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Kristina, vergiß nicht

Kristina, vergiß nicht

Titel: Kristina, vergiß nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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tausend Zahlen im Kopf. Aus der Geologie, wie das war auf der Erde vor fünf Millionen Jahren. Sie sprechen besser russisch als wir. Wenn sie nicht wollen, dass wir sie verstehen, sprechen sie schnell. Verstehst du? Sie zeigen uns jeden Abend im Jugendclub ein paarmal, dass wir Dummköpfe sind. Jetzt zeigen wir’s denen.«
    »Ihr spinnt. Du weißt genau, Stanek und du, ihr hättet auf der Schule bleiben können, wenn ihr es gewollt hättet.«
    »Ich bin nicht für die Schule geboren. Ich werd verrückt, wenn ich den ganzen Tag mit dem Hintern auf dem Holz herumrutschen muss«, knurrte Janec und schwang die Hacke.
    »Und ewig diese Schleimerei«, redete sich Stanek in Eifer.
    »Musst dem Lehrer nach den Augen sehen. Überlegst dir, wie du an die Matheergebnisse deiner Nachbarin kommst. Das ist nichts für mich.«
    »Na, dann zeigt es den Schülern«, seufzte Kristina und hielt sich ihr Kreuz.
    Stanek ahnte, wie ihr zumute war. »Haut dich um, was?«, grinste er.
    Kristina biss die Zähne zusammen, ließ es sich aber doch gern gefallen, dass er ihr die Bündel mit Stecklingen heranschleppte und ihr beim Festtreten half.
    Am späten Nachmittag pflanzten sie jenseits der Hügelkuppe und konnten die anderen nicht mehr sehen.
    »Die letzten fünfzig«, sagte Stanek und warf das Bündel von seiner Schulter auf den Boden. »Der Wagen ist leer. Morgen erst kommen neue Bäume.«
    »Vielleicht reichen die bis zum Waldrand?«, vermutete Janec und maß den Abstand von Pflanzloch zu Pflanzloch etwas größer.
    Andrzej rief von der Hügelkuppe her: »Ihr seid reif für einen Orden. Ihr könnt ja schuften wie ein paar Ochsen.«
    Das größte Lob aber erteilte ihnen der Waldarbeiter, als er nicht glauben wollte, dass sie zum ersten Male in ihrem Leben Bäume gepflanzt hatten.
    »Vierhundert am ersten Tag, das ist sehr gut!«, sagte er.
    »Deutsche Tüchtigkeit«, stichelte einer und verdarb ihnen die Freude an ihrer Leistung gründlich.
    Die Ladefläche des Pferdewagens war viel zu eng für alle. Es gab ein wenig Gerangel, wer fahren durfte und wer laufen musste. Endlich jedoch legten sich die beiden Pferde ins Geschirr und fielen in einen schnellen Trab. Kristina und Janina hatten ihren Platz dicht hinter dem Kutscher. Bald bog der Wagen in ein breitflächiges Tal ein. Birkengehölz und Krüppelkiefern bedeckten den Boden. Von ferne schon sahen sie die grauen Gebäude, die ihr Quartier für die Nacht sein sollten.
    Ein quadratischer Platz wurde links und rechts von flach gedeckten Baracken begrenzt. Der aus Stämmen fest gefügte Mittelbau an der hinteren Seite des Hofes trug ein Pyramidendach und ragte wie ein wuchtiger Turm über die anderen Gebäude hinaus. Ihr Gepäck fanden sie neben dem Eingang des größeren Hauses aufgestapelt.
    Sie nahmen es auf und betraten die weite Eingangshalle. Wände und Decke waren mit Brettern verschalt. Blank gescheuert und mit einem Schleier aus feinem, weißem Sand bestreut, schimmerte der Boden aus Kiefernholz. Ein mächtiger, aus roten Ziegeln aufgemauerter Kamin nahm beinahe die ganze Stirnwand ein. Holzscheite lagen hoch gestapelt. Im Feuerloch warteten Späne und trockene Zapfen darauf, angezündet zu werden. »Stellt euch bitte dort an die Wand«, rief der Leiter. Es dauerte eine ganze Weile, bis er mit der Aufstellung zufrieden war und fortfuhr: »Dies ist ein schönes Jugendhaus, wie ihr selbst seht. Es kann nur schön bleiben, wenn ihr es genauso verlasst, wie ihr es angetroffen habt.« Dann erklärte er: »Der Schlafsaal der Mädchen liegt rechts, der der Jungen links in den Flügelgebäuden. Die Küche ist hier im Mittelbau. Und nochmals«, er blickte streng die Reihen der Mädchen entlang, »das Rauchen ist verboten! Die Schlafstätten sind feuergefährlich. Macht keinen Unsinn.«
    Inzwischen kamen auch die Fußgänger heran. Alle trugen ihre Bündel in die Schlafräume.
    »Feuergefährlich, das stimmt«, murrte Basia und stieß mit dem Fuß in das Stroh, das zu beiden Seiten eines Mittelganges aufgeschüttet war und die einzige Bequemlichkeit dieses Raumes darstellte.
    »Gut, dass Großmutter mir die dicke Wolldecke aufgeschwätzt hat«, sagte Kristina und breitete die Decke auf ihrem Schlafplatz aus, raffte Stroh für ein Kopfpolster zusammen und probierte die Lagerstatt. »Ganz prima«, urteilte sie.
    Basia war weniger zufrieden.
    Sie meckerte: »Elender Stall.«
    »Hast du ein Hotel erwartet?«, fuhr Klara sie an.
    »Habt ihr euch schon erkundigt, wo die nächste Kirche ist?«,

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