Kronhardt
seine Ricarda lieà er einen entsprechenden Anhänger schmieden. Wir haben Photos gesehen, die die Frau mit dem symbolträchtigen Gold zwischen den Brüsten zeigen, plus einer nahtlosen Bräunung; und natürlich vermuteten wir zuerst einen mondänen Cluburlaub in einer Bananenrepublik hinter ihrer schönen Haut. Doch dann konnten wir aufdecken, daà Eddi seiner Ricarda eins von diesen Studios gekauft hat â mit Hanteln und Turbobräunern, und die Wohnung darüber hat er gleich mitgekauft. Sie werden sich erinnern, sagen die Detektive. Das Studio liegt in der MartinistraÃe; in der Wohnung ist Axel Brock gemeldet, der Rottweilertyp aus der Stumpfen Spitze. Und Brock läÃt Dragan Srezcovic dort wohnen; der Serbe, der uns auf den Leim gegangen ist und uns hinter alias Burke schlieÃlich Edgar Konetzke aufgedeckt hat.
Die Detektive sehen Willem an.
Doch Willem sagt immer noch nichts. Sitzt im Dandysessel und wartet darauf, daà die Geschichte weitergeht.
So entdeckte Konetzke im neuen Deutschland also ein Feld, das seinen Fähigkeiten vielfältige Möglichkeiten bot. Zugleich hatte er ausreichend Gelegenheit, den Volkskörper Ost zu sezieren, so daà er mit seiner nächsten Masche erstaunlich abgeklärt und professionell erschien.
Im Verbund mit der Engelschen gab er sich nun als staatlich eingesetzter Untersuchungsbevollmächtigter für die Rückführung von Zwangsenteignungen aus. Dabei konnten sie einerseits auf eine der verläÃlichsten deutschen Tugenden setzen, Beamtenhörigkeit, und andererseits auf die nie verheilte Schmach von Vertreibung, Eigentumsentzug und die über Generationen unterdrückte Gier nach Privatbesitz.
Und in diesem Sinne reisten die beiden fortan durch die Lande. Und sie traten von Anfang an überzeugend auf, vor allem, weil sie gar nicht erst versuchten, aufkeimendes MiÃtrauen zu zerstreuen. Anstatt die Menschen zu beschwatzen, machten sie es jetzt andersherum und blockten jeden Ansatz zu Vertraulichkeit ab. Sie gaben sich als glasharte Bürokraten, die von der Bundesrepublik zur lupenreinen Aufdeckung von Besitzverhältnissen bestellt waren; sie hantierten mit Gesetzestexten und Paragraphen und legten eine kühle Unbestechlichkeit an den Tag, hinter der es ihnen egal erschien, ob man sie bei ihrer Arbeit unterstützte oder nicht. Sie hatten die tatsächliche Demokratieerfahrung auf ihrer Seite und konnten zudem damit argumentieren, daà auch der Weststaat ein alles durchdringendes System zur Erfassung installiert habe und sich keineswegs scheue, diese Macht zu demonstrieren: Wer heute sein Anrecht auf Privatbesitz verweigere, müsse sich morgen erklären. Auf diese Art entfesselten sie unbegrenzte Phantasie in den Ostköpfen und zerschlugen â quasi von Rechts wegen â den ehemaligen Grundsatz von gesellschaftlichem Eigentum.
Die Detektive lehnen sich zurück. Obwohl uns der Beweis noch fehlt, vermuten wir, daà Konetzke in jener Zeit auf die sogenannten Familienpapiere stieÃ, die er Ihnen heute als Beweis zur Ermordung Ihres Vaters verkaufen will.
Der mit dem Schnauzer sieht auf die Uhr und geht vom Schreibtisch zum Fenster. Er sondiert zuerst mit dem Fernglas, dann greift er nach der Kamera; zwei, drei Minuten lang folgt das dicke Objektiv anscheinend seinem Ziel, und der Klang des Motors füllt das Büro.
Als er wieder sitzt, macht er ein paar Notizen.
Der andere sagt: Neunzehn?
Diesmal nicht.
Die Tochter?
Im Gegenteil.
Willem sieht die Männer an. Dann sagt er: Ihre Recherchen sind ziemlich detailliert.
Wie meinen Sie das?
Im Sinne von gründlich. Auch wenn ich nicht einschätzen kann, wie wichtig das eine oder andere Detail wirklich ist.
Eben. Wir könnten natürlich auch grobkörniger vorgehen. Aber erfahrungsgemäà entstehen auf diese Art blinde Flecken, und wenn plötzlich das ganze Bild erscheint, ist man in Gefahr, es nicht zu erfassen.
Ist es denn zur Erfassung notwendig zu wissen, ob Konetzkes Stiefel aus Schlangenleder sind oder nicht?
Das klingt ja, als ob Ihnen ein paar Brocken reichten, um gleich die ganze Geschichte des Lebens zu rekonstruieren.
Quatsch. Sie wissen genau, was ich meine.
Eben. Wir haben Ihren alias Burke doch aufgedeckt. Und je komplexer das Bild, desto besser für Sie.
Ich frage mich nur, ob Sie Konetzke und seine Papiere nicht schon längst gestellt hätten, wenn Sie in Ihrer erstaunlichen Art das eine
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