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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Zurückgebliebene und körperlich Behinderte. Später dann die Gastarbeiter.
    So eine Haltung kann auch Tarnung sein.
    Für Blask leg ich meine Hand ins Feuer.
    Aber Sie haben seine Biographie nie überprüft.
    Na klar habe ich seine Biographie überprüft. Zuerst habe ich im Radio Ich jagte Eichmann gehört, dann habe ich bei Wiesenthal angerufen. Simon, hab ich gesagt, soundso, und ich muß das mal überprüft haben. Blask können Sie sich also schenken.
    Die Detektive grinsen. Und Zahnarzt Zinke?
    Weiß ich nichts drüber.
    Und bei wem waren Ihre Mutter und Kronhardt sonst in Behandlung?
    Weiß ich nicht. Und im übrigen muß ein Doktor-Doktor nicht zwangsläufig mit Medizin zu tun haben.
    Nicht zwangsläufig mit Medizin – da sagen Sie was. Und einer der Ramows scheint diesen Satz in den Computer zu geben.
    Dann sehen sie Willem an. Also waren Ihre Mutter und Ihr Stiefvater Nazis?
    Wie tief sie drinsteckten, weiß ich nicht. Aber sie sind mitmarschiert. Auch wenn meine Mutter später mit meinem Vater emigrierte.
    Eine Klingel ertönt, und die Detektive sehen auf. Auch Willem dreht sich um, und auf dem Bildschirm über der Tür kommt ein Mann die Treppe hoch. Er trägt Schürze und Schiffchen, unterm Arm einen kleinen Karton. Bevor er eintritt, winkt er in die Kamera.
    Der Mann scheint griechisch zu sprechen, und die Ramows halten mühelos einen kleinen Plausch. Manchmal lachen die drei, und Willem sitzt da und muß an die Anekdoten seines Lateinlehrers denken.
    Dann stellt der Grieche den Karton ab und sieht Willem an. Schließlich fischt Willem einen Schein aus der Hose, doch der andere lacht nur und klopft ihm auf die Schulter. Er geht, ohne das Geld zu nehmen.
    Die Ramows köpfen das Bier und prosten Willem zu.
    Wir können nichts dafür, sagen sie. Der Mann heißt Polykarp und ist Mädchen für alles in der Gyrosbude. Doch in seiner Art ist er eher ein Philosoph. Im klassischen Sinne, und an Geld hat er kein Interesse.
    Polykarp also.
    Jawoll, und die Ramows schmatzen.
    Haben Sie ihn auch biometrisch erfaßt?
    Sonst könnte ja jeder hier hochkommen mit Schiffchen und Schürze. Und uns einen Karton mit wer weiß was auf den Tisch stellen.
    Willem zieht Fleisch aus dem Brot. Können Sie auf der Treppe ad hoc analysieren, ob tatsächlich Pita und Bier im Karton sind?
    Möglich ist so was.
    Und die Männer schlagen vergnügt ihre Zähne ins Brot.
    Trägt Polykarp Ihnen auch andere Sachen zu?
    In unserer Branche ists wie überall. Wir brauchen Informationen.
    Diese verdammten Informationen, sagt Willem. Und alle drei nehmen einen Schluck.
    Danach sagt Willem: Das größte Problem ist, daß sie unterschiedlich verstanden und bearbeitet werden. Man kann nie sicher sein, wie sie rückkoppeln und welche Wirkungen sie dann auslösen.
    Bah. Die Detektive schütteln den Kopf. Wenn Sie einfach davon ausgehen, daß Erhalt und Weitergabe von Informationen nur zum eigenen Vorteil geschehen, können Sie in der Regel alle anderen Spekulationen vergessen.
    Willem nickt. Informationen werden umgewandelt in Triebkräfte. Macht und Geld.
    Eben.
    Und konserviert für die eigenen Nachkommen.
    Genau.
    Und heutzutage gibt es unbegrenzte Speicherkapazitäten: Satellitenbilder, das Menü im Flugzeug, Netzaktivitäten, Chipkarten – sämtliche Informationen werden gebündelt, der einzelne ist in der Masse immer zielgerichteter aufzuspüren, und bald werden die Städte selbst in der Lage sein, auf die gespeicherten Profile zu reagieren. Rolltreppen, die einen mit Namen begrüßen, Leinwände mit individuell zugeschnittener Werbung, laufende Alarmsysteme, die jeden Abtrünnigen markieren.
    Mindestens so siehts aus, sagen die Ramows. Und stoßen mit Willem an.
    Willem hakt noch mit einem Holz in den Zähnen, einer der Detektive bereitet frischen Kaffee.
    Wie stehen Sie sich denn mit Ihrer Frau?
    Das tut nichts zur Sache.
    Da haben Sie wohl recht. Andererseits haben wir uns gedacht, daß in einer gut funktionierenden Partnerschaft der eine Teil Verständnis dafür haben wird, wenn der andere im Fall des toten Vaters recherchiert.
    Meine Frau weiß Bescheid. Und wenn sie sauer auf mich ist, hat das andere Gründe.
    Wenn jemand zu uns kommt, sind wir erst mal auf seine Beschreibungen angewiesen. Doch damit ist es nicht getan, weil jeder die Welt anders beschreibt. Und so müssen wir

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