Krozair von Kregen
Oberhand behalten – es sei denn, sie müssen gegen die großen, auf Tempo gebauten Galleonen Vallias antreten. Wir ruderten zum Angriff.
Segel flatterten, während der Wind böig immer wieder die Richtung wechselte. Die Argenter kamen nicht richtig in Fahrt. Wir sahen die Besatzungen an Deck herumlaufen, und ein seltsamer Schmerz stach mir durch die Brust, denn ich mußte daran denken, wie Duhrra und ich einst an Bord eines Argenters gestanden und zugesehen hatten, wie Piraten näher ruderten.
»Sie fliehen wie Ponshos vor Leems!« bemerkte Vax mit blutrünstiger Befriedigung.
»Haßt du sie so sehr, Vax?« wandte ich mich an meinen Sohn. »Sie kommen nicht aus Magdag.«
»Ich habe meine Gründe, sie zu hassen. Davon weißt du nichts. Aber du kannst mir glauben, daß diese Gründe eine sehr reale Berechtigung haben.«
Sosehr mich der Blutdurst meines Sohnes störte, freute mich doch seine erkennbare Sorge um die Probleme seiner Heimat.
Um Vax noch ein wenig mehr aus der Reserve zu locken, fragte ich weiter: »Und mit diesen großartigen Gründen hat sicher auch dein Cramph von Vater zu tun – ach, aber er ist ja tot.«
Er warf mir einen aufgebrachten Blick zu. Ich hatte keine Ahnung, ob er noch wußte, wieviel er mir unter dem Einfluß von Alkohol mitgeteilt hatte – vermutlich war seine Erinnerung daran nicht sehr ausgeprägt.
»Mein Vater ...« Stirnrunzelnd umfaßte er seinen Schwertgriff. »Er hat gegen das verfluchte Menaham gekämpft, das muß ich dem Rast lassen.«
Duhrra musterte uns beide, und sein glattes Idiotengesicht zeigte einen Ausdruck, der ausgesprochen komisch wirkte.
»Du hast also doch etwas Gutes über deinen Vater zu sagen.«
»Bei Vox! Nein! Ich glaube, er hat nur durch andere gekämpft, er hat nur seine Freunde kämpfen lassen, während er ...«
»Rukker stößt vor!« meldete der Ausguck.
Ich war froh über die Störung.
Fazhan brüllte unserem Rudermeister Pugnarses Ob-Auge einen Befehl zu – der Mann hatte zwar nur ein Auge, verstand es aber bestens, seine sechs Ruderbänke zu organisieren.
Wir hörten Pugnarses' Pfiff, dann seine grollende Stimme, die den Peitschen-Deldars interessante Einzelheiten über ihre Physiognomie und Vorfahren und ihr mögliches Nachleben offenbarte. Das Rudertempo nahm zu. Niemand auf dem Achterdeck oder auf dem Vorschiff dachte groß an die Qualen der Rudersklaven. Wir wußten sehr genau, was sie durchmachten.
Drei Ruderer näherten sich vier Argentern. Ich stellte fest, daß wir uns das dritte menahamische Schiff aufs Korn nehmen würden – Rukker hielt auf das führende Schiff zu und Pur Naghan auf das zweite.
Aber bis dahin war noch Zeit. »Es überrascht mich, Vax«, sagte ich, »daß ein Mann mit einem Vater wie dem deinen sich überhaupt hat auf die Welt holen lassen. Du willst wohl den Rest deines Lebens damit verbringen, ihn zu hassen?«
»Und wenn das so wäre, wäre die Zeit gut genutzt!«
Die ersten Varterschüsse wurden auf uns abgegeben. Unsere Bug-Varters antworteten. Bald würden auch die Bögen singen. Aber ich konnte nicht von dem Thema lassen.
»Aber wenn dein Vater gestorben ist, ehe du geboren warst, gründen sich deine Ansichten doch nur auf die Äußerungen von anderen. Du weißt nichts aus eigener Anschauung.«
»Ich weiß genug. Ich weiß, was es bedeutet, ein Apushniad zu sein ...« Er fing sich und starrte zornig in die Runde. Er trug Kettenhemd und Helm und sah sehr jung und kühn und kräftig aus – und erschreckend verwundbar mit seinem hektisch geröteten Gesicht und den zornig aufgestülpten Lippen. Er zog sein Langschwert. »Ich kämpfe heute bei den Prijikern und zeige der Welt, daß ich nicht so bin wie mein Vater!«
»Nein!« Das entsetzte Wort entfuhr mir. Ich vermochte es nicht zurückzuhalten.
Halb umgedreht, starrte er mich an: »Nein? Ich bin ein Kämpfer. Ich bin ein – ich wäre es beinahe gewesen ... Was soll das heißen – nein? «
Ich konnte es ihm nicht erklären. Er war mein Sohn. Ich wollte ihn nicht in vorderster Front eines gefährlichen Kampfes sehen. Ein Prijiker, ein Bugkämpfer, war auf Ehre und Ruhm und Gefahr bedacht. Diese Männer waren in meinen Augen noch verrückter als andere Seeleute. Sie trugen die meisten Wunden davon, aus ihren Reihen wurden die meisten dem Meer überantwortet.
»Ich möchte, daß du an meiner Seite kämpfst.«
»Aber warum? Willst du mir den Ruhm streitig machen?«
»Es ist nicht ruhmvoll, wenn man bei einem dummen Piratenstück ums Leben
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