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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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Trotzdem aber bereitete es ihm Spaß, von dem Abenteuer der Knaben zu hören; seitdem erzählte er Ivar und Skule oft von seinen Fahrten im Norden und was er dort von den Sitten dieser Leute gesehen hatte, und er redete mit den Knaben in der häßlichen und heidnischen Sprache dieses Volkes.
    Im übrigen wies Erlend seine Kinder fast nie zurecht und zog es immer ins Lustige hinüber, wenn Kristin sich über die Wildheit der Zwillinge beschwerte. Daheim auf dem Hof stellten sie gar vielerlei an, obgleich sie sich sehr gut nützlich machen konnten, wenn sie mußten - ungeschickt wie Naakkve waren sie nicht. Aber oft, wenn die Mutter sie mit einer Arbeit beauftragt hatte und dann kam, um nachzusehen, wie es ging, lagen die Gerätschaften da, und die Knaben standen beim Vater und ließen sich von ihm zeigen, wie die Seeleute Knoten schlagen oder dergleichen.
    Lavrans Björgulvssohn hatte oft, wenn er über der Tür zum Stall oder an anderen Häusern mit Teer ein Kreuz malte, mit dem Pinsel noch ein paar Zeichen außen herum gemalt - einen Kreis darum gezogen oder durch jeden Kreuzesarm einen Strich gemacht. Eines Tages fiel es den Zwillingen ein, eines dieser alten Kreuzzeichen als Zielscheibe zu nehmen. Kristin geriet außer sich vor Verzweiflung und Zorn über solch heidnisches Vorgehen, aber Erlend verteidigte die Kinder - sie seien doch so jung, man könne von ihnen nicht erwarten, daß sie immer an die Heiligkeit des Kreuzes dächten, sooft sie es über einer Stalltür oder auf einem Kuhrücken sähen. Die Knaben sollten zum Kreuz auf dem Kirchenhügel hinaufgehen, niederknien und es küssen und dazu fünf Paternoster und fünfzehn Ave beten -und hol mir um dieser Geschichte willen nicht Sira Solmund auf den Hof! Diesmal aber fand die Mutter Unterstützung bei Björgulv und Naakkve, der Priester wurde geholt, besprengte die Wand mit Weihwasser und züchtigte die beiden Sünder mit großer Strenge.
    Sie gaben Kristins Stieren und Böcken Schlangenköpfe zu fressen, damit sie rauflustig würden. Sie neckten Munan, weil er immer noch der Mutter am Rockschoß hing, und Gaute, denn mit ihm vertrugen sie sich am allerschlechtesten - im übrigen hielten die Erlendssöhne in schönster Bruderliebe zusammen. Aber es kam vor, daß Gaute sie packte und verprügelte, wenn sie es zu weit trieben. Ihnen mit Worten zuzureden war nicht anders als an die Wand gesprochen - und wenn die Mutter heftig wurde, so standen sie steif da, mit geballten Fäusten, und schielten sie mit funkelnden Augen und hochgezogenen Brauen an, feuerrot vor Zorn. Kristin dachte daran, was Gunnulv von Erlend erzählt hatte - er hatte als Kind dem Vater das Messer nachgeworfen und mehrere Male die Hand gegen ihn erhoben. Dann schlug sie die Zwillinge und schlug hart, denn in ihr stieg die Furcht auf - wie würde es mit diesen ihren Kindern enden, wenn sie nicht rechtzeitig gezähmt wurden?
    Simon Darre war der einzige, der über diese beiden Wildfänge einige Macht besaß - sie liebten den Oheim und wurden stets gefügig, wenn er sie, gutgelaunt und ruhig, zurechtwies. Nun aber, da sie ihn nicht mehr sahen, schienen sie ihn doch nicht zu entbehren, wenigstens konnte die Mutter das nicht bemerken. Betrübt dachte Kristin, wie treulos ein Kinderherz doch sei.
    Und insgeheim wußte die Mutter, daß sie dennoch gerade auf diese beiden Söhne fast am stolzesten war. Sie meinte, wenn es ihr gelänge, diesen argen Trotz und diese Wildheit zu brechen, wäre keiner der Brüder so vielversprechend wie diese beiden. Sie waren gesund und körperlich gut begabt, unerschrocken, wahrheitsliebend, gebefreudig, freundlich zu allen Armen und hatten schon mehrere Male eine Gewandtheit und eine Geistesgegenwart bewiesen, die ihr alles weit zu übertreffen schienen, was man von so jungen Burschen erwarten konnte.
    Eines Abends in der Heuernte war Kristin noch spät im Küchenhaus, als Munan hereingestürzt kam und schrie, es brenne im alten Ziegenstall. Keiner von den Männern war daheim -einige hielten sich in der Schmiede auf und schärften ihre Sensen, die übrigen waren zur Brücke hinaufgegangen, wo die Jugend sich an den Sommerabenden zu versammeln pflegte. Kristin nahm ein paar Eimer und lief hinaus, während sie ihren Mägden zurief, daß sie ihr folgen sollten.
    Der Ziegenstall war eine kleine alte Balkenhütte, deren Dach bis an den dahinterliegenden Hang reichte, und sie lag in der engen Gasse zwischen dem Hofplatz und dem Stallplatz, gerade vor der Langwand des

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