Kronhardt
Ausgeprägter Einzelgänger, hat eine ganz nette Kate am Deich. Allerdings runtergekommen. Im Dorf kriegen sie ihn oft wochenlang nicht zu sehen, und keiner weiÃ, wo er sich rumtreibt.
Willem bleibt stehen und sieht die Detektive an. Ehrlich gesagt. Sie sind verdammt umtriebig.
Wie dürfen wir das verstehen?
Und Willem lächelt, und dann nehmen die Männer noch ein Glas von dem unglaublichen Whisky.
5
Feuerschein zuckt durch den Mauerbogen in die Restaurant-Bar. Ãber den Flammen in der Küche steht eine aufgeschnittene Ziege. Die Hinterläufe an einen Rost gebunden, die Rippen auseinandergeklappt, und ein Knuspern dringt aus dem festen Fleisch.
Sie sitzen zu dritt in der Nische, auf dem Tisch eine Flasche Rioja.
Barbara hat sich das Haar bis auf Schulterlänge schneiden lassen, und Willem muà den neuen Effekt anerkennen; Schönheit und Reife erscheinen aus neuem Winkel, und wegen ihrer Freude daran streicht er über die Frisur, küÃt ihren Mund. Im stillen bedauert er aber, daà sich das Haar nun nicht mehr hochstecken läÃt.
Inéz sieht müde aus und gibt zu, daà es ihr zur Zeit schwerfällt, die oft extravagante Art ihrer Kundinnen einzufangen und in schöpferische Kraft umzuwandeln. Dazu die notwendige Konzentration zu Feinarbeit, und so ist sie froh, alle Spannung aus ihrem feingliedrigen Körper herauszulassen. Sie hat die Schuhe abgestreift, die Beine hochgelegt, und der Wein schmeckt ihr ausgezeichnet.
Hector Luna bringt das Ziegenfleisch auf einer kleinen Platte. Dazu Tortillas, Salsa und Reis. Sie essen mit den Händen, und der zuckende Feuerschein aus der Küche, die Photos auf den gekalkten Wänden und auch die Figurinen verstärken das Bukolische. Wie in einer Höhle sitzen sie beisammen; eng und vertraut ums dampfende Mahl, und auch Willem weià diese Rituale zu schätzen. Er küÃt seine Frau, er streichelt die Hand der Spanierin, und die Gespräche laufen dezent.
Ulrike Striebeck hat sich aus Mexiko gemeldet; die ungeheuerliche Brutalität der Drogenkartelle gehört mittlerweile wohl zur Tagesordnung, doch sie selber sieht sich auÃer Gefahr. Zudem hat sie die Bereitschaft der Mexikaner signalisiert, bei Folgeaufträgen nochmals Prozente zu lassen. Und apropos Kartelle: Laschek hat im Netz Wetten aufgestöbert; man kann aufs Sonora- oder Golfkartell setzen, auf die Zetas, und in der Nische sind sie sicher, daà Laschek sich bereits in die Wetten eingeklinkt hat. Zudem vernachlässigt er sich; der ganze fette Kerl stinkt, meint Willem, seine Haut ist voller Mitesser, und die Skleren erscheinen von krankhaftem Rot. Barbara hat Kronhardt bereits darauf angesprochen. Doch der Alte hält Laschek die Stange.
Der Tochter vom Brauereidirektor wurde eine Brust wegoperiert. Zur Genesung ist sie jetzt auf Sylt, und Barbara hat eine hübsche Karte besorgt. Willem ist bereit zu schreiben; die Frauen tauschen sich über ihren nächsten Vorsorgetermin aus, dann sehen sie Willem an. Er ist gesund, er geht nicht zum Arzt.
Dem Deutschmeister haben die Ãrzte endgültig den Alkohol verboten, doch er denkt nicht dran. Er schlemmt und dröhnt unvermindert, das ganze Leben eine Kellerbarparty.
In zwei Wochen sind sie ins Rotenburgische geladen â wieder so eine hippomanische Party, sagt Inéz, und Willem schnaubt leise.
Am Rande der Wallanlagen werden Bäume gefällt, und auch die wunderschöne Kastanie, die hoch bis zu Inéz Balkon langte, ist verschwunden. Vor allem die Autofahrer hatten sich über die herabfallenden Früchte im Herbst beklagt und sogar Rechtsstreitigkeiten wegen Lackschäden und Beulen provoziert. Inéz stand dabei, als die Männer mit ihren Kettensägen kamen. Sie habe geweint, sagt sie; sie hat Visionen gehabt, wie diesen Männern selbst die Hände abgesägt würden, die FüÃe, die Ellenbogen. Sie hat die Kette aus dem Fleisch gerochen, heiÃe Knochen, und sich gefragt, worin dieser menschliche Drang zur Destruktion wurzelt.
Willem hat Post von einer Bürgerinitiative gekriegt. Im Nachbarlandkreis hat es den ersten Toten gegeben. Die Konzerne behaupten, daà ein Zusammenhang nicht besteht, und das Amt für Bergbau behauptet, daà ohne Langzeitstudien nichts zu beweisen ist. Die Gasförderung geht weiter, und in zehn Jahren wird man aus den Statistiken bestätigen, was man heute schon weiÃ: daà es eine Vergiftung ist mit
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