kristin Lavranstochter mit großer Feierlichkeit die Schlüssel ihrem Sohn, und Gaute befestigte den Schlüsselbund am Gürtel seiner Frau.
Danach hielt Herr Sigurd Eldjarn ein großes Gastgelage auf Sundbu ab, wobei die Freundschaft zwischen ihm und seinen Geschwisterkindern, den früheren Männern auf Sundbu, feierlich beschworen und besiegelt wurde. Herr Sigurd verschenkte mit offenen Händen von den Kostbarkeiten, die es auf dem Hof gab, schenkte den Gjeslingern sowohl als auch allen Gästen je nach Verwandtschaft oder Freundschaft - Trinkhörner, Tischgerät, Schmuckstücke, Waffen, Pelzwerk und Pferde. So urteilten dann die Leute, Gaute Erlendssohn habe den Streitfall mit seinem Brautraub zum ehrenvollsten Ende geführt.
4
An einem Sommermorgen im Jahr darauf stand Kristin draußen im Rundgang der alten Feuerstube und kramte dort in ein paar Truhen mit Geräten. Als sie hörte, daß einige Pferde auf den Hofplatz hinausgeführt wurden, trat sie vor und sah zwischen den kleinen Säulen des Rundgangs hinaus. Einer der Knechte führte zwei Pferde, und in der Stalltüre kam Gaute zum Vorschein; das Kind Erlend saß rittlings auf den Schultern des Vaters. Das kleine helle Gesicht ragte über den goldenen Schopf des Mannes empor, und Gaute hielt die Händchen des Knaben in seiner großen braunen unter dem Kinn fest. Er gab das Kind einer Magd, die gerade über den Hofplatz kam, und stieg zu Pferd. Als aber Erlend schrie und die Arme nach dem Vater ausstreckte, nahm Gaute ihn wieder und setzte ihn vor sich in den Sattel. In diesem Augenblick kam Jofrid aus dem Wohnhaus.
„Willst du Erlend mitnehmen - wo reitest du denn
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