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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Senior erwartet mich. Und er schnappt sich das Headset und springt mit verblüffender Leichtigkeit auf. Er ist massig und größer als Willem, und mit dem klackernden Schritt wirken seine Bewegungen geschmeidig. Einmal dreht er sich um, streicht eine Strähne aus der Stirn, und seine Jacketkronen blitzen auf.
    Wenn Kronhardt morgens seine Runde macht, stolziert er wie ein Geck. Hager, das Halstuch in blendenden Farben und mit seinem unvermeidlichen Blick über den Nasenrücken. Als erwarte er Rapport, geht er von einem Arbeitsplatz zum nächsten.
    Ganz hervorragende Arbeit, Frau Striebeck. Und dann lacht er. Diesen Mexikanern haben Sie aber gezeigt, wo die Hacke am Stiel sitzt, was. Recht so, und er klopft auf ihren Schreibtisch. Dann sagt er: Warum habe ich Ihren Bericht nicht vorliegen?
    Wahrscheinlich ist er noch oben.
    Oben. Aha. Und dann: Bei allem Respekt. Aber bevor ein Bericht da oben im seligen Nichts verschwindet, bekomme ich ihn zu lesen, ja.
    Striebeck lächelt und sagt nichts.
    Der Alte sieht sie an. Wir haben uns also verstanden, und dann klopft er noch mal auf ihren Schreibtisch und stolziert voran.
    Zu Katja Bloch sagt er: Um zehn erwarte ich Deutschmeister. Bereiten Sie alles vor und halten Sie sich parat. Bringen Sie auch die Zusammenfassung vom letzten Quartal mit. Vorher sprechen Sie mit der Brauerei, ja. Sie haben von dort wiederholt reklamiert, und ich möchte das aufgeklärt haben. Sollte der Fehler bei uns liegen, bestellen Sie Rita Schrödinger ein.
    Dann wendet sich der Alte ab, hält aber noch mal inne. Kaffee. Die Wiener Melange, frisch gemahlen, wenn ich bitten darf. Und zu Laschek sagt er: Sie auch, mein Lieber? Also zweimal, Frau Bloch.
    Als Ulrike Striebeck in der Küche verschwindet, blickt der Alte ihr nach. Dann sagt er: Für den Kaffee sind eigentlich Sie zuständig, Frau Bloch, und er zeigt seine Prothesen. Doch Striebeck kommt bereits zurück. Ich habe es doch geahnt, sagt sie. Bitte schön, eine brühfrische Melange, gezuckert wie immer. Und ihr Lächeln erscheint wie aus der Werbung.
    Der Alte ist überzeugt, daß es vor allem Willems Einfluß ist, der das ketzerische Verhalten der Frauen provoziert. Und so streckt er seine Gestalt in die Höhe und blickt Striebeck über seinen Nasenrücken hinweg an.
    Die Frau lächelt.
    Bringen Sie unserm Marcel auch eine Tasse, ja.
    Und als wäre es nichts, zersetzt Striebeck den Befehl mit ihrem Charme. Das geht leider nicht.
    Wie bitte?
    Unser Marcel weiß schon, warum.
    So? Kronhardt dreht sich um, und Laschek wird tatsächlich rot. Nun, sagt der Alte. Sie verscherzen sichs wohl nicht mit unseren Damen. Was, Marcel?
    Auf gar keinen Fall.
    Recht so. Und zu Striebeck: Da hören Sie es. Alte Schule, der Marcel, und seine Prothesen schnappen nach der Frau.
    Aber ganz die alte Schule, sagt Striebeck und fällt ein in das Lachen.
    Und ein Schlag auf den Rücken des Dicken läßt alle Heiterkeit echt erscheinen.
    Lascheks Augen hängen am Alten, als hielte er den Kern einer wunderbaren Welt konserviert. Und der Alte lächelt genießerisch. Na, dann zeigen Sie mal, was Sie haben, und schon dreht sich der massige Körper dienstfertig zu Tastatur und Maus; die Finger sind unglaublich flink, und bald verwandelt Laschek sich in einen Meister, der alles Geschehen auf dem Bildschirm unter seine Kontrolle bringt, die Dinge nach seinem Willen erschafft.
    Kronhardt schnalzt.
    Der Junior, sagt Laschek, konnte sich leider nicht dafür interessieren. Er hat es abgeschmettert.
    So. Abgeschmettert.
    Ja, genau. Aber wenn Sie jetzt einmal schauen wollen.
    Und Kronhardt schaut.
    Dann sagt er: Recht so, und seine Hand liegt dem Dicken auf der Schulter.
    Es ist ein Programm, das gewissermaßen Schlupflöcher aufspürt.
    Ganz außerordentlich, mein Lieber.
    Laschek entwickelt Schweiß auf der Stirn. Unterschiedliche Konstanten und Variablen werden auf unsere Zwecke hin erfaßt und durchgerastert. Damit könnten wir jederzeit in der Lage sein, auf weltweite Entwicklungen zu reagieren. Zum Beispiel Nordafrika: Durch den Zusammenbruch der alten Strukturen ergeben sich plötzlich ungeahnte Möglichkeiten; strategische Absatzgebiete im kleinen wie im großen. Oder hier: Marktverschiebungen durch die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. Und hier: die Entdeckung gigantischer Erdöllagerstätten vor der brasilianischen Küste. Aber das Programm funktioniert auch vor der

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