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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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sich drum. Dann zog er die Engelsche zu sich und lachte.
    Und während Brock und der Rottweiler den Mann zur Tür brachten, bekamen die Ramows schon wieder einen Anruf. Shit, riefen sie. Where? Und einer von ihnen verließ die Stumpfe Spitze.
    Konetzke blieb nicht mehr lange. Er drückte die halbe Zigarre aus, warf den Stock aus und hakte sich bei Ricarda ein. Wir bleiben in Kontakt, sagte er zu Brock. Und zu der Edelpunkerin: Küßchen, Nina.
    Draußen hängte sich einer der Detektive an die beiden dran. Der andere arbeitete weiterhin am Laptop, und erst als das Telefon auf dem Tisch anschlug und er die Nachricht gelesen hatte, verließ er die Stumpfe Spitze.
    Wolken zogen über die Straßenschluchten hinweg wie eine Herde; gelegentlich durchstreiften Vögel das Bild – Krähen etwa oder die unvermeidlichen Tauben, doch ansonsten erschienen die Sphären voneinander getrennt. Als hätte der weite Raum nichts mit dem städtischen Getriebe zu tun, und wenn die Detektive innehielten und Einhorn oder Löwe in den Wolkenformationen ausmachten, blieben sie dennoch mit der Stadt verschmolzen. Sie wurden vom Sog einer Straßenbahn erfaßt, zückten ein Telefon oder blieben vor einem Schaufenster stehen; zwei Männer, beinah unsichtbar in den Straßenschluchten und unter den ziehenden Wolken.
    Voran klopfte Konetzke mit seinem Stock die Welt ab. Die Engelsche hatte einen Arm bei ihm eingehakt, sie unterhielten sich, und manchmal lachte die Frau auf oder schlug ihr wippendes Becken in seine Seite. Sie schlenderten so mühelos dahin, daß es scheinen konnte, als läge die niemals gleiche und immer bewegte Stadt auch für Konetzke ganz offen da; als wären auch ihm Gyros und Falafel sichtbar, die Flut der Stadtmenschen und Autos und auch die hellgrau dahinziehende Herde über den Straßenschluchten. So passierten sie linker Hand die klassizistische Front des Theaters und bald die Kunsthalle, in der auch Konetzke das Gesehene der Jahrhunderte jederzeit wieder neu erblicken konnte. Und noch als die Engelsche ihn in eine teure Boutique zog und den raffinierten Schnitt einer Bluse auf seinen Körper zeichnete, erschien dies eher wie langvertrauter Umgang als wie eine Hilfestellung für den verlorenen Sinn. Und tatsächlich bleckte Konetzke unter ihren Händen seine Zähne, bedrängte sie sanft.
    Die Detektive zogen im Getriebe so unauffällig dahin wie über der Stadt die Wolken. Sie hielten ihre Brillen gegens Licht, putzten die Gläser mit dem Kondensat ihres Atems; sie gaben Befehle in den Laptop, vor einem Bankhaus schmiedeten sie die kryptische Fieberkurve der Weltbörsen, und wenn Konetzkes Stock wieder auf dem Pflaster tänzelte, waren sie hinter ihm. Vorbei am alten Polizeihaus, ein Stück durch die Wallanlagen und dann durch kleine Straßen wieder einwärts. Bei jedem Schwenk hielten sie die Himmelsrichtung im Auge, zweimal tauchten die Domspitzen auf, und als Konetzkes Stock in eine Querstraße einschlug, stand die Sonne über der schmalen Schlucht. Die Ramows sahen, wie die Engelsche ihr Gesicht gegen das Licht streckte und ihr Haar schüttelte. Dann sahen sie zwei Menschen aus dem Licht kommen, eine Frau und neben ihr einen Mann. Beide waren groß, und ihre Bewegungen wirkten geschmeidig. Sie schienen vertraut miteinander, und Konetzkes Stock klackerte voran. Die Engelsche hatte eine Sonnenbrille aus dem Haar geschoben, und die große Frau und der große Mann kamen ihnen entgegen und lachten.
    Die Detektive drangen wie Jäger hinter die Flüchtigkeit der Eindrücke, und ihre Fasern waren ausgerichtet auf Plötzlichkeit. Dabei schwatzten sie und wirkten wie zwei Geschäftsmänner.
    Konetzke hielt unbeirrbar seinen Takt, und im Doppelschlag der Stockspitze verringerte sich der Abstand zu der großen Frau und dem großen Mann. Und dann, als die Engelsche auf ein Zeichen hin den gemeinsamen Schritt verlangsamte, blieben auch die anderen stehen. Die große Frau öffnete ihre Handtasche, der Mann trat zur Straße; ein kurzer, heller Doppelton stieg auf, Licht flammte, und zugleich klappte der Kofferraumdeckel einer grauen Limousine auf. Der große Mann tauchte hinter dem Deckel ab, sagte etwas, lachte, und als er wieder an den Gehsteig trat, schlug hinter ihm der Deckel zu, und er hielt zwei Mäntel über dem Arm.
    Konetzke und die Engelsche zogen gegen die Sonne, die große Frau und der große

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