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Kristina, vergiß nicht

Kristina, vergiß nicht

Titel: Kristina, vergiß nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Faehrmann
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Skoronow und den Dörfern rundum.
    Kurz nach Mittag, der Bus war inzwischen auf einen holprigen Waldweg eingebogen, hielten sie am Fuße eines flachen Hügels. Weit in der Ferne wurde er von einem alten Fichtenbestand begrenzt.
    »Hier soll die Schonung angelegt werden«, sagte der Fahrer. »Der Förster wollte mit den Stecklingen auf uns warten.« Er schloss mit dem Vierkantschlüssel den Gepäckraum auf. »Lasst euer Gepäck im Wagen. Holt nur das Werkzeug heraus. Eure Quartiere sind etwa zwei Kilometer von hier. Ich lege eure Sachen dort ab. Ihr braucht dann nichts zu schleppen.«
    Der Bus rumpelte den Weg zurück. Die Mädchen und jungen Männer hockten sich auf die glatten Stämme, die am Wegrand auf ihren Abtransport warteten. Weit und breit war nichts von Stecklingen und vom Förster zu sehen. Der Leiter marschierte ärgerlich hin und her.
    »Was trägst du denn so vorsichtig wie rohe Eier in deiner Tasche?«, fragte Andrzej und stieß Janec an.
    »Wirst schon sehen«, tat der geheimnisvoll. »Es ist eine tolle Überraschung.«
    »Wird schon was Schönes sein!«, sagte Andrzej verächtlich.
    Janec lachte. »Wirst es schon sehen«, wiederholte er.
    Es gab Stunk, da eins der Mädchen sich eine Zigarette anstecken wollte. »Hier wird nicht geraucht«, schrie der Leiter. »Du bist keine achtzehn.«
    Als sie ihn herausfordernd ansah, schimpfte er: »Und im Wald sowieso nicht. Das sollte sich auch in der Stadt herumgesprochen haben.«
    Endlich bog ein Radfahrer auf den sandigen Waldweg ein. Er kam langsam näher.
    »Ihr wart für drei Uhr angemeldet«, sagte er und stieg vom Rad. »Aber es dauert nicht mehr lange. Das Fuhrwerk mit den Stecklingen ist unterwegs.«
    »Sollen wir hier pflanzen?«, fragte Janina. »Der Boden ist steinig und hart.«
    »Es ist leichter, als ihr denkt«, antwortete der Waldarbeiter. »Ich zeige euch inzwischen, wie ihr es machen müsst. Am besten, ihr arbeitet in Gruppen zu dritt. Einer hebt mit der Hacke den obersten Bodenstreifen ab. Der mit dem Spaten sticht ein Loch, etwa fünfundzwanzig Zentimeter tief, der Dritte bringt den Steckling hinein und tritt die Erde mit dem Absatz gleich wieder fest. Klar?«
    Sie standen um ihn herum.
    »Lange Leitung, was?«, lachte der junge Mann. Er griff nach Andrzejs Hacke. Mit drei, vier kraftvollen Schlägen schälte er die mit Moosen und Kräutern bewachsene oberste Bodenschicht ab, stieß mit dem Spaten ein Loch, fasste ein dürres Aststück, senkte es in das Loch und trat die Erde mit dem Fuß fest. Das ging mit geübten Griffen in kaum einer Minute.
    »Jetzt ist es klar«, sagte Stanek. »Wenn ich das einmal gesehen habe, dann ist alles klar. Sehen ist besser als hören.«
    »Und die Pflanzen immer einen guten Schritt weit voneinander entfernt!«
    Der Wagen, den der Waldarbeiter angekündigt hatte, kam mit den Fichtenstecklingen. Die Pferde glänzten dunkel vom Schweiß.
    Mit Eifer gingen die Mädchen und Jungen ans Werk. Kristina arbeitete mit Janec und Stanek zusammen in einer Gruppe. Janec hatte seine Tasche vorsichtig hinter einem dicken Stamm abgelegt.
    »Sagst du uns auch nicht, was du in der Tasche hast?«, fragte Kristina ihren Bruder.
    »Lass dich überraschen, Schwesterchen«, antwortete Janec. Die Jungen handhabten geschickt Hacke und Spaten. Kristina drückte die Stecklinge in das aufgelockerte Erdreich und trat die Wurzeln fest. Greifen, bücken, einstecken, fest treten, zwanzigmal, fünfzigmal, hundertmal. Sie hatten die anderen Dreiergruppen schon hinter sich gelassen.
    »Wir werden einen Rekord aufstellen«, prahlte Stanek.
    Kristinas Rücken schmerzte von der ungewohnten Arbeit bald. Die Nadeln der Stecklinge zerkratzten ihre Hände. Harz klebte ihr die Finger zusammen. Die endlose Reihe über den weiten Hügel hin erstickte ihren Eifer nach und nach. Aber die Jungen gönnten sich keine Pause. Janec rannen Schweißperlen die Nase herunter.
    »Können wir nicht auf die anderen warten?«, schlug Kristina vor.
    »Nein«, antwortete Stanek verbissen. »Wir warten nicht. Denen zeigen wir’s.«
    »Was willst du zeigen? Dass du Muskeln hast?«
    »Er meint«, erklärte Janec, »die Schüler haben’s uns so oft gezeigt.«
    »Was haben sie gezeigt?«
    »Na, stell dich nicht so dumm. Sie haben uns gezeigt, was sie alles wissen. Aus der Geschichte – was wissen sie nicht alles. Dass Polen oft und oft erobert, verwüstet, geteilt worden ist. Wie die Preußen, die Österreicher, der Zar, die Deutschen hier gehaust haben. Und alles mit

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