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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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    Aber seinen Namen wissen Sie noch?
    Kelvin oder Pascal. So in der Art. Kann ich gucken.
    Und der Anwalt Ihrer Mutter?
    Rolf-Peter Stier. Ist später mit ein paar spektakulären Fällen bekannt geworden, und anscheinend ist ihm der Rummel zu Kopf gestiegen. Er starb im Umfeld teurer Mädchen und Szenedrogen, und vor allem die Sensationspresse trat die Sache breit.
    Ganze Menge Ansätze für Spuren, sagen die Detektive.
    Wie mans nimmt.
    Gut möglich, daß wir da noch ein bißchen investigieren müssen.
    Na klar. Die teuren Mädchen von diesem Stier aufstöbern.
    Die Ramows grinsen. Wenn sich die Dinge so entwickeln, geben wir Ihnen natürlich Bescheid. Aber vorerst denken wir eher an Lobedanz, Lampe und den Richter.
    Willem sagt: Ich denke vorerst mal an Burke. Der Mann steht für uns im Brennpunkt. Und was Sie hinter ihm aufstöbern, gibt Ausschlag für neue Richtungen.
    Ist klar, Chef. Und daß dieser Lampe mit seiner Vermutung damals richtig lag, haben Sie nie in Betracht gezogen?
    Nein.
    Trotzdem sind Sie hier.
    Erst mal bin ich wegen Burke hier. Burke, das ist unser Mann.

4
    Revolution; Teile des Maghreb stehen in Flammen, und in den Schaufenstern der Passagen transformieren die Bildpunkte zu einer endlosen Schleife aus Gewalt. Die über Dekaden erstarrten Zustände in Westarabien werden von innen her aufgebrochen, und auf den Flachbildschirmen, die neuerdings überall installiert sind, kann Willem die Zerstörung sehen. Es sind vor allem junge Menschen, die entfesselt anlaufen gegen die aufgezwungenen Lebensverhältnisse, während die alten Diktatoren noch zum letzten greifen und das Blutopfer fordern der Väter gegen ihre Söhne. So stehen die Bilder in den Passagen; gekaperte Panzer, brennende Paläste, und dagegen Söldner und Spezialeinheiten, die rangehen, das Volk zu schlachten.
    Viele der Bilder erscheinen unscharf und steigern durch die ruckhaften Bewegungen noch alle Dramatik, und Willem ahnt, daß es Aufnahmen mobiler Telefone sind, die mitten aus dem Schlachtfeld ins Netz gespeist werden. Es sind seltsame Zeiten, meint er, einem Völkermord in Echtzeit zuzuschauen, während rings die Menschen eine Bratwurst essen, zwanghaft durch die vorweihnachtlichen Passagen drängen. Und zugleich bringen gerade diese Zeiten den Menschen im Maghreb oder sonstwo die Möglichkeit zur Umwälzung; gerade das Netz, meint er, das den einzelnen und die Gesellschaft so grundlegend verändert, erscheint hier wie eine Metaebene gegen alle Tyrannis; ein Funke, der in die zahllosen jungen Menschen dort schlägt und das Testosteron tonnenweise explodieren läßt.
    Polizei präsentiert sich in den Passagen; auch der Bahnhof ist mit Helmen und Schutzschildern bestellt, und in der Stadt wissen sie alle Bescheid. Die Geheimdienste haben Informationen beschafft, die neue Anschläge wahrscheinlich machen, und in den Medien hat der Innenminister gesprochen. Zu Wachsamkeit aufgerufen, zu Besonnenheit, und allen klargemacht, daß auch mit der maghrebinischen Revolution der Westen noch immer im Visier Heiliger Krieger ist. Und so ist es kein Wunder, daß die Polizeikräfte auch einen Informationsstand bürgerlicher Moralisten auflösen; friedliche Menschen im Grunde, die auf Armut und Ausbeutung in anderen Teilen der Welt aufmerksam machen und die auch Bilder der deutschen Elite zeigen. Bekannte Gesichter aus Politik und Wirtschaft, die noch gestern mit Diktatoren zusammensaßen, noch gestern Vertrauen und Lauterkeit offenbarten neben aufgedonnertem Hitlerkostüm und Spiegelsonnenbrille. Und die heute Parolen gegen diese Diktatoren ausrufen; Parolen auf die Freiheit, die zuletzt immer die zu schützende Freiheit der Westvölker meint.
    So zieht Willem durch die Passagen; die Stadt weihnachtlich überspannt, ein Licht, aus dem die vertrauten Motive endlos glänzen. Er zieht vorbei an den Buden und Karussells, die Gerüche verdichten alle Vortäuschung, und Pferdchen und Lokomotiven lassen greifbare Wirklichkeit auferstehen. Rings ist Getümmel, eine Richtungslosigkeit, die zuletzt doch wie eine Richtung erscheinen muß; die Polizei ist präsent, und alle wissen Bescheid.
    Willem spürt das Zudringen fremder Körper und Gesichter, spürt Lockung und Berührungsfurcht; er verschmiert in der gleichgeschalteten Namenlosigkeit, verschmiert in der Zivilcourage seiner Landsleute, die sich die glänzenden Motive über

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