Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Tänzerinnen Blumenbuketts zu kaufen pflegt, damit sie sie auf dem Heimweg lachend aus dem Wagenfenster werfen. Vielleicht trug diese Frau mit den grünen Strümpfen Schuld daran, dass Miesmann so gern ein ordentlicher, anständiger Mensch geworden wäre. Die billigen Strümpfe, die kleine Lehrerin, sie haben den alten Betyár oft fast zum Weinen gebracht, besonders wenn er sich wieder einmal etwas hatte zuschulden kommen lassen … Wie schade, dass er nie ein paar Worte mit der Lehrerin gewechselt hatte!
»Also, hier ist die Fotografie des Bräutigams, da sind seine Briefe«, erklärte Diana. »Ich weiß, Józsi-Bácsi würde niemals zustimmen, dass Margareta eine schlechte Partie macht.«
Miesmann schüttelte immer noch stumm den Kopf. Mein Gott, zum allerletzten Mal – vor einem Jahr –, sie war wie eine kleine Schwalbe, als er sie im Omnibus sah. Einen winzigen schwarzen Schleier vor dem Gesicht, die Hände in billigen Handschuhen, ihre Schuhe etwas strapaziert und der schwarze Rock ein wenig glänzend vom vielen Sitzen auf dem Katheder. Ach, wie schön wäre es, Kind zu sein und bei ihr in der Schulbank zu sitzen!
Später ging Miesmann zum Fenster, er litt es nicht, dass Diana ihren Blick so beharrlich auf ihn richtete, holte eine Brille in schwarzer Fassung hervor und las aufmerksam und nachdenklich die Briefe des Postangestellten. Nachdem er auch das letzte Schreiben ins Kuvert zurückgesteckt hatte, nickte er ernst und sagte mit Überzeugung:
»Mir scheint, der Postangestellte ist ein ordentlicher Mensch.«
»Also sollten wir Margareta mit ihm verheiraten?«, fragte Diana immer noch zweifelnd.
»Besser mit dem als mit einem verrückten Komödianten oder Kaffeehaus-Pianisten«, antwortete Miesmann indigniert.
Diana griff mit beiden Händen nach Miesmanns Rechter:
»Danke, Józsi-Bácsi! Wir, unsere Familie, meine Freundinnen und die ernsthafteren Damen der Nacht, wir alle wussten, dass Józsi-Bácsi sich für meine Schwester interessiert.« (Miesmann winkte ab.) »Und wir alle waren der Meinung, wir sollten Sie fragen, Ihr Einverständnis zu dieser Ehe einholen.«
»Ja, natürlich, gebt sie ihm nur, dem Postler. Ich glaube, er ist ein anständiger Kerl«, sagte Miesmann resignierend.
Seit diesem Ereignis hat József Miesmann stark an Ansehen bei den Damen gewonnen, die zwar einem nächtlichen Beruf nachgehen, doch in ihrer Moral alle anständig geblieben sind. Die Blumenverkäuferinnen, die Frauen, bei denen die Tänzerinnen Quartier haben, die Schneiderinnen, die ihnen die Kleider nähen, ja auch die Besitzer der Etablissements begegneten dem selbstlosen Miesmann mit einem gewissen Mitgefühl. Von jetzt an wurde er stets nach seiner Meinung gefragt, wenn es um wichtigere Dinge ging, und man griff seine Empfehlungen mit Freude auf. Es schien, als hätte er mit dieser einzigen Tat, indem er auf die Frau mit den grünen Strümpfen verzichtete, alle Sünden seines Lebens abgebüßt.
(1914)
Pest
In den Reisebüchern steht über Budapest geschrieben, dass die Stadt eine prachtvolle blühende Jungfrau an den Ufern der alten Donau sei. Und im Frühling dufte sie nach Veilchen wie die Damen auf dem Pester Korso. Zur Herbstzeit aber bestimmt Buda die Stimmung der Stadt. Kastanien fallen klatschend auf die Bastei-Promenade, in der fast ländlichen Stille hallen vom Garten des Kiosks Melodiefetzen der Militärkapelle herüber, der Herbst und Buda sind von derselben Mutter geboren.
Ich bin vor fünfzig Jahren in die Stadt gekommen, wie ein Jüngling aus einem Dumas-Roman mit einem Taler in der Tasche und den unbeschreiblichen Ambitionen eines Sechzehnjährigen. Der Zug kam in den frühen Morgenstunden an, und schon in der Vorstadt, in Rákos, spürte man den Geruch von Budapest in der frühherbstlichen Luft. Damals sorgten noch Fabrikschlote und die mit Grünzeug, Obst und Gemüse handelnden Marktweiber für das Odeur der Stadt. Auf der Kerepeser Straße fuhr die Pferdeeisenbahn, und die Gäule wurden von so eisgrauen alten Kutschern gelenkt, dass man den Eindruck haben konnte, hier läge ständig herbstlicher Raureif über allem. Zuweilen ertönte, wie in alten deutschen Städten, auch ein Horn, und in der Váci-Straße sorgte die
Alte Krone
für Bier- und Würsteldunst. In der
Uhr
saßen allabendlich die altmodisch gewandeten Ladeninhaber, und in der Pariser Gasse dekorierten sechzigjährige Putzmacherinnen dieHüte ihrer Kundschaft. Ach, war dieses Budapest damals eine vergreiste Stadt! Und das
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