Kristin Lavranstochter 2
Pferdestalls, und war zu beiden Seiten mit anderen Häusern eng zusammengebaut. Kristin lief in den Rundgang der Feuerstube und holte dort ein Beil und einen Brandhaken, als sie aber um die Stallecke kam, sah sie kein Feuer, sondern nur eine Unmenge Rauch, der aus einem Loch im Dach des Ziegenstalls hervorquoll. Ivar saß oben auf dem First und hieb auf das Dach ein, Skule und Lavrans waren drinnen im Haus und rissen große Stücke vom Dach herunter, trampelten darauf herum und zertraten das Feuer. Jetzt kamen auch Erlend, Ulv und die anderen Männer, die sich in der Schmiede aufgehalten hatten - Munan war mit seinem Warnungsruf dorthin gelaufen, und nun war das Feuer schnell gelöscht. Aber es hätte leicht das größte Unglück geschehen können - der Abend war still und warm, jedoch ab und zu mit einem leisen Hauch aus dem Süden, und hätte das Feuer im Ziegenstall sich zur Flamme entwickeln können, wären wohl alle Häuser rings um den nördlichen Hofplatz, der Stall, die Vorratshäuser und die Wohnhäuser davon ergriffen worden.
Ivar und Skule waren oben auf dem Dach des Stalles gewesen, sie hatten einen Habicht in der Schlinge gefangen und wollten ihn gerade oben am Firstkreuz aufhängen - da verspürten sie den Geruch von Brand und sahen den Rauch aus dem Dach aufsteigen. Sie sprangen sofort hinunter und begannen mit den kleinen Äxten, die sie bei sich hatten, auf den glühenden Wasen einzuhauen, während sie Lavrans und Munan, die in der Nähe spielten, wegsandten, den einen, um Haken zu holen, den anderen zur Mutter. Glücklicherweise waren Sparren und Balken des Daches sehr verfault. Trotzdem aber hatten zweifelsohne die Zwillinge diesmal den Hof ihrer Mutter gerettet, indem sie sofort anfingen, das brennende Dach herunterzureißen, und nicht erst Zeit damit verloren, die Erwachsenen zu Hilfe zu holen.
Wie das Feuer entstanden war, ließ sich nicht recht erklären, wenn nicht die Schuld daran lag, daß Gaute einige Zeit vorher auf diesem Weg Glut zur Schmiede getragen hatte; und er gab auch zu, daß sein Gefäß nicht zugedeckt gewesen war - so war wohl ein Funke auf das strohtrockene Grasdach geflogen.
Indessen wurde, als Ulv die Brandwache übernahm und das ganze Gesinde ihm während der Nacht Gesellschaft leistete und Kristin ihnen starkes Bier und Met hinaustragen ließ, weniger hiervon gesprochen als von der Tüchtigkeit der Zwillinge und Lavrans’. Alle drei hatten Brandwunden an Händen und Füßen davongetragen - ihr Schuhwerk war so heiß geworden, daß es in Stücke brach. Der kleine Lavrans war erst neun Jahre alt, so daß es ihm schwerfiel, die Schmerzen auf die Dauer in Geduld zu ertragen, aber er war von Anfang an der Stolzeste, wie er so mit seinen verbundenen Händen umherging und sich von den Leuten des Hofes loben ließ. - In dieser Nacht preßte Erlend sein Weib an sich, als sie sich schlafen gelegt hatten.
„Kristin, Kristin - klage nicht so über deine Kinder. Siehst du denn nicht, Liebste, welch guter Kern in unseren Söhnen steckt? Immer gebärdest du dich um dieser beiden raschen Burschen willen, als meintest du, ihr Weg liege zwischen dem Galgen und dem Block. Jetzt dünkt mich, du solltest deine Freude an ihnen genießen, als Entgelt für alle Schmerzen und Leiden und Mühen in den Jahren, in denen du stets ein Kind unterm Herzen, ein Kind an der Brust und ein Kind auf dem Arm hattest - damals mochtest du von nichts anderem reden als von deinen kleinen Rotznasen, und jetzt, seitdem sie verständig und männlich geworden sind, bewegst du dich zwischen ihnen, als seist du taub und stumm, vermagst kaum zu antworten, wenn sie mit dir sprechen. Gott steh mir bei, es ist, als liebtest du sie weniger, jetzt, da du um der Kinder willen nicht mehr geplagt bist und unsere schönen, gutgeratenen Söhne dir nur zu Nutzen und Freude gereichen.“
Kristin konnte sich nicht aufraffen, ein Wort zu erwidern.
Sie lag da und vermochte keinen Schlaf zu finden. Und gegen den Morgen zu stieg sie leise über den schlafenden Mann hinweg und trat mit bloßen Füßen zu dem Lichtloch, das sie öffnete.
Der Himmel war graubedeckt und die Luft: kühl - weit unten im Süden, wo die Berge sich zusammendrängten und das Tal versperrten, strömte der Regen hernieder. Die Hausfrau stand eine Weile da und sah hinaus - es wurde stets so heiß und erstickend hier im Dachraum, wo sie den Sommer über schliefen. Mit diesem Zug von Feuchtigkeit, der in der Luft hing, wurde der Heuduft so stark und süß zu
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