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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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nicht.
    Willem sagt nichts.
    Daß Lampe seine scheinbare Fehldiagnose im Falle Ihres Vaters, seine Versetzung in die Wesermarsch und damit sein Karriereende womöglich nie überwunden hat, ist im wahrscheinlichen Bereich. Auch, daß er deswegen soff, und sogar, daß er sich im Suff mit einer Welt umgab, in der einsame Helden das Böse bekämpfen und alle Ordnung zum Schluß wiederherstellen. Doch daß ausgerechnet zwei alte Menschen in bizarrer Kluft einen Ritt hinlegen, der sie gemeinsam in die Abendröte im Westen bringt, ist weniger wahrscheinlich. Es sei denn, beide legen es darauf an und präparieren sich entsprechend. Oder aber sie sind präpariert worden, und das Ganze ist eine Inszenierung.
    Und tatsächlich haben wir aufgedeckt, daß ungefähr vor zwei Wochen Besuch auf dem Hof gesehen wurde. Zwei Bengel, die heimlich durch die Fenster spähten, haben uns bestätigt, daß Lampe zu der Zeit noch lebte. Er trug seine Marshalkluft und trank den Wein aus der Flasche. Als ein Mann auf dem Hof erschien, liefen die Bengel davon. Aber sie haben den Besucher kurz gesehen. Ein Alter, sagen sie. Vornehm und mit Stock. Mehr war aus den Jungs nicht rauszuholen.
    Willem hebt die Schultern. Wenns eine große Frau gewesen wär. Oder ein großer Mann. Aber ein Alter mit Stock bringt mich nicht weiter.
    Von Wrangel, sagen die Ramows.
    Ãœber den wissen wir doch höchstens, daß er alt sein muß.
    Immerhin.
    Willem zieht die letzten Reste Zaziki vom Teller. Dann sagt er: Sie machen gute Arbeit.
    Sollen wir so weitermachen?
    Ich vertraue Ihnen.
    Und die Männer sehen einander an und grinsen.
    Als er ins Speicherhaus zurückkommt, nimmt er im Atelier einen Espresso mit Inéz; die Spanierin sieht gut aus, ihre großen Augen leuchten, und die feinen Strahlen in der Haut erinnern an die nackte, herbe Schönheit Kastiliens. Ihr nackenlanges glattes Haar schimmert silberfarben, und unter ihrem Hosenanzug wirkt ihr Körper noch immer schlank und biegsam. Sie freut sich über Willems Kompliment. Und als er nachfragt, erzählt sie ein bißchen von Hector und sich.
    Das Büro der Mitarbeiter erscheint leer. Katja Blochs Platz ist aufgeräumt, Ulrike Striebecks Computer läuft, doch sie ist nicht da. Dann sieht Willem im hinteren Bereich Kronhardt und Laschek. Sie sitzen gemeinsam vor dem Bildschirm, und Willem ahnt, wie dem Dicken die Zunge zwischen den Lippen klebt. Wie die Hand mit der Maus immer neue Bilder hervorbringt, die der Alte in sich aufsaugt. Er stellt sich dazu und sieht, wie Laschek eine Art rotierenden Diamanten entstehen läßt, einen Oktaeder aus Gitterlinien, der sich zum Brillantschliff verfeinert. Über dem Diamanten steht der Name Steiner. Kronhardt mahlt mit den Prothesen. Was willst du?
    Willem sagt nichts und geht in die Miniküche.
    Das Radio läuft, und Ulrike Striebeck sitzt auf einem Hocker. Sie hat Pampelmusen gepreßt und bietet Willem ein Glas an.
    Mit Kronhardt bin ich nie gut zurechtgekommen. Und mit Laschek gehts mir nicht besser.
    Striebeck sagt: Im Grunde ist Marcel ein armer Knochen.
    Wer ist das nicht.
    Sie sieht ihn an.
    Trotzdem kann sich doch jeder bemühen, das Arschloch nicht zum Status quo zu deklarieren.
    Sieht aber so aus, als obs nicht jeder kann.
    Und Sie, Ulrike?
    Ich schon gar nicht, und sie lacht.
    Das meine ich nicht. Ich tue mich schwer mit Laschek. Ich mag den Kerl nicht, ich ärgere mich über ihn und komme einfach nicht davon los. Immer wenn ich ihn sehe, klebt sein ganzer Mist in mir.
    Mein Freund ist er nicht. Aber ich kann mich auch nicht ständig über ihn ärgern. Das wäre Energieverschwendung.
    Willem nickt langsam. Ich arbeite an mir, Ulrike. Und dann: Ist er auf seinem Gebiet wirklich so gut?
    Sie hebt die Schultern, lächelt. Ist er.
    Er macht ihre Geste nach und steht auf. Dann sagt er: Hat Katja Ihnen was erzählt?
    Ja.
    Der Alte und Laschek müssen das nicht wissen.
    Katja und ich tratschen nicht.
    Ich bin die einzige Tratsche hier, was?
    Sie lacht.
    Wo ist Katja jetzt?
    Die Geschichte sitzt ihrem Mann schwer im Nacken. Sie ist zu ihm.
    Und Barbara?
    In ihrem Büro.
    Wir sehen uns, Ulrike.
    Barbara hat die Dynamik im Speicherhaus von Anfang an eng an die rasanten Entwicklungsmöglichkeiten in der Plättchentechnologie gekoppelt, und natürlich ist auch ihr Büro elektronisch bestens organisiert. Und jenseits einer herkömmlichen Bündelung von

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