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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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automatisch schließen, daß wir auf die Dienstleistungen der Damen angewiesen wären.
    Kann ich nicht.
    Zudem führen die meisten Huren privat ein stinknormales Leben. Vielleicht keine Kinder, doch trautes Heim und das Hirn an der Leine. Auch das ist nichts für uns.
    Sie kennen sich ja gut aus.
    Was sollen wir machen? In unserem Beruf kommen wir viel herum.
    Sie springen gewissermaßen durch Milieus und Zeiten?
    Nennen Sie es, wie Sie wollen.
    Willem steht mit dem Feldstecher im Eckfenster.
    Die Detektive sagen: Die zweite von links kommt aus der russischen Elementarteilchenphysik. Und die ganz hinten ist Doktor der Philosophie.
    Das gibts doch nicht.
    Was spricht denn dagegen? Und die Detektive breiten die Arme aus. Sehen Sie, der Dandysessel hier ist nur der eine aus einem Paar. Und tatsächlich sitzen wir hier gelegentlich auch zu viert, nippen ein Schnäpschen, spielen mit dem Globus und schwatzen. Über dies und das, und auch die Artefakte in unseren Vitrinen können immer wieder Anreiz sein zu neuen Themen und Blickwinkeln. So ein Schwätzchen kann ein weites Feld sein.
    Die Männer sitzen einander wieder gegenüber. Konetzkes neue Geschäfte, sagen die Detektive. Wies aussieht, liefen sie gut an. Das Studio bekam eine neue Generation von Eisen und Bräunern, und auf dem zweiten Platz in der Tiefgarage parkte zudem ein Jeep. Sie leisteten sich wieder Sushi und Havannas, sie schmissen Partys im Studio oder in Mutters Club, und Eddiboy genoß das Parvenü-Erbe wieder in vollen Zügen.
    Bislang konnten wir aber noch nicht aufdecken, woher dieses Geld kommt; das liegt vor allem daran, daß Konetzke sich daran hält, weder auf Telefon noch Computer Spuren zu hinterlassen. Dafür haben wir aber eine Hypothese entwickelt: Wenn Konetzke Ihnen Geld abpressen will, warum nicht auch anderen?
    Die Detektive sehen ihren Klienten an. Wie wir Ihnen bereits dargelegt haben, vermuten wir, daß Konetzke vor allem mit seiner Masche als staatlich eingesetzter Untersuchungsbevollmächtigter für die Rückführung von Zwangsenteignungen Zugriff auf vielfältigste Papiere erhielt. Womöglich alles, was die jüngere deutsche Geschichte so hergibt, und weil er geschäftlich durchaus umtriebig und vorausschauend ist, trauen wir ihm zu, daß er sich damals alles unter den Nagel gerissen hat, was er kriegen konnte. Wie beispielsweise die Papiere zum Tod Ihres Vaters.
    Und ein Satz neuer Turbobräuner, sagen die Detektive, oder ein Jeep machen es zudem wahrscheinlich, daß Eddi sich bis heute nicht mit Kinkerlitzchen abgibt. Daß er seine neuen Geschäfte sorgfältig recherchiert und weiß, wem er was abfordern kann.
    Erpressung, sagen die Detektive. Eine optimale Hypothese. Zumal wenn man weiß, daß es Konetzke bald erwischen sollte. Ein radikaler Einschnitt in sein Leben, und so lehnen sie sich zurück.
    Willem sieht die Männer an. Nach einer Zeit sagt er: Scheint ja, als machten Sie eine Kunstpause. Um die Spannung zu steigern, was.
    Wir können uns das ja auch erlauben, weil wir wissen, wie die Geschichte weitergeht. Wie wärs, vorweg einen Whisky?
    Willem sitzt im Büffelleder und spürt, wie die Qualität mühelos durch die Nase ins Blut dringt. Dann stoßen sie an und trinken in kleinen Schlucken.
    Unglaublich. Wo kriegen Sie so was her?
    Ist uns quasi zugefallen.
    So was fällt einem doch nicht zu.
    Quasi.
    Haben Sie die Flasche da?
    Es ist ein Fäßchen.
    Ein Fäßchen also.
    Ja.
    Und Sie sagen nicht, woher Sie es haben.
    Vielleicht ein andermal.
    Willem macht eine freundliche Geste. Dann schließt er die Augen und läßt die bernsteinfarbene Stille in sich hinein. Spürt, wie sie sein Innenleben bewegt, spürt die sanften Explosionen.
    Dann sagen die Detektive: Wenn man etwas von den Hintergründen um den Tod Ihres Vaters und zudem weiß, wie Konetzkes Geschichte weitergeht, erscheint die Begegnung mit Ihnen ab jetzt unvermeidlich.
    Es war sechs Jahre nach den Zwillingstürmen und wieder ein brutaler Sommer. Die Hitze warf Blasen bis in die Nacht, und tags erschien das Land wie unterm Brennglas und schrumpfte unter der aufgeblähten Sonne.
    Von Konetzkes Dachterrasse hat man Blick über die Weser; er hat einen kleinen Pool mit Palmen drum rum installieren lassen, und unterm Sonnensegel waren wie immer im Sommer Hängematten gespannt. Sie hatten Kokosnüsse und Rum, und zum Abend hin machten sie

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