Krozair von Kregen
kommt!« brüllte ich. »Es geht doch bloß um Beute! Bist du so scharf auf Gold, daß du dafür dein Leben wegwerfen willst?«
Er nahm sich zusammen und plusterte sich auf die lächerliche Art auf, mit der ein junger Mann anzeigen will, daß er sich für erwachsen hält.
»Du kannst mich nicht daran hindern, bei den Prijikern zu kämpfen. Wenn ich getötet werde, ist das meine Sache!« Mit heftiger Bewegung ließ er das Schwert zu den Argentern herumschwingen. »Außerdem sind das Feinde meines Landes.«
Die Entfernung verringerte sich, Pfeile schwirrten über die Palisade auf unser Vorschiff. Der Bug stampfte auf und nieder. Männer hockten dort, bereit, wie Leems auf das Deck des anderen zu springen, bereit, sich in rotem Zorn zum Sieg durchzukämpfen.
»Und ist das dein großartiger Grund?«
»Für den Augenblick genügt er mir!«
Und er entfernte sich über den Gang. Ich kannte ihn nicht gut genug, um zu wissen, wie er handeln würde. Er war ein starrsinniger, gewalttätiger Jüngling, der unter Scham und Zorn litt, der eine schwere Last des Hasses mit sich herumtrug, die an seinem Stolz zehrte. Doch als wir dann losstürmten, ging mir auf, daß ich nicht so handeln konnte, wie ich instinktiv wollte. Mir ging auf, daß ich wie ein Vater aufgetreten war – ich wollte nicht, daß mein Sohn in den Kampf zog. Aber ich konnte ihn nicht zurückhalten. Seine Instinkte, sein Stolz, seine jugendliche Torheit – dies alles zwang ihn, sich kopfüber in den dichtesten Kampf zu stürzen.
Kann ein Vater seinen Sohn vor der Wirklichkeit abschirmen und dennoch erwarten, daß er sich zu einem vollwertigen Mann entwickelt?
Manchmal ist die Last des Vaterseins zu schwer für einen einzelnen. Manchmal finde ich, daß die Natur einen leichteren Weg für den Generationenwechsel gefunden haben müßte. An diesem Kampf hatte ich keine Freude. Ich zog mein großes Krozair-Langschwert, folgte Vax und stürzte mich wie ein Wilder in den Kampf. Ich hieb mir einen blutigen Weg durch die Reihen der verwirrten Menahemer. Wir eroberten den Argenter mühelos. Dieses Ergebnis hatte ich vorausgesehen. Es wollte mir idiotisch erscheinen, daß sich mein Sohn wegen eines so klaren Kampfes unnötig in Gefahr begeben wollte.
Aber er tat es. Er war mein Sohn.
Er war eben ein Dummkopf wie ich.
Als alles vorbei war und die Flagge in einem Gewirr von Blau und Grün herunterkam, als die »Hai!«-Rufe ertönten, sah ich Vax unverletzt, wenn auch blutüberströmt vor mir stehen. Er hatte großartig gekämpft.
Ich war in seiner Nähe geblieben, hatte aber nicht eingreifen müssen. Er wußte im Kampf seinen Mann zu stehen, soviel war klar. Ich wußte, daß er bei den Krozairs von Zy ausgebildet worden war. Die großartigen Disziplinen dieses Ordens hatten ihn mitgeformt. Er mußte dicht vor der Aufnahme in den Orden gestanden haben.
Trotzdem war ich ungeheuer erleichtert, als der Kampf vorüber war.
Es war Vax, der die Gefahr ausmachte, in der die Perle vor uns schwebte. Er sprang auf das Vorschiff des Argenters und schwenkte das Schwert.
»Die Perle! Pur Naghan in Nöten!«
Der Ruderer war herumgeschwungen und hatte dabei eine Reihe Steuerbordruder eingebüßt. Das Kampfgeschehen an Deck schien chaotisch zu sein. Männer wurden ins Wasser gedrängt. Es galt keine Zeit zu verlieren.
Wir ruderten weiter und stürzten uns erneut in den Kampf, wir taten uns mit den Männern der Perle zusammen und wälzten den letzten Widerstand der Menahemer nieder.
»Dank Zair für deine Hilfe, Dak!« sagte Pur Naghan schweratmend. Sein Kettenhemd war zerfetzt, seine Schulter blutig. »Sie kämpfen gut, diese menahemischen Seeleute.«
»Das verdammte Menaham!« sagte Vax. »Es steht bei mir in der Schuld!«
»Das scheint auf viele Leute zuzutreffen«, sagte ich.
Er starrte mich mit funkelnden Augen an, sein Gesicht war gerötet.
»Willst du dich über mich lustig machen, Dak?«
»Mich über dich lustig machen? Wie kommst du denn nur darauf?«
»Wenn das so wäre ...«
Duhrra erschien, eine riesige Gestalt mit verwirrtem Gesichtsausdruck.
»Du ... äh ... scheinst wirklich zu sticheln, Herr.«
Ich wußte, daß Duhrra Vax als Ruderkameraden ansah, und das freute mich. Ich war weit genug gegangen.
Ich blickte über das Meer. »Während wir hier reden, hat Rukker den letzten Argenter erobert!«
Der raffinierte Kataki hatte das erste Schiff besiegt und war dann zurückgefallen, um auch dem letzten den Garaus zu machen. Jetzt hatte er zwei
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