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Kristin Lavranstochter 2

Titel: Kristin Lavranstochter 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Undset
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konnte.
    Erlend lachte, als sie ihm erzählte, wie böse Naakkve mitgespielt worden war - es war an einem Abend, sie saß draußen auf dem Rasenplatz und spann, und Erlend kam herbei und streckte sich an ihrer Seite im Gras aus.
    „Das ist doch noch kein Unglück“, erklärte der Vater, „weit eher dünkt mich, der Junge hat die Lehre, daß ein Mann den Weibern nicht trauen darf, billig bezahlt.“
    „Und das sagst du?“ fragte seine Frau. Ihre Stimme bebte vor unterdrücktem Groll.
    „Ja ..Erlend lächelte. „Als ich dich zum ersten Male traf, glaubte ich doch von dir, du seiest ein so sanftes Mädchen, daß du kaum von einem Stück Käse herunterbeißen könntest. Schmiegsam wie ein Seidenband und sanft wie eine Taube -aber da hast du mich schön zum Narren gehalten, Kristin ...“
    „Was meinst du, wie es für uns alle aussähe“, erwiderte sie, „wäre ich so weich und sanft gewesen?“
    „Nein..." Erlend ergriff ihre Hand, so daß sie in der Arbeit innehalten mußte; strahlend froh lächelte er zu ihr auf. Dann legte er den Kopf in ihren Schoß. „Nein, ich wußte nicht, du meine Süße, welches Glück Gott mir bescherte, als er dich mir in den Weg führte - Kristin!“
    Da sie immer und ewig sich Zwang antun mußte, um ihre Verzweiflung über Erlends unveränderliche Sorglosigkeit zu verbergen, konnte es geschehen, daß der Zorn sie überwältigte, wenn sie ihre Söhne züchtigen mußte; dann wurde ihre Hand hart und ihre Sprache heftig. Ivar und Skule bekamen dies am meisten zu fühlen.
    Sie standen jetzt im schlimmsten Alter, im dreizehnten Jahr, und waren so wild und eigenmächtig, daß Kristin oft ganz verzagt dachte, ob wohl je eine Mutter in Norwegen zwei solche Racker geboren habe. Schön waren sie wie alle ihre Kinder, mit seidenweichem und gelocktem schwarzem Haar, blauen Augen unter schwarzen Brauen, schmalen und feingeformten Gesichtern. Sie waren sehr groß für ihr Alter, aber noch schmalschultrig mit langen hageren Gliedmaßen - die Gelenke standen wie Knoten an einem Strohhalm heraus. Sie sahen einander so ähnlich, daß jedermann außerhalb des Hofes sie miteinander verwechselte, und im ganzen Tal nannte man sie die Jörundhofsschwerter - dies sollte kein Ehrenname sein. Simon hatte sie zum erstenmal im Scherz so genannt, denn Erlend hatte jedem von ihnen ein kleines Schwert geschenkt, und diese kleinen Schwerter gaben sie nun nie aus der Hand, außer wenn sie zur Kirche gingen. Kristin war wenig erfreut über dieses Geschenk und auch nicht darüber, daß die Knaben stets mit Äxten, Speeren oder Bogen spielten; sie fürchtete, diese heftigen Kinder könnten sich damit ins Unglück bringen. Erlend aber sagte nur kurz, sie seien jetzt so alt, daß sie sich daran gewöhnen müßten, mit Waffen umzugehen.
    Die Mutter lebte in beständiger Angst um diese Zwillingssöhne. Wenn sie nicht wußte, wo sie steckten, rang sie heimlich die Hände und betete zur Jungfrau Maria und zu Sankt Olav sie möchten ihr doch die Kinder lebend und heil zurückbringen. Sie kletterten in den Bergen durch Klüfte und über Steilhänge, die noch kein menschlicher Fuß betreten hatte, sie plünderten
    Adlernester und kamen mit häßlichen, gelbäugigen, fauchenden Adlerjungen im Kittel heim, sie kletterten beim Fischen in den Felsen der Rostklamm umher, dort, wo das Wasser von Stufe zu Stufe schäumend hinunterstürzt; einmal war Ivar im Steigbügel fast zu Tode geschleppt worden - er wollte versuchen, einen halbgezähmten Junghengst zu reiten, und Gott mochte wissen, wie die Knaben es zuwege gebracht hatten, ihm einen Sattel aufzulegen. Ohne Anlaß, aus reiner Neugierde hatten sie sich in die Lappengamme im Toldstadwald gewagt - sie hatten von ihrem Vater ein paar Worte der Samesprache gelernt, und als sie nun die Lappenhexe mit diesen Worten begrüßten, wurden sie von ihr mit Essen und Trinken bewirtet, und sie aßen sich auch toll und voll, obgleich es ein Fasttag war. Und Kristin hatte doch stets so streng darauf geachtet, daß die Kinder an den Tagen, an denen die Erwachsenen fasteten, sich mit wenig Essen begnügten und nur solche Speisen bekamen, die sie nicht mochten - denn so war sie selbst von ihren Eltern gehalten worden, als sie noch klein war. Da endlich einmal nahm jetzt auch Erlend sich seine Söhne ernstlich vor, verbrannte die guten Sachen, die das Lappenweib ihnen mitgegeben hatte, während er ihnen streng verbot, je wieder bis an den Rand jenes Waldes zu gehen, in dem die Lappen hausten.

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