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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Sie rief nach mir, aber ich antwortete nicht.
    Moment. Zuerst wollte Ihre Mutter Sie abfangen, und dann rief sie nach Ihnen?
    Ja.
    Sind Sie ganz sicher?
    Das werde ich nie vergessen. Mein Vater, drum herum dieses Getümmel, und über allem die Stimme der Mutter.
    Wollte Ihre Mutter nicht erst mal wissen, was los war?
    Wahrscheinlich ahnte sie wie ich, daß etwas Schreckliches geschehen war. Und ihre Sorge um mich war reiner Instinkt.
    Hat Ihre Mutter Sie gefunden?
    Nein. Als Kronhardt und der Matrose meinen Vater aus dem Klo hatten, drängte ich dazu. Ich rief nach meinem Vater, ich weinte. Erst als Kronhardt nach mir schnappte, fing ich an zu schreien. Er drückte meinen Kopf an seine Brust, und ich strampelte und schrie, bis meine Mutter mich nahm. Auch sie wollte meinen Kopf verbergen, doch zuletzt konnte ich sehen, wie ein fremder Mann über meinem Vater kniete.
    Der Arzt?
    Ja.
    Was machte er?
    Nicht viel, soweit ich erinnere. Wahrscheinlich gab es keine Anzeichen mehr für Lebendigkeit, und so blickte dieser Mann auf in die Runde.
    Wie sah er aus?
    Ich weiß es nicht mehr.
    Wie alt war er?
    Keine Ahnung.
    Schien ihn irgend jemand an Bord zu kennen?
    Keine Ahnung.
    Könnte es dieser ominöse Doktor-Doktor von Burkes Totenschein sein?
    Woher soll ich das wissen?
    Oder jemand, auf den Sie kommen, wenn Sie ganz weit zurückdenken?
    Nein.
    Wer könnte etwas über diesen Arzt an Bord wissen?
    Polizei, Krankenhaus, Presse. Was weiß ich.
    Ihre Mutter?
    Fragen Sie sie.
    Die Detektive grinsen. Ihr Stiefvater?
    Hören Sie, ich bin nicht hier, um meiner Mutter und Kronhardt einen Mord anzuhängen.
    Behaupten wir auch gar nicht. Aber was, wenn die beiden doch mit drinstecken?
    Die stecken nicht mit drin.
    Ãœbel wärs allemal. Aber können Sie da ganz sicher sein?
    Ja.
    Ehrlich gesagt –
    Hören Sie: Es ist kein Geheimnis, daß meine Mutter und Kronhardt immer nur das Beste für mich wollten. Das hat mir das Leben nicht gerade leichtgemacht, doch sie hier ins Visier zu nehmen ist Zeitverschwendung.
    Was macht Sie so sicher?
    Willem zieht eine Braue hoch, runzelt die Stirn. Sie sind hartnäckig.
    Wir wollen vorankommen.
    Also gut. Ich kann die Unschuld der Alten nicht beweisen und nicht mal schlüssig begründen. Ich bin dennoch sicher, und deshalb sage ich, daß meine Mutter und Kronhardt in den Nachforschungen außen vor bleiben.
    Und wenn wir darauf stoßen, daß Ihr Stiefvater wichtige Hinweise liefern kann?
    Dann informieren Sie mich darüber.
    Die Ramows sehen einander an. Dann sagen sie: Schon gut, Chef.
    Und hören Sie auf mit dem Chef.
    Wir dachten, das würde Ihnen gefallen.
    Dachten Sie nicht.
    Sie haben recht, und die drei Männer grinsen.
    Dann sagen die Detektive: Da ist zweimal die Rede von Zufall. Zuerst der Arzt an Bord, später der Arzt mit dem entscheidenden Hinweis in der Zeitung. Und beide verbleiben ohne Namen und Gesicht. Ehrlich gesagt, das macht uns stutzig.
    Was gibts da zu stutzen?
    Glauben Sie nun an Zufall?
    Ich glaube, daß es Zufälle gibt.
    Und doch erscheinen die meisten zufälligen Ereignisse nur deshalb so zufällig, weil ihre wahren Ursachen unbekannt bleiben. Sobald man aber die Unbekannten aufdeckt, verwandelt sich jede unsichtbare und ziellos wirkende Verkettung, und am Ende tauchen hinter neun von zehn Fällen menschliche Ausgeburten auf. Wenn wir also behaupten: Der Bordarzt war kein Zufall, und der Arzt aus der Zeitung auch nicht – bringt Sie das auf eine Idee?
    Auf diese Art können wir tausend Möglichkeiten konstruieren, und ich habe sie alle schon mal durchgekaut.
    Die Ramows heben die Arme. Wir müssen mit dem arbeiten, was wir haben. Und dann: Wie siehts mit den Ärzten in Ihrer Familie aus?
    Es gab einen Zahnarzt, Zinke. Ein oder zwei Jahre nach meiner Mutter verstorben. Mein Hausarzt war Blask. Praktiziert nicht mehr, auch seine Straße und sein Haus sind weg. Er selber lebt noch, und ich besuche ihn manchmal.
    Waren Ihre Mutter oder Kronhardt auch bei diesem Blask?
    Die wären wahrscheinlich lieber verreckt. Blask hat die Nazis verweigert, und dann haben die Nazis ihn für Versuche mißbraucht. Die Erfahrungen jener Zeit haben Blask zum Misanthropen gemacht, und er hat mit seiner Meinung nie hinterm Berg gehalten. Nach dem Krieg hat er nur noch Menschen behandelt, die nicht in die Machenschaften der Nazis verwickelt gewesen sein konnten. Vor allem Kinder. Aber auch

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