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Kronhardt

Titel: Kronhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Dohrmann
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dann sind auch die Kleinen in Gefahr.
    Das Licht fiel ein, wurde reflektiert und umgelenkt.
    Er gehört in die Heilanstalt.
    Quasi eine Brille, hatte der Verkäufer gesagt, und je nach Prismatyp konnte man Bilder umlenken, parallel versetzen oder teilen.
    Aber wenn der Alte in die Heilanstalt geht, kommt die Jugendfürsorge und steckt die Kleinen ins Heim.
    Man konnte die Cellistin also nicht nur auf die Beine stellen. Man konnte sie versetzt, geteilt oder um die Ecke betrachten, je nach Prismafunktion.
    Andererseits richtet er sich zugrunde und versäuft das Haus.
    Und im Grunde konnte man davon ausgehen, daß die Wirklichkeit im eigenen Kopf auch umgelenkt wurde oder versetzt.
    Es ist ein Dilemma, Willem.
    Daß es also jenseits der eigenen Wirklichkeit endlos viele andere gab.
    Er ist krank. Und wenn ich die Kleinen vor ihm beschützen muß, sitzt er irgendwann da und heult und verspricht das Blaue vom Himmel.
    Die Jungs sahen sich in die Augen.
    Was soll ich denn tun, Willem?
    Willem wußte es nicht.
    Ich hab mir das nicht ausgesucht. Und zuletzt gehts dabei auch nicht um mich und meinen Alten. Aber ich muß hier einfach klarstellen, wer ich bin. Auch mir und meinem Alten gegenüber, aber vor allem vor den Kleinen.
    Willem drückte den Freund. Klarstellen, wer man ist, sagte er. Und dann: Entweder Ruin oder Heim für die Kleinen. So eine Zwickmühle kanns doch nicht geben. Wir gehn zu einem Anwalt.
    Ich war schon bei zweien.
    Und?
    Schlosser sagte nichts.
    Das ist doch bürokratischer Terror.
    Haben die auch gesagt.
    Wie siehts mit Verwandten aus?
    Nie gehabt.
    Aber irgendwer muß doch einen Ausweg wissen.
    Wenn ich volljährig bin, nehm ich die Zwillinge zu mir. So lange muß es noch gehen.
    Meine Fresse, sagte Willem. Und dann: Wenn du was brauchst, sag Bescheid.
    Du hilfst mir schon.
    Quatsch.
    Nee. Im Ernst.
    Dann tauchten die Zwillinge auf.
    Hannes hatte naßgeschwitztes Haar, unterm Arm hielt er die Lederpille. Er sah Schlosser an und machte ein Gesicht.
    Wenn wir es verheimlichen, wird es auch nicht besser. Und Willem ist in Ordnung.
    Helene lächelte schüchtern. Ich mach jetzt Stullen, sagte sie.
    Jawoll, Mamsell. Schlosser klatschte, ging zu seinem Vater und setzte ihn mit ein paar Griffen zurecht. Hannes schlug die Kissen auf und stopfte sie wieder gegen den Körper.
    Der Vater saß da und stierte.
    Dann ging ein Zucken durch seinen Körper, und aus dem Nichts heraus sprach er: Wir haben alles selber gemacht. Nachdem sie ausgeblutet waren, haben wir sie an den Hinterläufen hochgezogen und aufgeschnitten. Die Gedärme rausgeholt, ausgepreßt und umgestülpt. Später die Darmstücke auf die Tülle gesetzt.
    Er hatte die tiefe Stimme eines Trinkers.
    Alles selber gemacht. Runkelrüben gezogen und Vieh geschlachtet. Alles, das Haus, die Tischlerei. Und um die Weihnachtszeit sind wir in den Stadtwald. War verboten, aber die Kinder sollten einen Baum haben. Und Geschenke drunter. Wir sind immer zusammen los, Geschenke für die Kinder.
    Dann sah der Vater zu Schlosser. Wer ist das?
    Das ist Willem, Vaddern. Ein Freund.
    Wieder ging ein Zucken durch den Körper des Mannes. Dann saß er völlig aufrecht, lachte und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Die Freunde meines Jungen sind auch meine Freunde. Wie heißt du? Lene, Hannes, bringt Schnaps für den jungen Mann und ein großes Stück Sülze.
    Kein Schnaps, Vaddern.
    So?
    Willem stand auf. Ich muß dann mal.
    Komm schon. Kannst mit uns essen.
    Ehrlich.
    Kriegste Ärger, was. Hannes grinste.
    Du ißt jetzt! rief der Vater. Lene, Hannes! Bringt Sülze!
    Willem ging zu dem Mann und reichte ihm die Hand. Sehr freundlich, aber ich muß los.
    Sag ich doch. Kriegter Ärger.
    Der Vater schnappte nach Willems Hand und zog ihn über den Tisch.
    Laß gut sein, Vaddern.
    Schließlich ließ der Vater los. Fiel in rasselndes Lachen und schlug Willem auf die Schulter.
    Helene stand in der Küche und bereitete die Stullen zu. Willem sah, daß sie sich Mühe gab. Als er ihr zuwinkte, schien sie enttäuscht. Ich komm wieder, sagte er.
    Im Garten sagte Schlosser: Danke für das Prisma.
    Nächstes Mal rücken wir der Edeltraud damit auf den Pelz.
    Machen wir.
    Soll ich mal meinen Doktor fragen? Vielleicht weiß der eine Lösung.
    Schlosser überlegte kurz. Erst mal nicht. Aber vielleicht komm ich drauf zurück. Dann sagte er: Laß uns mal aufm

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