Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
Vom Netzwerk:
Sie sieht gut aus, und er nimmt die frischen Spuren ihrer Morgentoilette wahr. Sie legt einen Stoß Papiere ab, dann geht sie an die Flügeltür und raucht. Boris ist zurück. Er hat in New York viele nette Menschen getroffen. Ry Cooder und Jack DeJohnette. Bill Frisell und McCoy Tyner, und Boris hat so gut gespielt wie nie. Er hat sie mitgerissen, doch es wird ihn nicht erlösen.
    Der Kaktus leuchtet, der Jawlensky, und manchmal ergreift eine Böe ihr Haar. Nur Tatjana könnte das. Und dann: Ich habe Angst, Willem.

16
    Noch als Kunstdruck scheinen die Hiroschiges den Blick einzuziehen in ihre ferne Welt, und Willem kann die Stimmung aus den Holzschnitten spüren. Wie ein Reisender hinter einem Fenster sieht er die Landschaften, Tage und Jahreszeiten, und rings die Bonsais stehen in stiller Harmonie.
    Anfangs scheint es nur Hintergrundrauschen, beiläufig im ständigen Auf und Ab und kaum zu unterscheiden von den Geräuschen, die sich aus der Stille brechen können. Doch dann schwingt das Rauschen tiefer, bündelt sich, und Willem spürt, wie der Augenblick zerreißt. Ein hyänenhaftes Lachen steigt auf, Schritte, Knarzen im Gebälk, und dann kann er ahnen, wie Laschek in serviler Art die Tür zu Kronhardts Büro aufhält.
    Willem klopft und tritt ein, ohne abzuwarten. Er sieht sie um den Bildschirm sitzen, Laschek in der Mitte wie ein Zaubermeister und Kronhardt mit bösem Blick gegen die Tür. Doch bevor er aufbrausen kann, schlägt der dritte Mann einmal mit seinem Gehstock.
    Ich bin sehr erfreut, sagt er, Sie einmal wiederzusehen. Er wirkt kleiner als damals, mit weißem Haar und glatter Haut. Und als er vor Willem steht, erscheinen die Augen hinter der Goldrandbrille groß und leuchtend. Sein Lächeln ist ein Strich.
    Willkommen im Haus. Sie hatten hoffentlich eine gute Reise?
    Eine gute Reise, und Steiner lacht mit einer Stimme, die hoch geworden ist. Dann schlägt er erneut mit dem Stock auf und sagt: In meinem Alter gehe ich mit solchen Worten vorsichtig um. Aber danke der Nachfrage. Und Sie?
    Ich gehe auch vorsichtig um.
    Recht so.
    Sie haben hoffentlich etwas Zeit für unsere schöne Stadt mitgebracht?
    Zeit – das ist schon wieder so ein Wort.
    Ach was. Die Verhältnisse in der Welt können ein Wort heute groß machen, das uns schon morgen nichts mehr sagt. Warum sollten gerade Sie sich scheuen, ein großes Wort zu benutzen – Sie sehen blendend aus, und jeder wird Ihnen auf Anhieb eine Lebenserfahrung unterstellen, die zu noch größeren Wörtern berechtigt.
    Steiners Lächeln verbleibt ein Strich.
    Willem sagt: Wenn Sie gestatten, würde ich mir die Präsentation auch gerne ansehen.
    Präsentation?
    Ich durfte ja unlängst schon einen Blick darauf werfen und bin ehrlich gesagt schwer beeindruckt, wie Laschek mühelos mit Algorithmen jongliert und so aus seinen Raumgittern immer wieder neue Welten erschafft. Kommen Sie.
    Doch als er hinter den Schreibtisch gehen will, hat Steiner den Stock gehoben, und die Spitze zielt gegen Willems Brust.
    Zu Laschek sagt Steiner: Was haben Sie ihm denn gezeigt?
    Lascheks Füße trippeln. Gar nichts.
    Aha. Und zu Willem: Ich komme nicht hierher, um mir etwas präsentieren zu lassen, von dem ich nichts weiß. Solche Planlosigkeit führt zu nichts.
    Willem schiebt den Stock beiseite und lächelt. Was soll ich sagen?
    Nun, es war sehr interessant, Sie getroffen zu haben.
    Sie fahren heute schon?
    Auf Wiedersehen, und sein Stock zeigt auf die Tür.
    Ein großes Wort.
    Barbaras Lächeln ist schief, als Willem ihr gegenübersitzt.
    Mir gehts genauso, sagt er.
    Ob wir befangen sind?
    Er hebt die Schultern.
    Robert ist verändert, seit Steiner im Haus ist.
    Hat Inéz die beiden gesehen?
    Steiner hat das Gefühl in ihr noch verstärkt. Etwas Bedrohliches strömt aus ihm, sagt sie.
    Ob Steiner meinen Vater ermordet hat?
    Ich weiß es nicht.
    Und Kronhardt?
    Robert verhält sich unterwürfig wie seit dem Tod deiner Mutter nicht mehr.
    Macht ihn das verdächtig?
    Ich weiß nicht. Und was meinst du?
    Jetzt lächelt Willem schief. Ich hab immer nein gesagt. Aber seit der Begegnung mit Steiner bin ich mir nicht mehr so sicher.
    Sie nimmt seine Hand. Ich habe die Ramows schon angerufen.
    Danke. Und dann: Meinst du, wir müssen vorsichtig sein?
    Vorsichtiger als sonst? Vielleicht.
    Und die anderen?
    Marcel bestimmt nicht. Und weiter würde ich in der

Weitere Kostenlose Bücher