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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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die Stadtteile, und wie bei seiner Veranlagung nicht anders zu erwarten, entwickelte er schnell ein Händchen für die Feinheiten des Versicherungsgewerbes. Nebenher belegte er Fernkurse in Rhetorik und Suggestion, und tatsächlich stieg er schnell auf. Bald demontierte er die Ansprüche gutgläubiger Rentner auf ihr Lebenswerk, bald saß er dem Generalagenten im Nacken.
    Und wieder war es ein übergeordneter Vorgang, der Einfluß nahm auf sein Leben. Diesmal ein weltpolitisches Kaliber, und mit allem, was wir heute darüber wissen, sind wir sicher, daß Konetzke ohne den Mauerfall niemals in Ihr Leben getreten wäre und Sie jetzt gar nicht hier säßen.
    Willem sagt nichts. Sitzt im Büffelleder und hört weiter zu.
    Noch während die innerdeutschen Einsturzbilder um die Welt gingen, machte Eddi sich auf in den Wilden Osten. Ausgestattet mit Benz und Discounter-Delikatessen, gehörte er zu den ersten, die den Arbeitern und Bauern das Glück servierten. Die Engelsche war ihm zur Seite, und sie luden ein in die Kaderflügel mecklenburgischer Schlösser oder die Suiten der sowjetischen Delegation. Sie tischten den Gästen die eingeschweißte Exotik auf und füllten in weltgewandter Art das Vakuum, das der kollabierte Machtapparat hinterlassen hatte. Man hofierte die beiden, sie übersprangen auf Anhieb den Parvenüstand und konnten im Osten wie tiefverwurzelter Adel der Westkultur erscheinen.
    Um ans Eingemachte zu gelangen, hielt Konetzke sich rhetorisch im Fahrwasser von Helmut Kohl. Er machte den kapitalistischen Wohlstand zu einem Mechanismus, für den er die Bedienungsanleitung hatte, und wenn sein Publikum empfänglich war, konnte er sich jederzeit aufschwingen zum leuchtenden Aufklärer einer Finsternis – ein Fackelträger der westlichen Freiheit, in der jeder sein verbürgtes Grundrecht auf Benz, Privatfernsehen und Versicherungspolice bekam. So riß er das Begehren auf in den unterdrückten Volksstrukturen; manifestierte das Recht auf Eigentum, auf Maximierung und Absicherung über den Tod hinaus. Mit den Versicherungen verdiente er sich noch keine goldene, aber doch eine silberne Nase. Und stellte zugleich die berechtigte Frage des Kapitalisten, warum er teilen sollte.
    Er kündigte also, nutzte die Versicherung aber noch, um neue Felder zu sondieren. Eine Zeitlang experimentierte er mit einer Privatisierungsagentur und auch im Lizenzgeberhandel. Doch dann kam Konetzke auf die Banane. Und es war nicht nur die ost-westliche Leidenschaft für diese Südfrucht, sondern vor allem eins dieser überspezialisierten Europagesetze: Die Grossisten nämlich wurden zu der Zeit mit streng regulierten Importmengen belegt, um die Europa-Banane zu installieren. Die Bananenpreise schnellten in die Höhe, gleichzeitig fanden die Advokaten aber Wege, das neue Gesetz auszuhebeln, und bald entwickelte sich ein schwungvoller Unterhandel. Konetzke entdeckte einen dieser absichtlich installierten Umwege für sich und schlug daraus Profit. Es war einfach und legal; er beantragte beim Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Formulare für eine Einfuhrlizenz der Amerika-Banane, ging damit Klinken putzen und beschwatzte die Ossis. Die Europagesetze hatten wohl die Grossisten beschnitten, im Gegenzug aber konnte nun jeder Bürger ganz einfach eine festgeschriebene Menge Bananen aus Amerika importieren. Oder eben seine Lizenz an die Grossisten verkaufen, die dann einmal im Jahr eine Marge auszahlten. Und Konetzke kümmerte sich um alles. Er erledigte den Papierkram, er bündelte die Lizenzen, versteigerte sie an die Grossisten und zahlte den Ossis pünktlich ihre Marge aus. Daß er sich dabei als Zwischenhändler dann seine goldene Nase verdiente, war genauso einfach und legal wie der ganze Handel. Ein Lehrstück reinsten Kapitalismus, und so zahlten die Ossis ihren Gewinn mit der Teuerungsrate gleich im nächsten Supermarkt wieder drauf, während Eddi sich das Penthouse auf dem Teerhof zulegte und für die Tiefgarage einen Porsche.
    Im Grunde stecken hinter solchen Bananengesetzen immer Kalkül und Halbwertszeit, und als die Gesetze wieder gekippt und die Grossisten nicht mehr auf Lizenzlieferanten wie Konetzke angewiesen waren, zogen die Preise erst richtig an. Doch Eddi kam damit zurecht; er leistete sich weiterhin seine fünf Kilo pro Woche, nicht die profanen, sondern die kleinen Goldfinger, und für

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