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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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Geschäftsreisen, meinte ein Nachbar.
    Was für Geschäfte?
    Dazu kommen wir noch.
    Willem macht eine Geste. Dann zieht er den kleinen Globus zu sich.
    Die Detektive sagen: Konetzke ist in Bremerhaven geboren. Einzelkind, nicht verheiratet. Ist aber seit Jahr und Tag mit dieser Ricarda Engel verlobt.
    Mit den Fingern fährt Willem Gebirgsketten hinauf, gleitet ab in Ozeane. Als er die schwere Kugel anschlägt, rotiert sie glatt um ihre Achse, doch das Phänomen stellt sich nicht ein; keine Verfinsterung, kein Sternenhimmel, und dann nimmt ihm einer der Ramows den Globus weg.
    Edgar Konetzke. Vater Schiffbauer, Mutter Hausfrau, und beide Eltern mit der Gnade der späten Geburt; sie wurden gesäugt, als Deutschland seine Triumphe feierte, und später haben sie in den Trümmern gespielt. Beide Eltern haben ihren Vater im Krieg verloren, woraus sich ergibt, daß Eddi Ihnen mit seinem Alzheimer-Opa eine weitere Lüge aufgetischt hat.
    Seine Eltern lernten sich in einem dieser Rock ’n’ Roll-Schuppen kennen; Vater Konetzke hatte einen Schlag bei den Frauen, die Mutter etwas von einer Sexbombe. Bald verlobten sie sich, und als Eddis Vater es auf der Werft zum Gesellen schaffte, heirateten sie. Sie waren lebenslustig, knutschten in der Öffentlichkeit, gingen am Wochenende tanzen und verloren auch nach Eddis Geburt nicht die Lust am Feiern. Ihre Beziehung mußte unter einem glücklichen Stern erscheinen, um so mehr, als sie plötzlich auch noch das große Los zogen. Es war die neue Einheitsziehung 6 aus 49, und Konetzkes gehörten zu den ersten, die ganz dick absahnten. Der Alte hängte seinen Werftposten an den Nagel, in der Boulevardpresse riefen sie ihr privates Wirtschaftswunder aus, und über Nacht wurden sie zu Parvenüs. Sie bestellten bei Neckermann, der kleine Eddi lief im Partnerlook neben dem Vater, und die Mutter trug Nylon, Leopard und lackierte Nägel. Sie leisteten sich einen Bungalow und einen amerikanischen Wagen, sie fuhren mit einer Super 8 nach Capri oder Monte Carlo, und nach zehn Jahren hatten sie ihr privates Recht auf Glück durchgebracht.
    Als der Gerichtsvollzieher klingelte, kam Eddis Vater mit dieser Ernüchterung nicht zurecht. Er vermöbelte den Mann und verbarrikadierte sich. Die Polizei holte ihn später aus einem abgedunkelten Zimmer; das Vorführgerät warf Amischlitten und Monte Carlo an die Wand, und der alte Konetzke saß besoffen daneben. Als sie ihn abführten, machte er Radau, und nach der Haftstrafe hat er nie wieder Fuß gefaßt. Er verkam in Selbstmitleid, versoff die Fürsorge, und Eddis Mutter ließ sich scheiden.
    In den Tanzschuppen war sie also eine Sexbombe gewesen; sie hatte das große Los gezogen, sich verwöhnen lassen und keine Ahnung, wie man Geld verdiente. Nun saß sie im Sozialbau, das Arbeitsamt vermittelte sie an eine Fischbratküche, ein Warenlager, eine Tankstelle, und sie kündigte regelmäßig. Dann fing sie in einem Club an. Nach zwei Jahren hatte sie ein Renommee als Animierdame, irgendwann übernahm sie das Ruder, und seitdem trägt der Club ihren Namen. Noch heute präsentiert sie dort ihre legendären Brüste. Einmal in der Woche, eine alte Frau mit falschen Wimpern und falschem Lachen, und nach dem Applaus ist es uns gelungen, sie mit den Reizen ihrer Vergangenheit einzuwickeln. Doch die Frau ist vom Leben beschlagen, und noch auf ihre alten Tage hat sie einen männerzergliedernden Blick. Bei unseren Versuchen, an ihren Sohn zu kommen, ist sie sehr charmant geblieben und hat nicht einmal gezuckt. Sie ist um den heißen Brei geschlichen, hat ein Mädchen dazugeholt, uns Pikkolo rausgeleiert und schließlich bemerkt, sie habe seit mindestens zwanzig Jahren nichts mehr von ihrem Sohn gehört. Natürlich ist das eine Lüge und ein Bollwerk wie ihre strammen Brüste.
    Wir haben später recherchiert, daß das Verhältnis Mutter und Sohn durchweg beständig blieb. Zumal sie Eddi und Ricarda Engel gewissermaßen verkuppelt hat. Wir haben rausgefunden, daß die Engelsche bei der Mutter im Club anfing, ein blutjunges Ding damals, das die Alte unter ihre Fittiche nahm.
    Eddi hatte zu dieser Zeit die Mittlere Reife hinter sich und lungerte rum. Er hatte keine Lust zu arbeiten und lebte von den Brüsten seiner Mutter. Er war großspurig, wollte aber nichts dafür tun, und so holte die Mutter ihn in den Club. Gläser spülen, Tische

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