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Kristina, vergiß nicht

Kristina, vergiß nicht

Titel: Kristina, vergiß nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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fragte Basia.
    »Du spinnst«, antwortete Klara. »Hier gibt es weit und breit nur Wald und Busch und Sand.«
    »Dann muss uns eben der Bus hinfahren«, erwiderte Basia. »Jedenfalls gehe ich sonntags in die Kirche.«
    Klara zuckte die Schultern. »Schön blöd«, sagte sie. »Fragt dich sicher die Mutter danach, was?«
    »Das ist mir gleichgültig. Aber schnuppe ist mir auch, was du dazu sagst. Ich gehe am Sonntag zur Kirche und damit basta.«
    Einige Mädchen stimmten ihr zu, andere fanden Basias Sturheit übertrieben.
    Sie kehrte in die Halle zurück. Im Kamin brannte bereits ein mächtiges Feuer. Die Wärme tat gut. Der Küchendienst hatte Kaffee gekocht. Sie setzten sich auf die Stühle im Halbkreis um das Feuer, aßen Brote und schlürften den heißen, süßen Kaffee.
    Basia lehnte sich zurück und seufzte:
    »Das hat gut getan.«
    Aber das Mahl hatte sie keineswegs friedlich gestimmt. »Wie ist das mit der Kirche morgen?«, fragte sie den Leiter. »Bringt der Bus uns hin?«
    »Die nächste Kirche ist acht Kilometer weit weg von hier. Das ist weit. Der Bus kommt erst morgen Nachmittag und holt uns wieder ab«, antwortete der Leiter.
    »Mist!«, sagte Basia. »Um acht wird die Messe sein. Dann müssen wir früh aufbrechen.«
    »Acht Kilometer? Das ist zu weit!«, sagte Stanek und sprach damit aus, was die meisten dachten.
    Janec, der seine Tasche vor sich auf den Knien hatte, sagte: »Ob acht Kilometer oder achtzig Meter, der Sonntag ist für mich zum Ausschlafen da.«
    »Zur Messe musst du gehen, das ist nun mal so«, beharrte Basia.
    »Für Frauen ist das vielleicht was, Basia. Wenn ich das schon höre: Du musst jeden Sonntag zur Kirche. Du musst dir die Haare schneiden lassen, du musst zum politischen Abend, du musst deine Schuhe abputzen, du musst, du musst, du musst. Damit machen sie dich fertig. Jeden schleifen sie so lange, bis er genauso ist, wie sie selber sind. Guter Katholik. Verdientes Mitglied der Partei. Tüchtiger Arbeiter. Treuer Familienvater. Einer wie der andere. Nee, ohne mich.«
    »Ich gehe nicht, weil andere das wollen, sondern weil ich das will«, sagte Basia.
    »Na, wenn es dir Spaß macht, dann lauf doch«, gab sich Janec zufrieden.
    »Es ist nicht aus Spaß. Das hat überhaupt nichts zu tun mit Lust und Laune. Es ist ganz einfach eine Frage der Gemeinschaft. Ich gehöre zur Kirche.«
    »Hört, hört«, warf der Leiter ein.
    Basia ließ sich nicht beirren. »Ein Gesetz haben sich die Katholischen gegeben: sonntags zur Kirche. Es ist eine Frage der Gemeinschaft.«
    »Wer hat gegeben? Dummerchen . . .«, sagte Janec.
    »Nenn mich nicht ›Dummerchen‹, du eingebildeter Pinsel. Ich habe Ja dazu gesagt und dabei bleibe ich.« Basias Augen blitzten kampfeslustig.
    »Schon gut, schon gut, reg dich nicht auf.« Janec drehte seinen Stuhl von Basia weg und zog den Verschluss seiner Tasche auf.
    »Also gut«, sagte der Leiter. »Wir fangen morgen um neun mit der Pflanzerei an. Wer unbedingt zur Kirche rennen will, der soll eben später kommen.«
    Janec machte es spannend.
    Betont langsam griff er in die blaue Wachstuchtasche und holte wie selbstverständlich ein schwarz und silbern funkelndes Transistorgerät heraus.
    »Tut der’s?«, fragte Klara misstrauisch.
    Janec zog die Antenne heraus und drehte an den Knöpfen. Klar und laut schallte Musik durch den Raum.
    »Mensch!«, staunte Andrzej. »Tolles Gerät.«
    »Japanisch«, erläuterte Janec. »Sechzehn Transistoren.«
    »Woher hast du das?«, fragte Kristina.
    »Vater hat’s mir zum Geburtstag über Alimex geschickt. Kriegst sogar Radio Luxemburg und Baden-Baden rein.«
    Alle drängten sich um Janec. Basia war immer noch wütend, teils auf Janec, teils aber auf sich selber, weil sie keine besseren Argumente für das gefunden hatte, was ihr so viel bedeutete.
    Aber bei dem schönen Klang des Transistors vergaß sie ihre schlechte Laune. Als Janina sie fragte: »Was sagst du dazu?«, antwortete sie: »Toll. Wir können tanzen!«
    Der Vorschlag wurde begeistert aufgegriffen. Sie stapelten die Stühle an den Wänden entlang. Andrzej wollte Basia auffordern, doch Janec war schneller.
    »Darf ich bitten?«, fragte er übertrieben höflich.
    Basia stand auf und tanzte mit ihm.
    Er tanzte sicher und wiegte sich im Rhythmus der Musik.
    »Du bist doch in Mathe ein As«, neckte Janec sie. »Beweis mir das mit dem Glauben!«
    »Ach, hör auf. Wenn ich’s dir beweisen könnte, wär ja der Glaube nicht nötig.«
    »Ja, lassen wir’s. Ich find dich

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