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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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einzigartigen Spuren der Handwebstühle und ordnete sie den kleinen Familienbetrieben zu, den McIntires, Favoris oder Ugartes. Roderick war verblüfft, doch Barbara ließ ihm keine Zeit mehr. Sie zog durch eine wunderbare Welt aus Stoffen und Tuchwaren, von Belutschistan hoch in versteckte Kaschmirregionen, sie berauschte sich am Jahrgang 59 , als aus dem syrischen Dschabal-Hügelland eine Ernte von bislang unerreichter Qualität gekommen war, und war sich mit Roderick bald einig, daß es eine Schande sei, wie die letzten Handwebereien vor die Hunde gingen. Und keine Frage, daß der neue Kapitalismus sich am Billigen berausche und Massenschwall aus Fernost eine Pest sei. Isn’t it, sagte Barbara.
    Darauf nahm der Alte ihre Hände, und in der aufrichtigen Hoffnung, nicht mißverstanden zu werden, meinte er, daß die Dinge auch in Fernost womöglich anders stünden, wenn Indien noch bei der Krone wäre. Und um seine von Grund auf integre Haltung zu allen Entscheidungen der Krone zu unterstreichen – und auch einen gewissermaßen kolonialen Respekt vor einem Mann wie Gandhi –, müsse Barbara wissen, daß sein Vater in persönlichem Auftrag der Königin eigens einen Anzug für Gandhi geschneidert habe, ein einzigartiges Stück, das der Inder vor seiner Abreise einem Hilfskoch überlassen habe, der ihn womöglich nötiger gehabt habe als er selbst. Nun, Roderick respektiere so eine Entscheidung, auch wenn es ein Anzug gewesen sei, wie es keinen zweiten gegeben habe: perfekt umgesetzt nach den Maßangaben des britischen Geheimdienstes und dem Wunsch der Krone nach einem Stil, der hohe Kultur und Sanftheit verband. Und als Barbara mit Roderick davon träumte, den Anzug in der Kleiderkammer irgendeiner Mission aufzuspüren, konnte der alte Knabe nicht anders und küßte ihr die Hand.
    Danach bot er Tee und erlesenes Zartbitter, und während sie klassisch saßen, ein Bein übergeschlagen, den kleinen Finger abgespreizt, erzählte er, daß das &Son nur noch aus Tradition dort stehe. Ein Geschäft in der dritten Erbfolge, eine wunderbare Geschichte, und immer eng verbunden mit den Royals. Aber jetzt wäre Schluß. Er, Ernest C., sei der letzte, und er sei ohne Hoffnung auf den eigenen Sohn.
    Willem lächelte.
    Barbara sagte: Oh.
    Ein ganz wunderbarer Mensch, dieser Sohn. Ohne jeden Zweifel, jedoch als Nachfolger für das Geschäft völlig ungeeignet. Sein Sohn sei Physiker geworden, und die familiäre Leidenschaft für Stoffe und Tuchwaren sei bei ihm gewissermaßen fremdstofflich transformiert. Er berausche sich an Teilchen und Antiteilchen und trage Anzüge von der Stange. Diese Dinger, sagte Roderick, die sich elektrostatisch auflüden, und sein Sohn trage sie nicht einmal aus beruflichem Interesse, sondern einzig und allein, weil seine Leidenschaft für Teilchen und Antiteilchen alles andere sekundär mache.
    Der alte Knabe konnte das nicht verstehen, und Barbara nahm seine Hände. Dieser Riß in einer so eingefleischten Leidenschaftslinie, meinte er, und ein Flimmern durchzog seine blauen Augen.
    Später bestand Barbara darauf, für Willem etwas Klassisches zu kaufen. Tweed aus den Southern Uplands oder Northumberland, sagte sie, und der Alte wußte sogleich Bescheid. Zog zwei, zog drei Jacketts vom polierten Mahagoni und ließ sie in Willems Finger gleiten. Vor dem Spiegel war Willem überrascht, wie gut ihm diese Dinger standen, und vor allem die Lederapplikationen gefielen ihm. Passende Manchesterhosen hatte Roderick natürlich auch zur Hand, und nachdem ein Schneider die Stücke auf Willem geändert hatte, stand er vorm Spiegel und wirkte, wie Roderick betonte, in der Tat sehr britisch.
    Als sie sich verabschiedeten, war er sicher, sie würden sich wiedersehen. Absolut, sagte Barbara, und Willem sagte: Grüßen Sie Ihren Sohn.
    Die Tage verbrachten sie am Wasser. Sie spazierten auf den Landungsbrücken oder am Strand, sie beobachteten Wolken und Schiffe, und pünktlich um achtzehn Uhr wurden die Leuchtfeuer angeworfen. Wenn Abendlicht die See füllte, lagen sie im Strandkorb, holten Hühnerschlegel und Whisky aus der Picknicktasche. Barbara genoß es, wenn Willem sie festhielt, ihr das Haar aus dem Gesicht strich. Sie suchte seine Nähe, und wenn ihr Kopf auf seiner Brust lag, konnte sie in die Ferne blicken und war durchdrungen von seiner Stimme.
    Willem erzählte von

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